Der Übergang von einem durch alle Herausforderungen gestählten Firmengründertemperament zu einem smarten, mit Businessplänen, Financial Reporting und Operations Management vertrauten Nachfolger ist eine Herausforderung. Etliche bekannte Unternehmen wie Starbucks, Netflix und Uber erlebten turbulente Zeiten, als die Gründer in die zweite Reihe oder in Verwaltungsratsfunktionen wechselten und die Nachfolgerinnen die Geschicke übernahmen.

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«Sicher gibt es Geschäftsinhaberinnen, die aufgrund ihres Erfolgs in der Vergangenheit bis zur Gegenwart der Auffassung sind, dass nur sie selbst am besten wissen, was für die Firma richtig ist», sagt Mauro Lardi, Rechtsanwalt und Verfasser des Standardwerks «Unternehmensnachfolge». «Ob das bisherige Erfolgsrezept sich in der Zukunft bewähren oder sich gerade zum Nachteil entwickeln wird, ist dabei ungewiss.» Gerade Firmen, die von einer sehr dominanten Person geprägt sind, laufen laut Lardi Gefahr, dass keine geeigneten Nachfolger innerhalb der Familie und innerhalb der Firma aufgebaut werden können – weil schlicht kein Freiraum dafür eingeräumt wird. «In der Praxis sind jedoch viele Geschäftsinhaber reflektiert und sich dessen bewusst, dass der Nachfolger oder die Nachfolgerin aufgebaut werden muss, wozu auch die Übergabe von Verantwortung gehört», so Lardi weiter. «Tendenziell fällt dies jüngeren Geschäftsinhabern leichter, die sich auch schon frühzeitig mit einer geordneten Nachfolge befassen.» Ein zeitlicher Horizont von fünf Jahren ist erforderlich.

Mehr Zeit, mehr Möglichkeiten

Heikel ist das Thema Kommunikation. Hier ist abzuwägen zwischen einer rechtzeitigen, vertrauensbildenden Variante und einer Variante, welche dem bisherigen Management die Möglichkeit gibt, die «richtige» Person zu finden. Auch die Frage, welche Variante – familienintern, firmenintern, Aussenstehende – die beste ist, lässt sich nicht immer so einfach beantworten. So kann eine Familie Eigentümerin bleiben und die Führung firmenintern oder externen Dritten übergeben. «Keiner der Lösungswege ist einem anderen im Grundsatz überlegen», so Lardi. «Vielmehr kommt es auf die Begebenheiten des Einzelfalles an, welche Lösung am geeignetsten ist. Je früher mit der Suche nach einer Nachfolgelösung begonnen wird, desto eher stehen mehrere Varianten zur Verfügung – und die beste Lösung kann ausgewählt werden.»

Die Digitalisierung und der rasche Wandel der Wirtschaft wirken sich auch auf die Nachfolgeplanung aus. «Um mittel- und langfristig erfolgreich zu bleiben, kommen daher Innovation und Anpassungsfähigkeit ein höherer Stellenwert als bisher zu», erklärt Lardi. «Aus dem Profil müsste daher erkennbar sein, ob der Kandidat oder die Kandidatin in der Lage ist, den Veränderungsbedarf zu erkennen und erfolgreich umzusetzen. Es sind daher Gestalterinnen und nicht Verwalter gesucht.»

Attraktive Perspektiven bieten

Um solche Talente, die auch ein Konkurrenzunternehmen gründen könnten, zu gewinnen, rät Lardi, eine «verbindliche und für den Übernehmer oder die Übernehmerin attraktive Perspektive einzuräumen». Die jüngere Generation wolle ihre Lebensentwürfe oft nicht den Anforderungen an die Führung eines Unternehmens unterordnen – was die Suche nach familieninternen Lösungen oder Talenten erschwert. «Da aus Sicht des Übernehmers oder der Übernehmerin viel Kapital für die Firmenübernahme erforderlich ist und die Anforderungen für das Bestehen am Markt zunehmen, sehe ich die Form des Management-Buy-outs in kleinen Teams als bessere Variante», so Lardi. In einigen Branchen sei auch eine Konzentration erkennbar, indem anstelle von organischem Wachstum Firmen aufgekauft werden, was letztlich einer externen Nachfolgeregelung entspricht.

Nachfolgekandidaten müssen Veränderungsbedarf erkennen und gut umsetzen können.

 

Und auch die künstliche Intelligenz wird sich hier bemerkbar machen, beispielsweise in Form von Tools für bessere und schnellere Managemententscheidungen. Lardi erwartet von der KI eher eine Rolle als Ergänzung von Stabsmitarbeitenden und Geschäftsleitungsmitgliedern, die Entscheidungsgrundlagen zuhanden des Geschäftsinhabers vorbereiten. «Dies steht immer noch unter der Prämisse, dass die Entscheide letztlich von einem Menschen getroffen werden, auch wenn die Grundlagen über eine Maschine erarbeitet worden sind», so Lardi. Hier sind in den kommenden fünf Jahren grosse Fortschritte zu erwarten. «Von Startups herkommend könnte ich mir vorstellen, dass ganz oder teilweise KI-geführte Unternehmen bereits in zehn Jahren versuchsweise umgesetzt werden könnten. Laut Berichten haben erste Versuche in China schon stattgefunden.»