Kundenzentrierung ist kein Projekt. Sie ist eine Haltung. Und sie ist heute mehr denn je ein strategischer Imperativ. Wer als CEO oder CMO glaubt, Kundenzentrierung sei primär Aufgabe von Marketing und Vertrieb, verkennt die Realität. In einer Welt, in der Konsumenten immer informierter, vernetzter und anspruchsvoller sind, muss Kundenzentrierung zur DNA des gesamten Unternehmens werden. Kundenzentrierung beginnt mit der Frage nach dem Mindset. Es geht darum, bei jeder Entscheidung – strategisch wie operativ – die Perspektive der Kunden mitzudenken. Das klingt einfach, ist aber anspruchsvoll. Es bedeutet, gewohnte Denkmuster zu hinterfragen, Silos aufzubrechen und Verantwortung neu zu verteilen. Ein zentrales Prinzip: «Wie dient diese Entscheidung unseren Kunden?» Diese Frage muss zur Selbstverständlichkeit werden – vom Produktdesign über die Preisgestaltung bis zur internen Prozessoptimierung. Und sie braucht Verantwortliche.

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Die Autoren

Roland Bernhard und Patrick Witschi, Partner bei Implement Consulting Group, Zürich

Der CMO als Speerspitze des Kulturwandels

In diesem Wandel spielt der CMO eine Schlüsselrolle. Nicht als alleiniger Treiber, sondern als Botschafter der Kundenperspektive. Der moderne CMO ist nicht nur Markenverantwortlicher, sondern Architekt der Kundenerfahrung. Er oder sie bringt die Stimme der Kunden in alle Bereiche – vom HR über Innovation bis zur Produktion. Dabei geht es nicht um mehr Meetings, sondern um mehr Wirkung. Der CMO muss inspirieren, vernetzen und befähigen. Er oder sie muss zeigen, wie Kundenzentrierung konkret aussieht – und wie sie sich anfühlt.

Kundenzentrierung lässt sich nicht verordnen. Sie muss erlebt werden. Deshalb braucht es eine Kombination aus Top-down-Commitment und Bottom-up-Aktivierung. Top down bedeutet: Das Management lebt Kundenzentrierung vor, im täglichen Handeln. In Townhalls, Managementmeetings und internen Updates wird konsequent die Kundenperspektive eingebracht: Statt nur über Kosten oder Produkte zu sprechen, muss die Frage lauten: «Welches Kundenproblem lösen wir hier?» Führungskräfte zeigen Präsenz bei Kundenfeedback-Sessions oder greifen in Strategiemeetings bewusst Kundenstimmen auf. Sie schaffen zudem Raum für Experimente, indem sie kleine Budgets für Pilotprojekte bereitstellen, bei denen nicht der ROI im Vordergrund steht, sondern das Erlernen neuer Einsichten über Kunden. Und sie machen Fortschritte sichtbar: Verbesserte NPS-Werte oder neue Feedbackprozesse werden genauso gefeiert wie Umsatzsteigerungen. Auf diese Weise wird Kundenzentrierung vom Management nicht nur gefordert, sondern vorgelebt.

In Hackathons, kleinen Pilotprojekten und Peer-Gruppen entwickeln sie neue Ideen, testen neue Verhaltensweisen und teilen ihre Erfahrungen. Dabei spielen Daten eine immer grössere Rolle: Die Teams nutzen Kundenfeedback, Nutzungsdaten oder auch AI-gestützte Analysen, um Hypothesen zu formulieren und bessere Entscheidungen zu treffen. Denn Kundenverhalten und Bedürfnisse verändern sich heute schneller denn je – unterschiedlich nach Segment, Region und oft auch nach Situation. Eine granulare, dateninformierte Sicht hilft, diese Dynamik früh zu erkennen und gezielt darauf zu reagieren. Wenn Mitarbeitende erleben, dass ihre Ideen und Experimente – unterstützt durch die neuen Möglichkeiten von Daten und AI – Wirkung entfalten, entsteht eine Bewegung, die weit über einzelne Programme hinausgeht.

Und Kundenzentrierung gelingt, wenn vier Elemente zusammenspielen. Erstens, Mindset und Verhalten: Der Wandel beginnt mit kleinen, konkreten Schritten. Die Teams probieren neue Verhaltensweisen aus, reflektieren und lernen. Zweitens, Strukturen und Systeme: Erst wenn das neue Denken etabliert ist, folgen Anpassungen in Organisation, Governance und KPIs. Drittens, Ambassador und Communitys: Engagierte Mitarbeitende werden vermehrt zu Multiplikatoren. Sie inspirieren andere und halten die Energie hoch. Und viertens, Messbarkeit und Kommunikation: Fortschritte werden sichtbar gemacht. Erfolge werden gefeiert. Das Wissen rund um Pilotprojekte wird geteilt.

Der Business-Case ist klar

Kundenzentrierung ist nicht nur ein kultureller Wandel – sie zahlt sich langfristig auch wirtschaftlich aus. Seriöse Studien zeigen: Kundenzentrierte Unternehmen sind bis zu 60 Prozent profitabler als solche, die sich nicht konsequent auf ihre Kunden ausrichten. Sie wachsen schneller, binden ihre Kunden langfristiger und sind resilienter in Krisenzeiten.

Damit Kundenzentrierung nicht nur ein kulturelles Ideal bleibt, sondern gezielt gesteuert werden kann, braucht es klare Kennzahlen. Drei KPI-Dimensionen haben sich bewährt: Erstens, organisationales Engagement, etwa durch die Anzahl der Teilnehmenden an kundenorientierten Programmen oder die Zahl aktiver Botschafter. Zweitens, Verhalten und Prozesse, gemessen unter anderem über Pilotprojekte und Reifegradanalysen. Und drittens, Business-Impact, etwa durch Preispremium, Innovationsraten und Time-to-Market. Diese KPIs machen Fortschritte sichtbar – und Kundenzentrierung steuerbar.

Es geht um Taten

Der Weg zur echten Kundenzentrierung ist daher kein Sprint. Es ist ein Marathon mit vielen Etappen. Aber er lohnt sich. Unternehmen, die konsequent kundenzentriert handeln, sind innovativer, relevanter und erfolgreicher. Für CMOs und CEOs heisst das: Jetzt ist der Moment, gemeinsam voranzugehen. Nicht mit grossen Worten, sondern mit kleinen, mutigen Schritten. Jeden Tag. Denn echte Veränderung beginnt dort, wo Menschen anfangen, anders zu denken – und zu handeln.