Der Schweiz wird im internationalen Vergleich in der Mobilität, insbesondere im öffentlichen Verkehr (ÖV), eine Vorreiterrolle zugeschrieben. Innerhalb des Landes gibt es allerdings grosse Unterschiede in Bezug auf die Mobilitätsnutzung, verbunden mit nicht zu unterschätzenden Herausforderungen: Beschränkte Flächen und eine hohe Dichte sorgen in den Städten für Stau und Parkplatzdruck, bergen hingegen allerdings eine Chance für die Nutzung alternativer Verkehrsangebote wie Shared-Mobility-Lösungen oder ein konsequent ausgebautes ÖV-Netz. In den ländlichen Gegenden, wo rund 35 Prozent der Bevölkerung zu Hause sind, ist der ÖV weniger gut ausgebaut, und das Auto bleibt so das dominierende Verkehrsmittel.

 
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Der Autor

Raymund Bareuther, M&A-Spezialist «New Mobility», Houlihan Lokey, Zürich.

Damit die Schweiz ihre Vorreiterrolle punkto Lebensqualität, Infrastruktur und Wettbewerbsfähigkeit nicht verliert, müssen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft die globale Diskussion rund um neue Mobilitätskonzepte mutig und aufgeschlossen führen. Denn die neuen Konzepte werden unser Mobilitätsverhalten ähnlich revolutionieren wie die Einführung des Verbrennungsmotors 1862. Damit der Wandel glückt, müssen insbesondere Entwicklungen relevanter Regularien, des Verbraucherverhaltens und der Technologie vorangetrieben werden.

Gerade in den Städten sind die Herausforderungen bereits jetzt gross, denken wir nur an Lärm, Stau oder mangelnde Verkehrssicherheit. Verschiedene Konzepte und Innovationen der Mobilitätsindustrie versuchen hier bereits entgegenzuwirken. Beispielsweise «Mobility as a Service»-Angebote (das heisst End-zu-End-Transportangebote, die das Potenzial haben, das eigene Fahrzeug durch ein auf den Bedarf abgestimmtes Angebot verschiedenster Mobilitätsdienste zu ersetzen), fortschrittliche Verkehrsmanagement- und Parksysteme, Lösungen für die gemeinsame Nutzung von Transportlogistik in den Innenstädten zur Belieferung von Läden und Supermärkten sowie neue Transportkonzepte auf zwei oder drei Rädern sind Schritte in eine vielversprechende Richtung.

Verbraucherverhalten, Regularien und Technologie müssen entwickelt werden.

Die Schweiz hat mit der «Roadmap Elektromobilität 2025» drei Ziele klar definiert: 50 Prozent Steckerfahrzeuge bei den Neuzulassungen, 20 000 allgemein zugängliche Ladestationen sowie nutzerfreundliches und netzdienliches Laden von zu Hause, am Arbeitsort und unterwegs. Die Städte und Kantone arbeiten daran, die Nutzung von Privatfahrzeugen und Staus zu reduzieren, indem alternative Mobilitätsformen wie E-Scooter oder (E-)Velos stärker gefördert werden, Zufahrtsregelungen in den Städten neu gedacht und Beiträge zur Modernisierung der Verkehrswege geleistet werden.

 

Die integrierte Mobilität fördern

Gleichzeitig sollen Konsumentinnen und Konsumenten die Vorteile aufgezeigt werden, wie einfach und unkompliziert integrierte Mobilität gelebt werden kann. Die Stadt Zürich beispielsweise hat mit «ZüriMobil» eine App entwickelt, um das Mobilitätsangebot in und um Zürich zu fördern und individuell die aktuell beste sowie schnellste Verbindung und das passende Verkehrsmittel zu finden. Ein weiteres Beispiel: Einer Lösung aus Belgien folgend, versuchen auch in der Schweiz Automobilimporteure und Immobiliengesellschaften Hand in Hand neue Wohn- und Mobilitätskonzepte zu schaffen – Wohnprojekte, die den Klimazielen und der CO₂-Neutralität gerecht werden, verbunden mit einem integrierten Angebot, bestehend aus verschiedensten Mobilitätslösungen; dies alles soll den Bewohnenden der Immobilien über eine App mit kilometergenauer Abrechnung zur Verfügung gestellt werden.

Und die Technologie? Zusammen mit der Entwicklung neuer Konzepte für elektrische, vernetzte, autonome und gemeinsam genutzte Mobilität definiert sie das Innovationstempo. Die Branche hat in den letzten zehn Jahren weltweit Investitionen in Höhe von mehr als 370 Milliarden Franken angezogen, davon knappe 100 Milliarden Franken seit Anfang 2020. Technologische Innovationen tragen dazu bei, die Kosten mittelfristig signifikant zu senken und die gemeinsam genutzte Elektromobilität zu einer echten Alternative zu machen. Vorreiter sind hier unter anderem Juice Technology und ABB E-mobility, ein weltweit führender Anbieter von Ladelösungen für Elektrofahrzeuge mit dem Ziel, intelligente, verlässliche und emissionsfreie Produkte auf den Markt zu bringen.

Smarte Mobilität in ländlichen Gebieten

E-Pistenraupen Die Frage, die sich bei einem Land wie der Schweiz, das stark vom Berg- und Skitourismus profitiert, stellt, ist, wie auch zukünftig hier ein Wandel hin zu einer emissionsfreieren Mobilität vollzogen werden kann. Während wie im Text beschrieben integrierte Mobilitätsangebote zukünftig dabei helfen können, Gäste auch in die Berge emissionsfrei zu transportieren, können mittelfristig die dieselbetriebenen Pistenraupen für die nächtliche Skipistenpräparation durch E-Pistenraupen ersetzt werden. Das süddeutsche Unternehmen Kässbohrer hat sparsame Hybrid-Pistenbullys im Angebot und arbeitet nun daran, eine erste rein elektrisch angetriebene Pistenraupe zur Serienreife zu bringen.

Drohnen Ein weiterer Blick über die Landesgrenzen nach Deutschland zeigt, dass der baden-württembergische Hersteller von elektrischen Helikoptern und Lufttaxis, Volocopter, wohl ab 2024 abheben wird. Damit würde zum Beispiel auch die emissionsfreie Belieferung von Schweizer Alphütten mit Vorräten und Material via Drohnen möglich.