Seit drei Jahren investieren Sie in KMU, die eine Nachfolgelösung suchen. Das Zwischenfazit?

Sehr erfreulich. Es läuft über alles gesehen gut und erfolgreich. Wir haben sechs Unternehmen übernehmen können und dadurch rund 300 Arbeitsplätze langfristig gesichert. Und gerade haben wir im Kursaal in Bern den Prix Suisse 2022 an Martine Clozel verliehen.

Wo hakt es noch?

Eine natürliche Herausforderung liegt sicher in der Auswahl der passenden Unternehmen. Mit zunehmender Bekanntheit des Modells der F. G. Pfister Stiftung melden sich immer mehr Interessierte. Es sind inzwischen rund hundert Anfragen pro Jahr. Darunter die ein bis zwei KMU-Perlen zu identifizieren, die unseren Kriterien entsprechen, ist die grosse Kunst.

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Dann vergeben Sie sehr viele Körbe.

Ja, das Neinsagen ist sehr schwierig. Häufig hat man ja durch die Prüfung bereits eine emotionale Beziehung zu den Personen aufgebaut und würde sehr gerne helfen. Aber viele Kriterien passen häufig einfach nicht.

Welche entscheiden denn?

Zunächst gibt es die rein betriebswirtschaftlichen Kennzahlen: Das Unternehmen muss profitabel sein, ein nachhaltiges Geschäftsmodell mit Fokus Schweiz besitzen und zwischen 10 und 50 Millionen Franken Umsatz erwirtschaften. Das ist jedoch nur der erste Schritt – die Grundvoraussetzung, um überhaupt vertieft einzusteigen.

«Das entscheidende Kriterium ist der ‹Pfister-Geist›.»

 

Wenn die Zahlen stimmen, was dann?

Das entscheidende Kriterium ist der «Pfister-Geist». Wir prüfen, ob das Unternehmen von der Grundhaltung her zu uns passt und ob dort dieselben Werte gelebt werden. Was für uns stimmen muss, ist die Unternehmensführung. Es braucht eine gewisse soziale Ethik, und die Idee, zum Wohle des Mitarbeitenden zu handeln, muss im Zentrum stehen. Bei diesen Themen müssen wir auf einer Wellenlänge sein. Zudem: Das Unternehmen muss in der Lage sein, selbstständig weiterzufunktionieren. Wir sind kein Konzern, der das Management übernimmt. Es ist so: Die Unternehmerin oder der Unternehmer kommt in unsere Familie und begleitet mit uns idealerweise den Übergang in die Nachfolgeregelung.

Wie läuft diese Prüfung konkret ab?

Am besten funktioniert das nach meiner Erfahrung beim Wandern. Dabei hat man Zeit, um sich intensiv auszutauschen und sich besser kennenzulernen.

Eine Wander-Due-Diligence?

Ja, und das scheint sich herumgesprochen zu haben. Ich bekomme schon Mails von interessierten Unternehmerinnen und Unternehmern, in denen der erste Satz lautet: «Ich möchte mit Ihnen wandern gehen.» Im Ernst: Der ganze Prozess ist wie ein Verlieben. Die Personen, die zu uns kommen, wollen ja auch nicht sofort aufhören zu arbeiten. In diesem Fall wären sie bei uns auch nicht an der richtigen Adresse und müssten besser eine Verkaufsauktion machen. Sie möchten noch eine gewisse Zeit aktiv bleiben – mit der Gewissheit, dass ihr Lebenswerk erhalten bleibt und in guten Händen ist.

Was heisst «aktiv bleiben»?

Wir wollen jene Unternehmerinnen und Unternehmer ansprechen, die für ihr Lebenswerk eine Lösung über Generationen suchen, und wünschen uns, dass die Unternehmerinnen und Unternehmer, die an uns verkaufen, dabeibleiben und ihre Persönlichkeit und ihr Wissen in das Pfister-Universum einbringen. Für eine gewisse Zeit natürlich. In der Regel bleiben sie dann auch noch Verwaltungsratspräsident ihres ehemaligen Unternehmens und übernehmen Sitze in anderen Verwaltungsräten. Und sie arbeiten mit bei der Bewertung von neuen Unternehmen oder in Projekten.

Der KMU-Investor

Name: Rudolf Obrecht

Funktion: Verwaltungsratspräsident F. G. Pfister Holding AG

Alter: 61

Familie: verheiratet, drei Kinder

Ausbildung: Textilfachmann, Marketing und Management

Die Stiftung Der Verkauf von Möbel Pfister im Jahr 2019 hat die Kassen gefüllt. Dieses Geld wird jetzt in Schweizer KMU investiert, die eine Nachfolge suchen. Die Dividenden dieser Firmen wiederum fliessen in Projekte der Initiative Schweiz sowie in den Prix Suisse.

Vier der sechs übernommenen Firmen produzieren Möbel oder haben mit Ergonomie zu tun. Schlägt da die Möbel-DNA von Pfister durch?

Das mag auf den ersten Blick so wirken. Zesar und ihre Schwesterunternehmen sind keine Möbel-, sondern Engineering-Unternehmen, die hochkomplexe, intelligente Arbeitsplätze herstellen.

Goba mit der bekannten Getränkemarke Flauder war die letzte Akquisition im Frühjahr. Wann kommt die nächste Übernahme?

Wir prüfen aktuell einige sehr interessante Unternehmen. Mehr kann ich aus verständlichen Gründen zu diesem Zeitpunkt nicht sagen.

Gibt es Branchenpräferenzen?

Nein, wir sind in diesem Bereich völlig offen, solange die Unternehmen unseren Kriterien entsprechen und die Werte der F. G. Pfister Stiftung teilen. Was allerdings wichtig ist: dass sie ein verständliches, nachvollziehbares Businessmodell haben. Wir übernehmen keine Unternehmen, bei denen wir das Geschäft nicht wirklich verstehen. Wir haben spannende Unternehmen gesehen, finanzielle Perlen. Wenn wir jedoch nach zwei bis drei Treffen immer noch das Gefühl haben, dass wir das Geschäft nicht wirklich verstehen, dann passen diese Unternehmen nicht zu uns.

Synergien?

Das steht bei uns nicht im Fokus. Beim Kauf von Unternehmen spielen mögliche Synergieeffekte überhaupt keine Rolle. Wir sind kein Konzern.

Wie stemmen Sie eigentlich mit ihrer Organisation das Wachstum, wenn jetzt immer mehr Firmen dazu kommen?

Mit sechs Firmen ist das noch kein Problem, wir sind lediglich fünf Mitarbeitende in der Holding und einer von uns sitzt immer im Verwaltungsrat einer Firma. Aber zukünftig wird das sicherlich so funktionieren, dass wir bezahlte Verwaltungsräte mit passender Expertise dazu nehmen.

Sie halten auch ein Immobilienportfolio in der Pfister Holding – spielt das Thema Immobilien eine Rolle bei den Übernahmen von Unternehmen?

Nein, überhaupt nicht. Das Immobilienportfolio ist eine reine Assetdiversifizierung, die ja schon lange besteht. Der Hauptzweck der Stiftung ist die Beteiligung oder Übernahme von Schweizer KMU und die Verwendung der Dividenden dieser Unternehmen für die Projekte der Initiative Schweiz.

Was für Projekte unterstützen Sie?

Grundsätzlich unterstützen wir pro Jahr zwei bis drei innovative Projekte. Bei der Auswahl der Projekte liegt der Fokus auf zukunftsweisenden Ideen, innovativen, neuen Technologien und einer konsistenten, guten Umsetzung in der Realität. Wir machen das nicht alleine, sondern suchen uns für jedes Projekt die richtigen Partner und Institutionen.

Beispiele?

Seit letztem Jahr engagieren wir uns für Arboloom. Das sind nachhaltige, kompostierbare Trinkbecher aus Holzfurnier. Ein anderes Projekt ist «Entrepreneur Skills». Ziel ist es, «Entrepreneurship» als Wettkampf an den Swiss Skills zu etablieren und das Thema «Unternehmerisches Denken und Handeln» an Berufsschulen zu stärken. Neu sind wir eine Partnerschaft mit Switzerland Innovation eingegangen. In diesem Fall nutzen wir Synergien zur Förderung der Innovation in der Schweiz.

Über welche Ausstattung verfügt die Initiative Schweiz aktuell jedes Jahr. Wieviel kommt aus Dividenden der Beteiligungen für diese Initiativen zusammen?

Wir nennen diese Zahlen nicht öffentlich. Aber ich kann Ihnen sagen, dass wir für die Initiative Schweiz und den Prix Suisse auf Generationen ausgelegt sind.

Sie haben in den letzten Jahren sehr viele Unternehmen kennengelernt. Ist Ihnen etwas besonders aufgefallen?

Ich habe gelernt, wie schwierig die Situation für viele Unternehmerinnen und Unternehmer ist, die ein gewisses Alter erreicht haben und keine Nachfolgelösung für ihr Lebenswerk haben. Welche grosse psychische Belastung das ist. Sehr viele leiden unter dieser Situation; gleichermassen wegen des Loslassens und wegen des Fehlens einer Nachfolgeperson.

Und die Gemeinsamkeiten bei den Herausforderungen der Firmen?

Das ganz grosse Thema ist der Kampf um Talente und Arbeitskräfte. Diese Situation wird sich in den nächsten Jahren vermutlich weiter zuspitzen. 

Das Thema ist nicht neu. Doch die Politik scheint das nicht ernst zu nehmen.

Ich wehre mich dagegen, immer zu sagen, die Politik muss mehr machen. Der Erfolg der Schweiz und des föderalen Systems beruht nicht darauf, dass die Politik mehr macht, sondern dass die Bürgerinnen und Bürger etwas machen. Wir alle müssen daran arbeiten und Lösungen finden. Der Staat sind wir alle.

Was machen Sie konkret dagegen?

Als F. G. Pfister Holding können wir diesen Talenten sicher einen Mehrwert bieten. Wir sind eine nachhaltige Firmengruppe, die in Generationen denkt und Mitarbeitenden vielfältige Möglichkeiten bietet.

«Wir beteiligen auch Mitarbeitende, die kein Geld besitzen.»

 

Beispiele?

Wir geben ihnen etwa die Chance, in andere Unternehmen der Gruppe zu wechseln oder dort eine Zeit lang eine Aufgabe zu übernehmen. Zukünftig wird es auch möglich sein, dass sich Mitarbeitende am Unternehmen beteiligen.

Für die Kader?

Die Beteiligung wird allen Mitarbeitenden offenstehen, die daran interessiert sind. Wir fangen nächstes Jahr mit der ersten Firma an und werden das System dann auf alle Unternehmen ausweiten. Wir werden die Mehrheit behalten, aber wir sind von der positiven, gemeinschaftsfördernden Wirkung eines solchen Systems überzeugt.

Wie sieht das Modell konkret aus?

Wir werden das Modell zum gegebenen Zeitpunkt vorstellen. Ich kann aber schon sagen: Bei uns können sich auch Mitarbeitende beteiligen, die kein Geld besitzen. Allen Mitarbeitenden, die Leistung erbringen und am Modell interessiert sind, werden wir ermöglichen, einen Anteil am Unternehmen zu erhalten. Dieser Verteilungsgedanke auf der Basis der erbrachten Leistungen ist auch ganz in der Tradition von Fritz Gottlieb Pfister.

Gibt es vergleichbare Modelle?

Mir sind keine bekannt. Zudem: Erfolg kommt nicht von folgen, sondern davon, dass man seinen eigenen Weg geht. Diese Beteiligung der Mitarbeitenden war von Beginn weg angedacht und ist Bestandteil unseres Nachfolgemodells. Daher ist es auch in allen Übernahmen ein Vertragsbestandteil.

Den jungen Generationen haben teilweise den Ruf, nicht mehr sehr leistungsorientiert zu sein.

Ich wehre mich gegen diese Verallgemeinerungen. Man sollte die verschiedenen Generationen nicht gegeneinander ausspielen oder vergleichen. Es sind andere Zeiten und jede Generation hat ihre Stärken.

Zum Prix Suisse. Dieses Jahr hat mit Martine Clozel eine Forscherin gewonnen. Warum eine Person aus der Forschung?

Ja, dieses Jahr stand die Forschung im Mittelpunkt. Letztes Jahr mit Peter Spuhler jemand aus der Wirtschaft. Nächstes Jahr wird die Person aus dem Sport kommen und 2024 aus dem Kulturbereich. So wechseln sich die vier Bereiche jedes Jahr ab. Das ist das Konzept.

Wie geht es mit der Holding in den nächsten Jahren weiter?

Den erfolgreich eingeschlagenen Weg weitergehen. Wir suchen, prüfen und kaufen Unternehmen, die eine Nachfolgelösung benötigen und die zu uns passen. Für diese Aufgabe ist keine Zeitspanne definiert. Unsere Stiftung ist ein Generationenwerk.