Der motorisierte Individualverkehr nimmt stetig zu und stellt Städte und Gemeinden vor grosse Herausforderungen. Denn auf die Belastungen kann nicht mit einem beliebigen Ausbau der Strassen reagiert werden.

Eine wichtige Rolle bei der Verkehrsplanung und -lenkung spielen seit Jahrzehnten Verkehrszählungen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse fliessen in die Raum-, Lärm- und Umweltplanung mit ein. Allerdings werden hierfür vielfach veraltete Daten verwendet. Das gilt auch für gewisse computerbasierte Simulationsmodelle. Diese erzeugen aufgrund der veralteten Informationen Resultate, die nicht die Realität abbilden.

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Der Autor

Reto Gantenbein ist Business Development Manager bei Intersys.

Für die Verkehrslenkung sind Echtzeitdaten deshalb unerlässlich. Sie stehen heute allerdings nur in bescheidenem Ausmass zur Verfügung. Verkehrsinformationen aus dem Internet wie solche von Google und anderen wiederum zeigen nur den aktuellen Stand an. Damit lassen sich bestenfalls Alternativrouten vorschlagen. Datenauswertungen für das Verkehrsmanagement oder die Verkehrsplanung oder gar eine gezielte Verkehrslenkung sind damit indes nicht möglich.

Teure permanente Verkehrszähler

Bund, Kantone und grössere Schweizer Städte betreiben zwar mittlerweile ein immer grösser werdendes Netz mit permanenten Verkehrszählern. Für die Verkehrsdatenerhebung kommen aber meistens teure und unflexible Systeme zum Einsatz. Viele Gemeinden und kleinere Städte verwenden deshalb auch Mietzähler, die auf ausgewählten Strassenabschnitten über einen bestimmten Zeitraum hinweg mobil eingesetzt werden können. Gerade Gemeinden und Agglomerationen brauchen flexible und kostengünstige Lösungen, sind sie doch am stärksten von der Dynamik der Verkehrsflüsse betroffen. Denn Staus in Agglomerationen rund um grössere Städte treten teilweise spontan auf und sind deshalb nicht ohne weiteres mit den starren Bedingungen bei der Planung von Strassen in den Griff zu bekommen.

Die benötigten Mietlösungen lassen allerdings bislang keine Auswertung mit historisierten Daten zu. Dies ist aktuell nur bei Dauerzählstellen mit konstanten Netzwerkverbindungen möglich. Projekte für permanente Verkehrszählsysteme sind aber teuer und schwerfällig, da sie mit vielen Bauvorschriften und langen Projektzeiten verbunden sind. Ein Verkehrszählerservice, mit dem Daten von Mietzählern in die Cloud geliefert und mit Messerverläufen historisiert und aggregiert werden können, würde deshalb eine sinnvolle Ergänzung zum bestehenden Mietzählerangebot bieten.

Vorreiter Kanton Zürich

Lediglich eine flächendeckende Verkehrszählung erlaubt die Steuerung der Entwicklung der Mobilität der Zukunft. Dazu müssen die permanente Verkehrszählung und Vernetzung der Informationen auf allen föderalen Ebenen vorangetrieben werden. Der Kanton Zürich hat hier mit seiner Verkehrsdatenplattform bereits Pionierarbeit geleistet. Die von Intersys entwickelte Lösung sammelt, prüft und speichert Einzelfahrzeugdaten von Hunderten Messstellen auf Staatsstrassen. Damit sind täglich rund 6 Millionen Einzelfahrzeugdaten auf der Plattform Verkehr Online des Kantons Zürich in Echtzeit sowie in aggregiertem Format über frei bestimmbare Zeiträume verfügbar. Zudem werden aggregierte Minutenwerte an die Open-Data-Plattform Mobilität Schweiz weitergegeben und können dort von interessierten Kreisen zur weiteren Verarbeitung bezogen werden.

Mannigfacher Nutzen

Gelingt es, flächendeckend Daten strukturiert in Echtzeit zur Verfügung zu stellen, werden auch Services entstehen, die zum Mehrwert der Gesellschaft beitragen. Verkehrsplaner könnten ihre Simulationen von Strassenabschnitten optimieren. Baustellenmanager würden nicht erst nach Baubeginn die effektiven Auswirkungen auf den Verkehr erkennen. Auch Lärmverantwortliche, Tiefbauämter oder Transportunternehmen hätten einen Mehrwert. Der Bund hat dies bereits erkannt und plant, mit einer Nationalen Dateninfrastruktur Mobilität (Nadim) verkehrsträgerübergreifende Daten von verschiedenen Mobilitätsund Dienstleistungsunternehmen anzubieten. Denn um künftig via Internet oder App Dienste des öffentlichen Verkehrs, Auto-Sharing, Velos, Taxis und so weiter zu kombinieren und zu bestellen, sind Mobilitätsdaten in Echtzeit unerlässlich.

Dasselbe gilt für die Verkehrslenkung. Sie würde optimiert, wenn Mobilitätsdaten online auf mehreren föderalen Ebenen miteinander verknüpft werden könnten. Autofahrerinnen und Autofahrer würden von einer verbesserten Signalisation, von Alternativrouten und von einem Geschwindigkeits- und Staumanagement mehr profitieren als von Google Maps und Konsorten. Und ÖV-Benutzer, die sich auf Strassen bewegen, könnten gegenüber dem motorisierten Individualverkehr bevorteilt werden. Auch Teilnehmer von Grossanlässen würden von Echtzeit-Mobilitätsdaten profitieren. Denn der Verkehr könnte bereits umgelenkt werden, wenn Mehrverkehr an einem entfernten Punkt feststellbar ist. Bei der Verkehrslenkung rund um Grossanlässe dürfte in Zukunft auch der Einsatz von künstlicher Intelligenz – auch mit Daten des ruhenden Verkehrs – eine wichtige Rolle spielen.