Die Geschichte der Gesprächsroboter ist älter als der Hype um KI-Modelle wie Chat GPT. Schon in den 1960er-Jahren legte Joseph Weizenbaum den Grundstein mit E.L.I.Z.A. Dieses Programm, das einen Psychotherapeuten imitierte, zeigte, dass die Illusion von Kommunikation Vertrauen schafft. Nur sechs Jahre später bestand der Chatbot Parry den Turing-Test, indem er einen paranoiden Menschen täuschend echt simulierte. Die psychologische Wirkung von Bots ist also seit langem bekannt. Heutige KI-Chatbots agieren jedoch auf einem neuen Level: Studien wie die der ETH Lausanne zeigen, dass sie in Debatten überzeugender sein können als Menschen.
Chatbot ist nicht Chatbot
Der Wechsel von einfachen digitalen Skripten zu komplexen, lernfähigen Dialogsystemen ist ein zentraler technologischer Durchbruch. Moderne Chatbots, die auf NLP und KI basieren, sind heute ein unverzichtbarer Teil der digitalen Infrastruktur. Sie verarbeiten textbasierte Anfragen in Echtzeit und generieren kohärente, kontextbezogene Antworten. Dies eröffnet Unternehmen neue Möglichkeiten in Kundenservice, Datenmanagement und Prozessautomatisierung, indem die Bots als leistungsstarke Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine eine effizientere Ressourcennutzung und eine maximale Skalierbarkeit ermöglichen.
Der entscheidende Unterschied zwischen den Dialogsystemen liegt in der Verarbeitungsfähigkeit der Sprache. Sue Ajdini, Head of Excellence und Teil der Geschäftsleitung bei Enersuisse AG, erklärt: «Regelbasierte Chatbots funktionieren wie ein Telefonmenü: Wenn A, dann B.» Sie folgen vordefinierten Entscheidungsbäumen und stossen schnell an ihre Grenzen. NLP-Chatbots dagegen verstehen natürliche Sprache und können semantisch ähnliche Fragen erkennen, selbst wenn die Formulierung variiert. «Sie arbeiten mit KI-Modellen, die Kontext und Bedeutung analysieren, wodurch sie flexibler, persönlicher und robuster im Alltag eingesetzt werden können», ergänzt Sue Ajdini. Diese Bots können basierend auf KI Sprache in eine strukturierte Form übersetzen. Was bedeutet: Der Bot zerlegt den Satz, erkennt die Absicht (Intent) und relevante Informationen (zum Beispiel eine Vertragsnummer) und löst danach passende Aktionen in den angebundenen Systemen aus. Die KI ist dabei das «Gehirn» für das Verstehen und Formulieren: Sie lernt aus Daten und kann Antworten kontextbezogen generieren. Clever und menschlich aber ist sie nicht.
Chatbots sind nicht empathisch
Besonders erfolgreich sind Chatbots immer dort, wo grosse Kontaktvolumen mit klar strukturierbaren Anliegen zusammentreffen. Eine Comparis-Umfrage im Jahr 2024 ergab, dass 72 Prozent der Befragten lieber mit einem Chatbot als mit einem Menschen kommunizieren, um auf einer Webseite schneller zum gesuchten Inhalt zu gelangen. Die Ursache liegt jedoch – auch das muss gesagt sein – oft in der menschlichen Ungeduld. Warteschleifen in Kunden- oder HR-Services sind frustrierender Alltag.
Doch trotz aller Intelligenz fehlt Chatbots jeder Ansatz von Empathie und Verantwortung. Das zeigt bereits ein einfacher Test. Ein Mitarbeiter bittet zum Beispiel den KI-HR-Assistenten um eine formelle Abmahnung eines Kollegen, der ständig zu spät kommt. Die KI, ohne menschliche Verantwortung, liefert einen Text, der die Verspätung als Verletzung des Kausalitätsprinzips und Nichteinhaltung der Gravitationsgesetze im Büro bezeichnet. Als disziplinarische Massnahme droht die KI mit der Einschränkung der Zugriffsberechtigungen. «Man sollte sich nicht auf die KI verlassen, wenn es um heikle, existenzielle oder rechtlich stark relevante Entscheide geht», sagt Sue Ajdini. Obwohl Chatbots immer überzeugender klingen, bleiben sie am Ende des Tages komplexe Algorithmen, die Kommunikation simulieren. «Voicebots werden nie echte Empathie fühlen, aber sie können so gestaltet werden, dass sie im Verhalten empathisch wirken. Ihre Stärke liegt darin, Frust oder Unsicherheit zu erkennen, ruhig und verständlich zu reagieren und heikle Fälle gezielt an Menschen zu übergeben. Entscheidend ist: Wir nutzen KI, um menschliche Empathie zu ergänzen – nicht, um sie zu ersetzen», sagt Sue Ajdini.
Eine neue Ära beginnt
Doch die neueste Entwicklung, die KI-Agenten, ist klar mehr als «nur bessere Chatbots». Die Expertin betont: «Sie stellen einen Quantensprung in der Automatisierung dar.» Während ein klassischer Chatbot vor allem Fragen beantwortet oder vordefinierte Dialoge führt, versteht ein KI-Agent ein Ziel, plant die dafür nötigen Schritte und führt diese weitgehend selbstständig aus. Der eigentliche Sprung liegt dabei in der Autonomie: Der Agent ist nicht mehr nur Dialogoberfläche, sondern handelt im Hintergrund, was den Fokus hin zu echten, automatisierten Ende-zu-Ende-Services verschiebt. KI-Agenten zeichnen sich dadurch aus, dass sie drei Fähigkeiten kombinieren: Sie verstehen Sprache, sie kennen Prozesse und Systeme, und sie können eigenständig Aktionen auslösen. Diese Autonomie bedeutet, dass der Agent eine Vielzahl von Umsystemen integriert und orchestriert.
Die Verlagerung der Verantwortung für die Ausführung ganzer Prozesse macht KI-Agenten zur Schlüsseltechnologie für das Hyperautomationszeitalter. Ihr Einsatz wird die Skalierbarkeit von Routineprozessen weiter maximieren und eine neue Ära der Effizienz in Unternehmen einläuten.

