Das Alter lässt sich natürlich nicht aufhalten, und wenn man wie ich auf die sechzig zugeht, taucht irgendwann diese diffuse Sorge auf: Ist eigentlich noch alles in Ordnung in meinem Körper? Ich gehe regelmässig zum Hausarzt, aber was ist, wenn da doch etwas im Verborgenen heranwächst? Eine Freundin, jünger als ich, starb kürzlich völlig unerwartet an einem nicht entdeckten Hirntumor. Ein Schock, der mich tief getroffen hat.
Durch Zufall las ich über das Start-up Aeon, das mit einem modernen MRT-Verfahren einen Ganzkörper-Scan erstellt und in Kombination mit Blutanalysen frühzeitig Krebs und über 500 weitere Auffälligkeiten erkennen kann. In den USA wurde diese Art der Vorsorge-Untersuchung von zahlreichen Stars wie Kim Kardashian und anderen Prominenten ins Gespräch gebracht, lernte ich. Schnell stand für mich fest: Das wollte ich auch ausprobieren.
Gemischte Gefühle
Nachdem ich die App von Aeon heruntergeladen und dort einen Termin vereinbart hatte, stieg die Anspannung in den Tagen vor dem Test. Was, wenn sie etwas finden? Wie wird sich dein Leben mit einer Krebsdiagnose verändern? Auch wenn die meisten Krebsdiagnosen kein Todesurteil sind, würde ich gerne auf solch eine Diagnose verzichten.
Aeon führt die Untersuchung in Kooperation mit einem MRT-Zentrum durch, das auch von anderen Dienstleistern genutzt wird. Der Standort in Zürich in der Nähe des Bahnhofs Stadelhofen wirkt auf den ersten Blick gar nicht wie eine Klinik. Es ist eher wie ein modernes Health-Lab. Empfang, Einverständniserklärungen, Vorgespräch. Dann geht es los: eine Blutentnahme und schliesslich ab in die Röhre. Der eigentliche Scan ist erstaunlich unspektakulär – abgesehen vom akustischen Gesumme und Gedröhne, das je nach Sequenz rhythmisch aus dem Tunnel hämmert. Ich versuche, nicht einzuschlafen, schliesslich darf ich mich nicht bewegen. So liege ich regungslos, 45 Minuten lang und starre auf die verschiedenen Bilder, die eingespielt werden, um einem die Zeit zu vertreiben. Erst sind die Bilder schwarz-weiss, dann läuft langsam an verschiedenen Stellen des Bilds Farbe hinein, bis das Bild komplett farbig ist. Dabei bleibt viel Zeit, um nachzudenken. Über den Körper, das Älterwerden, über mögliche Diagnosen.
Die Auswertung
Drei Tage später erhalte ich in der App meine Ergebnisse. Ich schaue mir die Bilder an, die mein Inneres zeigen: Wirbelsäule, Organe, Blutwerte. Gott sei Dank: Krebs wurde nicht gefunden und auch keine anderen schwerwiegende Krankheiten. Es zeigt sich eine moderate Erhöhung der Blutfette – nichts Dramatisches, aber in Kombination mit einem genetisch leicht erhöhten Lipoprotein-a-Wert ist das ein Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Hinzu kommt der mir schon bekannte Bluthochdruck, der bisher mit Medikamenten gut eingestellt ist. Der Langzeitblutzucker (HbA1c) ist erfreulicherweise im Normalbereich, ebenso die Leber- und Nierenwerte. Was mir besonders in Erinnerung bleibt, ist der Blick auf die Wirbelsäule. Zwar gibt es keine akuten Befunde, aber klassische altersbedingte Abnutzungen: kleine Bandscheibenvorwölbungen, leichte Dehydration der Bandscheiben. Die Empfehlung: gezielte Rumpfstärkung, Haltung, Ausgleich. Operation? Völlig unnötig. «Für Ihr Alter sieht die Wirbelsäule sehr gut aus», sagt der Arzt in der Nachbesprechung. Das will ich glauben.
Im Gehirn zeigen sich winzige helle Punkte, sogenannte «White Matter Lesions», die häufig altersbedingt sind. Sie können auf kleine Gefässveränderungen hindeuten, sind in meinem Fall aber unbedenklich – ein klassischer Nebenbefund, den man im Auge behalten, aber nicht dramatisieren sollte.
Leben retten, nicht optimieren
Aeon wurde im Oktober 2023 von dem ausgebildeten Mediziner Tim Seithe gegründet. Sein Ziel: Früherkennung auf wissenschaftlicher Basis. Statt auf Wellness oder Lifestyle, wie manche Longevity-Kliniken, setzt Aeon auf harte Diagnostik: hochauflösendes MRT und Blutbilder, alles in Kombination mit KI-basierter Auswertung. Ein Arztgespräch ist obligatorisch, besonders, wenn Befunde gravierend sein könnten. Man will Leben retten, nicht optimieren, wie es Seithe im Gespräch ausdrückt. Erst kürzlich entdeckte Aeon bei einem Kunden ein Aneurysma, bei einem anderen frühzeitig Prostatakrebs – Fälle, die nun erfolgreich behandelt wurden. Aktuell expandiert das Unternehmen in der Schweiz, mit neuen Standorten in Basel und Bern. Die Kosten für einen Komplett-Scan liegen bei 2500 bis 3500 Franken – manche Zusatzversicherungen zahlen bereits anteilig. Die Kosten scheinen viele Kundinnen und Kunden nicht zu scheuen; die Warteliste für einen Termin ist lang.
Ich gehe nach dem Arztgespräch mit einem Katalog an Empfehlungen nach Hause: Ernährung anpassen, Bewegung ausbauen, regelmässig Blutwerte kontrollieren, Rumpf trainieren und auch die klassischen Vorsorgeuntersuchungen nicht vernachlässigen. Nichts, was nicht machbar wäre. Aber alles mit neuem Ernst. Denn das Bild meines Inneren hat mir gezeigt: Die Zeit ist reif, mehr Verantwortung zu übernehmen. Besser früher als später.
In der App von Aeon werden drei bis vier Tage nach der Untersuchung die Ergebnisse angezeigt. Anschliessend erfolgt das Arztgespräch. Bei kritischen Befunden ruft der Arzt vor Versand der Ergebnisse an.
Tim Seithe ist Unternehmer und Arzt und gründete Aeon 2023.
Kim Kardashian teilte auf Instagram dieses Bild nach ihrem Ganzkörper-Scan. Vielen Freunden sei dadurch das Leben gerettet worden, schrieb sie in ihrem Post.