Die USA, die EU, China und Indien haben bereits Pläne zur Förderung eines grüneren Wirtschaftswachstums angekündigt. Die Länder haben ihre diesbezüglichen Bestrebungen ausgeweitet, um einen «grünen» Wettbewerbsvorteil zu erlangen. Dazu gehört die Umstellung auf umweltfreundliche Produkte und Verfahren, die Förderung grüner Innovationen und die Sicherung der Lieferketten für kritische Mineralien, die für den Übergang zu sauberer Energie erforderlich sind.

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Der Autor

Thibaud Clisson, Senior ESG Analyst, Climate Change Lead, BNP Paribas Asset Management

Der «Wettlauf um eine grüne Zukunft» ist im August 2022 mit dem von der Regierung Biden verabschiedeten, wegweisenden Inflation Reduction Act (IRA) in eine neue Phase eingetreten. Mit dem IRA soll die Energieversorgung in den USA gesichert und die Energieproduktion dekarbonisiert werden. Das Gesetz sieht Ausgaben und Steuervergünstigungen in Höhe von 500 Milliarden Dollar für erneuerbare Energien und eine Stärkung des Angebots an kritischen Mineralien sowie der Herstellung sauberer Technologien im Inland vor.

 

Weniger Emissionen dank sauberer Energie

Untersuchungen hinsichtlich der Auswirkungen des IRA sind zu dem Schluss gekommen, dass die Emissionen bis 2035 über die ganze Wirtschaft hinweg um 43–48 Prozent unter die 2005 verzeichneten Werte fallen dürften, wenn zunehmend auf saubere Energie umgeschwenkt wird. Die Emissionen im Stromsektor würden bei umfassender Umsetzung der IRA-Vorschriften zwischen 2022 und 2035 um 59 Prozent sinken.

Das Gesetz hat weitere positive Effekte, darunter einen deutlichen Ausbau der Elektrofahrzeug- und Batterieproduktion in den USA. Die Verbreitung von Elektrofahrzeugen stellt einen Schwerpunktbereich dar: Die US-Regierung bietet nun Steuervergünstigungen in Höhe von 7500 Dollar für Käufe von Elektrofahrzeugen. Der Markt dürfte von 24 Milliarden Dollar im Jahr 2020 auf eine Grösse von 137,4 Milliarden Dollar im Jahr 2028 anwachsen.

Wie die USA legen auch die EU, China und Indien den Schwerpunkt bei ihren Massnahmen auf erneuerbare Energien, um den wachsenden Energiebedarf zu decken, ohne die CO2-Emissionen zu erhöhen. Ein umstrittener Bereich sind kritische Mineralien, die einen wesentlichen Bestandteil zahlreicher schnell wachsender Technologien für saubere Energie darstellen – von Windturbinen über Stromnetze bis hin zu Elektrofahrzeugen. Die Nachfrage nach diesen Mineralien dürfte im Zuge der zunehmenden Umstellung auf saubere Energien rasch anziehen. Es wächst jedoch die Sorge, dass sich Monopole für kritische Mineralien bilden könnten und es zu Ressourcennationalismus sowie angespannten internationalen Beziehungen kommen könnte, da die Volkswirtschaften bestrebt sind, ihre Versorgung zu sichern und einheimische Produzenten zu subventionieren.

500 Mrd. Dollar sieht der IRA für erneuerbare Energien und eine Stärkung des Angebotes an kritischen Materialien sowie der Herstellung sauberer Technologien im Inland vor.

 

Da die USA bestrebt sind, ihre Abhängigkeit vom chinesischen Angebot zu verringern, sind umfangreiche Investitionen in den Bergbau im Inland und nicht nur in die fortgeschrittene Fertigung vonnöten. Einer Studie der Zeitschrift «Nature Sustainability» zufolge könnten das begrenzte Vorkommen von Lithium und Mangan sowie die Anforderungen im Rahmen des IRA, 80 Prozent der erforderlichen Rohstoffe aus den USA oder Ländern, mit denen Freihandelsabkommen bestehen, zu beziehen, dazu führen, dass die meisten in den USA hergestellten Elektrofahrzeuge mit Nickel-Kobalt-Aluminium-Kathodenbatterien angetrieben werden. Eine Ausweitung der Bergbauaktivitäten im Inland könnte jedoch Umweltbedenken in Bezug auf den Wasserverbrauch, Treibhausgasemissionen und die Biodiversität schüren.

 

Gleichgewicht zwischen Bedenken und Chancen

Die Pläne der USA, der EU, Indiens und Chinas werden den unvermeidlichen Übergang zu einer grüneren, emissionsärmeren Wirtschaft vorantreiben und in diesem Zuge eine Vielzahl von Gelegenheiten für die Beteiligten, darunter Anleger und Anlegerinnen, schaffen. Es bestehen jedoch erhebliche Herausforderungen. Ein sogenanntes «Race to the bottom» («Abwärtswettlauf») könnte immer mehr Subventionen im Inland und Anreize für lokale Akteure nach sich ziehen, was den Ressourcennationalismus anfacht, für weiteres protektionistisches «Onshoring» (Verlagerung der Produktion ins Inland) sorgt und die geopolitischen Spannungen verstärkt. Dennoch sind wir der Ansicht, dass angesichts der umfangreichen Mittel, die die wichtigen Volkswirtschaften einplanen, Vorteile bestehen, denn wenn es um den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel geht, ist jedes bisschen hilfreich.