Die Ziele waren ambitioniert: 2016 lancierte der weltweit grösste Hersteller von Schokoladen- und Kakaoprodukten den «Forever Chocolate»-Plan mit dem Ziel, die gesamte Wertschöpfungskette nachhaltiger zu gestalten. Themenfelder waren Kakaobauern, Kinderarbeit, Naturschutz und Inhaltsstoffe. Jetzt hat der Konzern mit Sitz in Zürich Zwischenbilanz gezogen – und Anpassungen für das weitere Vorgehen über 2025 hinaus vorgenommen. Konkret soll mit neuen messbaren Zielen und mit Unterstützung von Geschäftspartnern ein langfristiger systemischer Wandel für eine nachhaltige Kakaolieferkette vorangetrieben werden. Die Basis dazu sind die bisherigen Ansätze und die vier Säulen zur Nachhaltigkeit, die alle wesentlichen Herausforderungen in der Lieferkette angehen.

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Neues Kakaoanbau-Modell

1. Säule: Wirtschaftlich erfolgreiche Kakaobauern. Der Schwerpunkt soll von den Schulungen zur praktischen Unterstützung verlagert werden. Bis 2030 sollen öffentliche und private Akteure mobilisiert werden, um gemeinsam ein neues Kakaoanbau-Modell voranzubringen und einzuführen, welches den Lebensunterhalt von Kakaobauern sichert. Kakaobauern kämpfen vor allem damit, dass der Zugang zu Investitionen in ihren Betrieb beschränkt ist. Die Steigerung hochwertiger Erträge pro Hektar bleibt jedoch entscheidend, so Nicolas Mounard, Vizepräsident Sustainability and Farming bei Barry Callebaut, um Kleinbauern aus der Armut zu führen und ihnen den Weg zu einem existenzsichernden Einkommen zu ebnen.

2. Säule: Menschenrechte. Barry Callebaut werde sich künftig noch stärker dafür einsetzen, Kinderarbeit aus seiner Lieferkette zu verbannen. So soll die gesamte Lieferkette bis 2025 einer Sorgfaltsprüfung für Menschenrechte unterzogen werden, um alle festgestellten Fälle von Kinderarbeit zu beseitigen. Im Jahr 2030 sollen alle Anbaugemeinschaften, von denen Barry Callebaut Produkte bezieht, in der Lage sein, Menschenrechte zu schützen.

3. Säule: Gegen die Erderwärmung.Um stärker auf das Ziel der Emissionsreduzierung im Rahmen des Pariser Klimaabkommens hinzuarbeiten, setzt Barry Callebaut in der Agroforstwirtschaft vermehrt auf Carbon Insetting, also die Finanzierung von Klimaschutzprojekten entlang der eigenen Wertschöpfungskette, anstatt auf Offsetting (Kompensationszahlungen). So will die Gruppe bis 2030 ihren CO₂-Fussabdruck reduziert haben. «Mit diesem anspruchsvollen Ziel vor Augen werden wir bis 2050 zum klimaneutralen Unternehmen», sagt «Global Cocoa»-Präsident Steven Retzlaff.

4. Säule: Nachhaltige Zutaten. Ab 2030 will Barry Callebaut in ihren Produkten nur noch Kakao und andere Zutaten verwenden, die zu 100 Prozent zertifiziert oder verifiziert und bis zum jeweiligen Produzenten rückverfolgbar sind. Die Zertifizierung ist jedoch nur der Anfang, denn für eine nachhaltige Beschaffung von Rohwaren sind branchenweite Nachhaltigkeitsstandards und -programme unerlässlich.

 

Bekenntnis zu Transparenz

Für Retzlaff sind die «Forever Chocolate»-Ziele grundsätzlich dynamisch. Die Anforderungen an eine nachhaltige Kakao- und Schokoladenlieferkette entwickle sich fortlaufend weiter. Durch Datenanalysen und den Austausch mit Expertinnen und Experten seien kontinuierlich neue Erkenntnisse gesammelt worden. Deshalb erhalte der «Forever Chocolate»-Plan jetzt neue Impulse und zusätzliche Ziele.

«Selbstverständlich können wir diese Ziele nicht allein erreichen», so Retzlaff. «Damit ‹Forever Chocolate› Wirklichkeit wird und strukturelle Veränderungen auch über unsere direkte Lieferkette hinaus spürbar werden, brauchen wir öffentliche Mitwirkung.» Barry Callebaut verpflichtet sich daher zu einer engeren Zusammenarbeit mit den lokalen Regierungen, wie in der Elfenbeinküste und Ghana, um den Übergang zu einer vollständig nachhaltigen Kakaolieferkette zu beschleunigen. Also hin zu einem Programm, welches in den verschiedenen Regulierungswerken (etwa der EU und in den Produktionsländern), in Regierungspartnerschaften wie auch der Landwirtschaft eingebettet ist.

Nicolas Mounard

Nicolas Mounard, Vizepräsident Sustainability and Farming, Barry Callebaut.

Quelle: ZVG

«Wir verhelfen den Bauern zu mehr Ertrag»

Das grösste finanzielle Risiko im Kakao-Business tragen die Bauerngemeinschaften. Was ist Ihre Rolle?

Mit unseren Programmen helfen wir den Bauern, ihr unternehmerisches Risiko zu tragen. Daher verlagern wir bei «Forever Chocolate» den Fokus von Schulungen zu konkreter finanzieller Unterstützung. Die Bauern haben zwar das Know-how, aber sie können nicht genug in den Betrieb investieren.

 

Wie sieht das konkret aus?

Dazu zählen zum Beispiel subventionierte Düngemittel, Pflanzenmaterial, finanzielle Unterstützung für den Einsatz von Leiharbeitskräften sowie weitere Prämien.

 

Wie sieht es aus mit Abnahmegarantien?

Das würde Investitionssicherheit geben. Wir haben beispielsweise in der Elfenbeinküste mit mehr als 90 Prozent der Kooperativen in unserer Lieferkette Dreijahresverträge abgeschlossen. Dabei ist die Abnahmemenge im ersten Jahr verbindlich, die Mengen für das zweite und dritte Jahr werden jeweils vor der Haupternte bestätigt. Das hilft den Bauern bei der Planung und reduziert ihre Risiken.

 

Wie sehr schlagen ihre Massnahmen auf die Kosten durch? Müssen die Kunden von Barry Callebaut mit Preiserhöhungen rechnen?

Nicht unbedingt. Wir setzen wie erwähnt zunächst einmal die finanziellen Mittel, die wir vorher in Schulungen gesteckt haben, anders ein und verhelfen den Bauern so zu mehr Ertrag und Einkommen.

 

Sie arbeiten mit Cocoa Horizons zusammen. Wie funktioniert das?

Das Cocoa Horizons-Programm ist unser bevorzugtes Vehikel zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Bauern und ihrer Gemeinschaften. Dank der Prämien unserer Kunden hat die Stiftung seit 2016 gut 122 Millionen Franken an Mitteln generiert.

 

An wen geht dieses Geld?

Diese Mittel fliessen in Massnahmen, welche Einnahmen und Produktivität der Bauern verbessern. Wir sind zuversichtlich, bis 2025 rund 500 000 Bauern aus der Armut zu führen. Andere Massnahmen bekämpfen die Entwaldung und fördern die Agrarforstwirtschaft und die Menschenrechte.

Interview: Marc Rüedi