Viele grössere Schweizer Städte haben sich selbst das Ziel auferlegt, in den kommenden Jahren klimaneutral zu werden. Die Stadt Zürich etwa will Netto-null bis 2040 erreichen. Doch was bedeutet Net-to-null eigentlich? Da sind zunächst die direkten Emissionen auf Stadtgebiet. Diese entstehen zumeist aus dem überwiegend fossil betriebenen Gebäudepark und aus der fossilen Mobilität in Form des motorisierten (Individual-)Verkehrs. Gewisse Anwendungen sind bereits elektrifiziert, wie etwa zu grossen Teilen der öffentliche Verkehr. Nachholbedarf besteht bei der Gebäudeheizung und der indi viduellen Mobilität – auch wenn hier eine positive Tendenz zu erkennen ist.

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Die direkten Emissionen auf Stadtgebiet machen allerdings den kleineren Teil des CO₂-Ausstosses aus. Die indirekten Emissionen fallen ausserhalb der Stadtund Landesgrenzen an, in den Vorketten der konsumierten Energie, Waren und Dienstleistungen.

Die Autoren

Martina Blum ist Principal Business Consultant Sustainability Innovation und Ronny Hoffmann ist Expert Systems Engineer, beide bei Zühlke Schweiz.

Die grosse Herausforderung für Städte liegt also darin, die Emissionen durch den Konsum zu reduzieren. Darum hat beispielsweise die Stadt Zürich als erste Schweizer Stadt im Juli 2022 die «Circular Cities Declaration» unterzeichnet und sich damit klar zur Kreislaufwirtschaft bekannt. Um die CO₂-Emissionen durch den Konsum langfristig zu senken, braucht es neben einer Suffizienzstrategie auch eine drastische Reduktion der CO₂-Emis sio nen in der gesamten Lebenszykluskette eines Produkts.

Kreislaufwirtschaft – aber wie?

Das Ziel der Kreislaufwirtschaft ist, sowohl den technologischen als auch den biologischen Kreislauf zu schliessen. Dabei wird die Strategie verfolgt, einen möglichst grossen Werterhalt zu erzielen. Dies wird erreicht, indem Recycling als letzte Option im Lebenszyklus eines Produkts betrachtet wird. Zuvor werden eine Verlängerung und Intensivierung der Produktnutzung durch Teilen, Wiedergebrauch, Wiederaufbereitung und Reparatur angestrebt.

Was eine Stadt konkret beitragen kann

Die Vorteile der Kreislaufwirtschaft liegen auf der Hand. Folgendes können die Städte konkret unternehmen, um ihr Netto-null-Ziel möglichst effizient und smart zu erreichen: 

  • Sensibilisierung der Stadtbevölkerung zu bewussterem Konsum. 
  • Reduktion der Abfallmengen und zusätzliche Produkt- und Stoffkreisläufe schliessen, indem Wiederverwendung, Reparierbarkeit und Re-Manufacturing vor Recycling gefördert werden. 
  • Selber kreislauffähige Materialien und Produkte einsetzen, Produkte aus ressourcenschonender Produktion und Design über den gesamten Lebenszyklus bevorzugen.
  • Unterstützung innovativer Firmen bei nachhaltiger Produktentwicklung sowie Einsatz kreislauffähiger Produkte.

Zuerst muss ein Verständnis über die eigentlichen Umweltimpacts des Produkts erlangt werden. Dieses erfolgt mittels der Durchführung von Life-Cycle-Assessments der bestehenden Produkte und Dienstleistungen. Hierdurch wird deutlich, wo im Lebenszyklus eines Produktes die grössten negativen Einflüsse auf die Umwelt entstehen. Die Analyse bietet eine Grundlage für die Neu- und Weiterentwicklung der Produkte. Hierfür existieren verschiedene Designprinzipien, die vorgeben, wie die Produkte entsprechend kreislauffähig gestaltet werden können:

  1. Kein Einsatz ökotoxischer und humantoxischer Chemie 
  2. Wahl kreislauffähiger Stoffe und Vermeidung stofflicher Vermischung 
  3. Modulare Bauweise und einfache Zerlegbarkeit
  4. Langlebigkeit 
  5. Einfache Wartung und Reparierbarkeit
  6. Kaskadeneinsatz von Rohstoffen 
  7. Geplante Reverslogistik 
  8. Effizienter Energieeinsatz

 

Neue Geschäftsmodelle für den Erfolg

Durch die Anwendung dieser Prinzipien werden die Produkte für den Einsatz in der Kreislaufwirtschaft vorbereitet. Für Unternehmen, die ihre Produkte in der Kreislaufwirtschaft anbieten möchten, ist neben der Um- und Neugestaltung auch wichtig, ihre Geschäftsmodelle entsprechend weiterzuentwickeln. Falls dies nicht erfolgt, drohen aufgrund der län geren Lebensdauer der Produkte längerfristig Umsätze wegzubrechen. Dementsprechend werden neue, disruptive Geschäftsmodelle für die Kreislaufwirtschaft notwendig.

Solche Geschäftsmodelle charakterisieren sich insbesondere dadurch, dass der Besitz des Produkts beim herstellenden Unternehmen bleibt und nicht wie bisher bei den Nutzenden. Produkte werden dementsprechend vermehrt als Dienstleistung angeboten, wodurch der Fokus verstärkt auf die Zugänglichkeit beziehungsweise auf den eigentlichen Nutzen des Produkts gelegt wird. Hierdurch wird die Beziehung zur Kundschaft deutlich verändert. Von einem einmaligen Kontakt zum Zeitpunkt des Kaufs entsteht bei den neuen Geschäftsmodellen eine anhaltende Kundenbeziehung.