Durften Sie in Ihrer Kindheit eigentlich auch mal einen Pom-Bären essen?
Mein Vater war anderen Marken gegenüber immer sehr offen. Damals waren wir noch Pioniere auf dem Markt, und so gab es eigentlich als Alternative nur die Migros-Chips. Doch je mehr Marken sich etablierten, desto öfter brachte er auch Produkte zum Testen mit nach Hause. Besonders wenn er von Reisen aus dem Ausland heimkam. Benchmarking war für ihn sehr wichtig. Auch heute sage ich jeweils: Mitbewerber beleben den Markt.
Christoph Zweifel ist seit 2015 in der Geschäftsleitung und seit 2020 CEO der Zweifel Chips & Snacks AG. Er ist der Sohn von Hansheinrich Zweifel, dem Mitgründer und ersten Geschäftsführer des Familienunternehmens.
Aber bei der Migros durften Sie trotzdem nicht einkaufen?
Das stimmt, auch wenn sie fünfzig Meter um die Ecke meines Elternhauses war. In geheimer Mission, wenn ich mal schnell einen Liter Milch kaufen sollte, bin ich dennoch dort gewesen. Gesehen hat mein Vater das aber nicht gerne. Markenprodukte waren zu der Zeit bei der Migros kein Thema, daher fand Zweifel in den Regalen keinen Platz.
Zweifel ist Teil Ihres Lebens seit Tag eins. Ins Familienunternehmen wollten Sie dennoch nicht einsteigen. Warum?
Ich wollte unbedingt etwas mitbringen, sollte ich doch einmal Teil des familiären Unternehmens werden. Den berühmten Rucksack voller Erfahrung. Auf der anderen Seite war es immer mein Ziel, in einem internationalen Konzern zu arbeiten. Nach meinem Studium und meiner Promovierung an der ETH bewarb ich mich daher bei Unilever Schweiz, wo ich neun Jahre lang blieb. Danach war ich fünf Jahre bei der Aryzta AG in der Geschäftsleitung.
Schlussendlich aber doch Zweifel …
Manchmal passt das Timing, auch wenn es nicht geplant war. Damals war ich im Gespräch für einen Job als Country Manager in Australien, doch ich wurde leider nur Zweiter. Gleichzeitig stand gerade ein Wechsel in der Geschäftsleitung von Zweifel an: Der damalige CEO verliess Zweifel, und der bestehende Marketingchef sollte den Posten übernehmen. So habe ich 2015 die Rolle des Leiters Marketing und Verkauf als Mitglied der Geschäftsleitung angetreten und durfte 2020 die Geschäftsführung übernehmen.
Und Sie reden immer noch mit, wenn es um das Marketing geht – oder eher nicht?
Ich finde bis heute, dass Marketing und Vertrieb das Coolste ist, was du bei einer Marke wie Zweifel machen kannst. Daher habe ich lange überlegt, ob ich den Move zum CEO machen möchte. Doch rückblickend war es der richtige Schritt. Und sicher trage ich als CEO Mitverantwortung fürs Marketing. Geht es aber um die Umsetzung, halte ich es wie mein Vater: Er hat mir immer vorgelebt, dass du den Mitarbeitenden vertrauen und ihnen in ihren Kompetenzbereichen Freiheiten lassen musst. Dabei nehme ich sie aber auch in die Verantwortung, und sie müssen für ihre Entscheidungen einstehen. Die Grundlage dafür, dass das funktioniert, ist, dass jeder die Strategie, die Vision, die Marke verstanden hat.
Für welche Werte steht die Marke Zweifel?
Ich nenne es gerne einen Love-Brand. Wir sind eine sehr vertrauenswürdige Marke, die einen hohen emotionalen Wert hat. Dazu waren wir Pionier auf dem Schweizer Markt. Tradition spielt sicher auch eine wichtige Rolle. Auf der anderen Seite waren wir schon immer dynamisch unterwegs. Gerade im Bereich von Innovationen sind wir sehr aktiv.
Welche Innovation hat Sie besonders positiv überrascht?
Zur Europameisterschaft haben wir «Poulet im Chörbli» als limitierte Edition lanciert. Heute gehört das Produkt zu unseren Top vier. Aber man muss klar sagen: Innovationen machen rund 15 Prozent des Wachstums aus. Der Rest lässt sich zu einem grossen Teil bestehenden Artikeln zuordnen.
Stichwort limitierte Versionen: Sie sind nicht gerade das, was Retailer schätzen …
Das ist so. Wenn Sie einem Retailer sagen, dass da etwas für vier Wochen kommt, ist er nicht begeistert. Deshalb testen wir neue Produkte im Vorfeld über unsere Community. Diese bringen ebenfalls Ideen ein, oft dann, wenn sie auf Reisen gute Produkte entdeckt haben. Aber ja, der Vertrieb von limitierten Editionen ist und bleibt schwierig in der Schweiz.
Aber ist die Schweiz in Sachen Vertrieb grundsätzlich schwierig?
Die Schweiz ist Europameister in Sachen Eigenmarken – oder, wie wir gerne sagen, das «Super Challenge Country». Die Preisschiene reicht vom Einstiegspreis bis zum Premiumprodukt. Migros und Coop sind hier besonders stark. Für eine Marke ist die Einstiegshürde daher hoch, wenn Sie einen Retailer als Partner gewinnen wollen.
Was sind aktuell die Trends in Bezug auf Snacks? Wie sehr spielen Themen wie Vegan oder Low Carb mit hinein?
Der Trend geht zu süssem und salzigem Snacken rund um die Uhr und zu allen Gelegenheiten. Und die Menschen ernähren sich immer bewusster. Bewusst heisst dabei aber nicht, aufs Snacken zu verzichten. Wir setzen von jeher auf qualitativ hoch stehende Rohstoffe und Nachhaltigkeit. Mit neuen Produkten wie Mehrkornsnacks bestätigen wir unser Versprechen: «Better for You». Da gibt es die Vaya, die nicht frittiert sind, und den Subbrand Joy, der 30 Prozent weniger Fett als herkömmliche Chips hat – beide Produkte auf Basis von ballaststoffhaltigen Rohstoffen wie Bohnen und Linsen. Grundsätzlich sind alle unsere Produkte vegetarisch, zahlreiche sind auch vegan. Unser Anspruch ist, dass jede Zielgruppe bei uns einen passenden Snack findet.
Wenn Sie einen Subbrand ansprechen: Wie wird die Markenführung intern gehandelt, insbesondere die Subbrands?
Wir haben Teams für Produktmanagement und Marketing, die verschiedene Bereiche bespielen. Grosse strategische Veränderungen, also Veränderungen der Markenarchitektur, besprechen wir in der Geschäftsleitung, ansonsten haben wir klare Aufgabenbereiche und Verantwortlichkeiten.
Hat es schon einmal eine Veränderung in der Markenarchitektur gegeben?
Ja, als wir Berger übernommen hatten, mussten wir entscheiden, ob wir das Unternehmen als eigenständige Marke behalten oder integrieren. Wir entschieden uns, Berger als neue Dachmarke für süsse Snacks in der Markenarchitektur zu etablieren, während Zweifel für salzige Snacks steht.
Wie viel Einfluss hat die Digitalisierung auf Ihr Unternehmen, Ihren Brand?
Aktuell beschäftigen wir uns intensiv mit den Veränderungen durch Technologie und überlegen, wie die Markenführung im Jahr 2030 aussehen wird. Es geht darum, sich nicht nur für das Hier und Jetzt richtig aufzustellen, sondern für die Zukunft eine Vision zu haben. Oft gibt es Horrorszenarien über die Zukunft der Markenführung, aber wir arbeiten daran, unsere Abteilungen entsprechend aufzustellen und neue Kompetenzen zu schaffen. Unternehmen mit starken Marken müssen sich Gedanken darüber machen, wie sie ihre Markenhoheit bewahren, Beziehungen mit Konsumenten gestalten und mit ihnen interagieren.
Zweifel steht für Eventmarketing. Wird das auch in Zukunft so bleiben?
Absolut. Es ist wichtig, einen Love-Brand wie Zweifel spürbar und erlebbar zu machen. Unsere Aktivitäten, wie beispielsweise die Snack Attack, machen die Marke erlebbar. Eventmarketing wird immer mehr Gewicht bekommen, weil der direkte, reale Kontakt zwischen Experten und Konsumenten von grosser Bedeutung ist. Technologie und Digitalisierung können diesen persönlichen Kontakt nicht ersetzen.