Die Quartiere Johanneshov und Hendriksdalshamnen in Stockholm geben einen Ausblick in die Energiezukunft: Stockholm Exergi, der lokale Versorger, hat im Werk Hammarbyverket die weltweit grössten Wärmepumpen für industrielle und kommerzielle Zwecke installiert. Mit sieben riesigen Wärmepumpen mit einer Gesamtleistung von 225 Megawatt werden lokale Firmen sowie 95 000 Wohnungen im Winter mit Wärme und im Sommer mit Kühlung versorgt. Die Wärme kommt aus den lokalen Abwässern, sie geht direkt ins Fernwärmenetz. Gleichzeitig erzeugen die Wärmepumpen kaltes Wasser, das in der warmen Jahreszeit die Gebäude kühlt.

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Einsparpotenzial von 60 Prozent

Auch im schwedischen Göteborg sowie in Deutschland sind einige grosse Anlagen in Betrieb beziehungsweise wurden Anlagen erprobt. Das deutsche Industrieunternehmen MAN gilt laut Analysten als führend bei solch grossen Wärmepumpen. Diese beziehen ihre Energie aus warmem Wasser. Kompressoren steigern dann über Wärmeaustauscher die Temperatur bis in die Bereiche, in denen diese optimal genutzt werden kann. Bei der Heizung von Firmen sind das 90 Grad Celsius, bei der Erzeugung von Prozesswärme für die chemische oder verarbeitende Industrie werden teilweise 200 bis 400 Grad Celsius benötigt.

Laut Analystinnen sind sowohl der Bedarf als auch die Aussichten für die Hersteller der Anlagen sehr günstig: Bis 2029 soll sich das jährliche Investitionsvolumen auf über 15 Milliarden Dollar verdoppeln. Auf Europa wird ein Viertel der Installationen entfallen, und es dominieren die geschlossen konzipierten Anlagen, bei denen idealerweise mehrere Unternehmen zusammenspannen und ihre jeweils erzeugte Prozessabwärme als Energiequelle einem weiteren, benachbarten Unternehmen weitergeben.

Neben einigen europäischen Firmen wie MAN, Bosch Thermotechnik, Danfoss, Swegon und Nibe Industrier dominieren auch Hersteller aus Asien wie Mitsubishi Electric, LG Electronics und Panasonic die Märkte der Pumpanlagen und Kontrollsysteme.

Wichtigster Treiber der Entwicklung bei industriellen Wärmepumpen ist die viel niedrigere Energierechnung: Zwei Drittel der in der Industrie benötigten Wärme kommt heute noch aus fossilen Quellen und hier vor allem aus Erdgas. Industrielle Wärmepumpen benötigen noch einen Viertel bis zu einem Drittel der Energie, um aus der Abwärme der Industrie die erforderliche Prozesswärme für die Produktion zu machen.

Laut Analysten gelten die Lebensmittel- und Getränkeindustrie, die Papier- und teilweise die verarbeitende (Leicht-)Industrie als ideale zukünftige Nutzerin industrieller Wärmepumpen. Hier wird oft Prozesswärme zwischen 100 und 250 Grad Celsius benötigt, und weil die Produktionsanlagen oft in der Nähe der Verbrauchenden stehen, also oft in den grossen Agglomerationen, lassen sich diese Pumpen ideal mit Fernheizungsnetzen kombinieren.

 

Schwierige Kostenberechnung

Energie Schweiz unterhält ein eigenes Förderprogramm für Wärmepumpen für die Industrie. Solche Pumpen werden mit einem Betrag von 40 Prozent der Mehrinvestitionskosten unterstützt. Referenzfälle sind das Biotechunternehmen Bachem und eine Weinkellerei. Nicht alle Projekte sind erfolgreich. MAN hat für ein grosses deutsches Chemieunternehmen eine grosse Anlage installiert, aber das Projekt soll nicht fortgesetzt werden – beim Chemieunternehmen will man andere Varianten weiterverfolgen, wie eine Sprecherin gegenüber BBC sagte.

Das liege auch an den Umständen, sagen Analystinnen. Denn bei den bisherigen fossil betriebenen Industriewärmeanlagen kam jeweils eine Rechnung für den verbrauchten Treibstoff. Bei industriellen Wärmepumpen ist das viel komplizierter, da die industriellen Abnehmer die Rechnungen abhängig von der Dauer und dem Zeitpunkt des Energiebezugs zahlen. Grosse Anlagen sind auch mit beträchtlichen Vorabinvestitionen verbunden.

Und während man mit konventionellen Anlagen sowohl die Basislast als auch die Bedarfsspitzen gleichzeitig decken konnte, muss man bei industriellen Wärmepumpen meistens auf ergänzende Systeme für solche Spitzen zurückgreifen. Das verteuert und verkompliziert den Gesamtbetrieb – und verschlechtert oft die Gesamtbilanz für den Betrieb, wenn solche Spitzen mit fossiler Energie abgedeckt werden.