Animatorin beim Pandamobil, Fachspezialisten für Energieeffizienz oder Bereichsleiter nachhaltiges Bauen – gegen 2000 offene Stellen weisen die grössten Jobportale der Schweiz im Bereich der Nachhaltigkeit aus. Hinzu kommen etliche weitere auf den Websites von Verbänden sowie auf Linkedin. Laut Schätzungen arbeiten in der Schweiz gegen 200 000 Menschen in grünen Berufen. Laut einer Studie des World Economic Forums (WEF) übertrifft das Wachstum bei nachhaltigen Stellen das des gesamten Arbeitsmarktes.
Gefördert wird der Boom auch durch die Vervielfachung der Aus- und Weiterbildungsgänge: Als Ende der 1980er-Jahre die ersten universitären Studiengänge aufkamen, wurden die kleinen Klassen oft von Spezialisten aus den einzelnen naturwissenschaftlichen Disziplinen sowie von Praktikern unterrichtet. Heute kümmern sich breit ausgebildete und dennoch hoch spezialisierte Lehrpersonen um die Studierenden.
Skills sind nicht das Problem
Wie beispielsweise Michael Aklin von der EPFL in Lausanne: Er forscht im Bereich nachhaltige Jobs und Arbeitsmärkte. Die Entwicklung Richtung nachhaltige Wirtschaft hat auch viel mit dem Arbeitsmarkt zu tun, heisst es in einem kürzlich erschienenen Aufsatz von Aklin. Erfolgt diese Entwicklung gemächlich, ist die Anpassung der Wirtschaft – also das Verschwinden von Stellen in nicht nachhaltigen Bereichen und das Aufkommen neuer Jobs – ein Vorgang, der nicht allzu schmerzhaft erfolgt. Aber mit dem Übergang hin zu nachhaltiger Energie ist es anders, sagt Aklin: Dabei müssten Millionen von Arbeitenden in relativ kurzer Zeit auf neue Positionen gebracht werden. Dabei entstehen Engpässe und Koordinationsprobleme. Wenn rasch viele Stellen im einen Bereich abgebaut werden, kämpfen zu viele Menschen um die zu wenigen bereits geschaffenen Stellen in den neuen nachhaltigen Bereichen.
200 000 Menschen arbeiten in der Schweiz laut Schätzungen in grünen Berufen.
Bemerkenswerterweise trifft das nicht für alle Jobs zu, wie Aklin mit Kollegen untersucht hat. Denn die Skills, die man in der Ölindustrie benötigt, sind ziemlich ähnlich wie jene, die man in der grünen Industrie nachfragt. Obwohl man gewisse Nachschulungen benötigt, sei dieser Wechsel «generell ein guter Match». Hinzu kommt noch ein weiterer Aspekt. In den USA würden Fachkräfte aus der Ölindustrie eher einen neuen Job im Bereich nachhaltige Energien annehmen und sich dafür weiterbilden als den Wohnort wechseln – um weiterhin in der vertrauten Ölbranche arbeiten zu können. Idealerweise entstehen deshalb die neuen Jobs in der Nähe von den bisherigen Stellen – und das ist in der Praxis nicht so oft der Fall. «Der Wechsel von fossil zu grün scheitert nicht an den Skills», erklärt der Forscher. «Die grössere Gefahr ist die Geografie.»
In der Energiebranche gilt demnach: Die Arbeitenden im Fossilbereich sind zwar gut ausgebildet, aber nicht sehr mobil. Wenn sich diese Arbeitenden nicht zu den Jobs bewegen und umziehen, müssten die Jobs in ihre Nähe kommen. Hier greift dann oft die staatliche Industriepolitik – und die gilt hinsichtlich ihrer Wirkung als umstritten. Ein viel zitiertes Beispiel sind die Entwicklungen bei Lithium-Ionen-Akkus, welche die Grundlage für die gegenwärtige E-Mobilität bilden. Die drei Nobelpreisträger, die 2019 für ihre Forschungen hierzu geehrt wurden, kommen aus Grossbritannien, den USA und aus Japan. Dominiert wird die Produktion weltweit allerdings zu 75 Prozent von chinesischen Firmen, und mehr als die Hälfte des Rests entfällt auf Südkorea.
Stellen-Formulierungen passen sich an
Druck kommt zunehmend auch von den jüngeren Arbeitssuchenden. Gemäss WEF-Umfrage ist für ein Viertel dieser Menschen die Nachhaltigkeit des potenziellen Arbeitgebers nicht verhandelbar – sie muss einfach gegeben sein, sonst möchte man da nicht hingehen. Die Unternehmen reagieren: Sie schreiben bei den Stellenausschreibungen zunehmend die entscheidenden Kriterien wie «Nachhaltigkeit», «Energieeffizienz» oder «Transformation» in die Titel. Der perfekte Match soll nicht an diesen Stichworten scheitern.