Seit dem 11. Mai schaut die Welt nach Basel. Hier findet aktuell die 69. Edition des Eurovision Song Contest (ESC) statt. Schätzungen zufolge werden allein am Finaltag 100’000 Menschen – oder je nach Wetterlage sogar mehr – in der Stadt sein, zusätzlich zur 207'000 Personen umfassenden Bevölkerung. Da gilt es, gut zu planen, auch wenn nicht alle Eventualitäten ausgeschlossen werden können. Aktiv involviert war hier auch Basel Tourismus. Denn der Event ist eine grosse Chance, Basel und die gesamte Schweiz als attraktive Urlaubsregion zu präsentieren. Dazu Dominic Stöcklin, Head of Marketing bei Basel Tourismus: «Wir möchten alle Gäste während ihres Aufenthaltes mit innovativen Erlebnissen begeistern. Ziel ist aber auch, die Menschen, die den ESC als Zuschauer an ihren Endgeräten verfolgen, zu einer Reise nach Basel zu animieren.»
1956
In diesem Jahr fand der erste Eurovision Song Contest statt, Austragungsort war Lugano TI. Siegerin war die Schweizerin Lys Assia mit ihrem Lied Refrain.
3
Anzahl der Siege, die die Schweiz nach Hause bringen konnte – Lys Assia im Jahr 1956, Celine Dion 1988 und Nemo im Jahr 2024.
1996
In diesem Jahr wurde wegen der gestiegenen Anmeldezahlen ein neues Verfahren eingeführt: Alle Angemeldeten mussten sich einer internen Audio-Vorauswahl durch eine Jury stellen. Deutschland schied bei dieser Vorauswahl aus und drohte anschliessend, die Finanzierung der Veranstaltung einzustellen. Seitdem gelten die fünf grössten Geldgeber des Events als gesetzte Teilnehmer. Dies sind neben Deutschland Frankreich, Grossbritannien, Spanien und Italien. Zudem erhält das Gewinnerland des Vorjahres jeweils eine White Card.
3
Keine Minute länger darf ein Beitrag an Zeit umfassen.
7
So viele Siege konnte Irland bisher feiern, drei davon sind Linda Martin (1992), Niamh Kavanagh (1993) sowie Paul Harrington und Charlie McGettigan (1994).
800’000
So viele Zuschauerinnen und Zuschauer verfolgten im Jahr 2024 den ESC beim SRF.
Mit viel Einsatz wurde daher in den vergangenen Monaten das touristische Angebot erweitert. Dazu wurde eine eigene Branchenkampagne entwickelt, um die Gastronomie und Hotellerie in der Kommunikation mit den Gästen zu unterstützen. Die sogenannte Branding Box mit dem Titel «Friends of Eurovision» enthält verschiedene Werbetools wie Pins, Poster, Postkarten und vieles mehr und wurde bis Ende April kleineren bis mittelgrossen Shops, Hotels, Gastronomiebetrieben und Kulturinstitutionen zur Verfügung gestellt. Schliesslich soll überall in der Stadt das ESC-Feeling auch optisch ersichtlich sein.
Jeder soll mitfeiern können
Zudem war man sich von Beginn an bewusst, dass eine Stadt nur feiern kann, wenn auch die Einheimischen Freude am Event haben. Daher hat der Kanton Basel-Stadt und die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) ein umfassendes Public-Value-Programm ins Leben gerufen. «Dieses rückt kulturelle, soziale und inklusive Aspekte in den Fokus, wozu Dinge wie eine riesige Ü-Sechzig-Disco, Schulprojekte, Urban-Art-Aktionen oder eine Sonderausstellung gehören», sagt Kommunikationsexperte Dominic Stöcklin. «Und wie bei jedem Grossanlass in unserer Stadt betreiben wir während der gesamten Dauer des Events Infopavillons an wichtigen Knotenpunkten.»
Zusätzlich war klar, dass auch die ESC-Gäste und ihre Delegationen mehr als nur die Hotelzimmer und die St. Jakobshalle sehen sollen. Dazu Dominic Stöcklin: «Für die internationalen ESC-Delegationen besteht die Möglichkeit, auf Wunsch an geführten Stadttouren teilzunehmen. Diese Führungen geben einen Einblick in die Geschichte und Vielfalt Basels und werden individuell abgestimmt.» Ebenso bietet Basel Tourismus parallel für alle Interessierten neue Stadtführungen an, darunter beispielsweise eine «Pride Tour» in Kooperation mit der Universität Basel oder Audio-Stadtspaziergänge mit Augmented-Reality-Elementen. Und Dominic Stöcklin ergänzt: «Unsere Guides werden vor Ort sein und unsere Gäste über Basel informieren. Museen und Institutionen bieten ebenfalls ESC-bezogene Programme, wie die ESC Memory Box im Historischen Museum oder die Sonderpräsentation der Sammlung der Fondation Beyeler unter dem Titel ‹Over the Rainbow› an.»
Während der ESC-Woche wird Basel ausserdem die Öffnungszeiten für Gastronomie und Detailhandel verlängern. «Es ist uns wichtig, dass alle, ob Besuchende oder Einheimische, ob mit Ticket für die Shows oder ohne, Teil des Events sein können», sagt Dominic Stöcklin. Vom Eurovision Boulevard über die Eurovision Street bis hin zum Eurovision Square und zum Eurovision Village wird der ESC daher überall in der Stadt präsent und erlebbar sein, mit freiem Eintritt für alle. «Basel wird sich als offene und gastfreundliche Host City präsentieren.»
Ausgaben versus Einnahmen
Natürlich geht es auch beim ESC – so viel Spass er auch macht – um Geld. Bereits im September letzten Jahres bewilligte der Grosse Rat den Nachtragskredit sowie die Ausgaben von knapp 37,5 Millionen Franken für den Event. Dieser wird dabei zu Teilen von der Europäischen Rundfunkunion (EBU), der Schweizer Veranstalterin SRG und dem Gastgeber Basel finanziert. Auf der anderen Seite aber bringt der ESC der Stadt auch zahlreiche zusätzliche Einnahmen. Basierend auf den Zahlen aus Liverpool, wo er im Jahr 2023 stattfand, stellen Experten und Expertinnen die Zahl von 62 Millionen Franken lokaler Wertschöpfung in den Raum. Wobei jedoch auch hier von einer Schätzung ausgegangen werden darf.
Besonders im Bereich der Hospitality werden Gastronomen und Hotels profitieren. «Basel hat frühzeitig Gästekapazitäten und Unterbringungsmöglichkeiten sichergestellt», führt Dominic Stöcklin aus. «Bereits im Bewerbungsdossier als Host City waren Gästekapazitäten ein wichtiger Teil der Planung, und Kontingente wurden von uns frühzeitig reserviert. Die lokale Hotellerie wurde dabei aktiv in den Prozess eingebunden, teilweise über die Kantons- und Landesgrenzen hinaus, wodurch eine einfache und unkomplizierte Anreise stets garantiert ist.»
Stichwort Infrastruktur
Neben Unterkünften waren aber selbstverständlich auch Themen wie Mobilität und Sicherheit wichtig. «Als Host City haben wir von Beginn an unsere Verantwortung verstanden, notwendige Infrastrukturmassnahmen umzusetzen – sowohl temporäre als auch dauerhafte», sagt der Tourismusexperte. «Dies lag jedoch in der Hand des Bau- und Verkehrsdepartements.» Bei der Mobilität ist der Basler ÖV gefordert. Hier hat die verantwortliche Verkehrsexpertin Eva Juhasz in einem Interview zusammenfassend erklärt, dass man das Angebot so umfassend geplant habe wie möglich. Doch den «Deckel gaben die Restriktionen bei den Transportunternehmen vor, die nicht mehr bereitstellen konnten, als ihre Ressourcen hergeben». Mit dem Resultat sei man allerdings mehr als zufrieden.
So werden während der gesamten ESC-Woche 115 Extrazüge sowie 700 Extratrams und 150 Extrabusse eingesetzt. Dafür wurde ein Budget von rund 2 Millionen Franken bereitgestellt. Bezahlt werden muss die Nutzung aber natürlich aus eigener Tasche – wenn man kein Ticket für den ESC hat. Dominic Stöcklin: «Die Baselcard, die Hotelgäste in Basel das ganze Jahr über erhalten, ermöglicht die kostenlose Nutzung des ÖV in Basel. Und ESC-Ticketinhaber reisen innerhalb der lokalen Verkehrsnetze kostenlos.»
Auch die Koordination aller Beteiligten mit der Kantonspolizei Basel-Stadt und der Polizei Basel-Landschaft war relevant. Sicherheit geht immer vor. «Für die verschiedenen Veranstaltungsorte wurden spezifische Sicherheitskonzepte entwickelt», sagt Dominic Stöcklin. «Ziel war eine sorgfältige, vorausschauende Planung, die einen sicheren und unbeschwerten Anlass für alle Beteiligten gewährleistet.» Von rund 8 Millionen Franken spricht hier die Sicherheitsdirektorin Stephanie Eymann. Sie sagte dazu in einem Interview mit dem SRF: «Rund 1300 Polizisten und Polizistinnen sollen im Einsatz stehen. Gut die Hälfte von ihnen wird von anderen Kantonen gestellt. Dazu kommen rund 40 ABC-Soldaten, die Spezialwissen über Gas-, Gift- oder Strahlenbelastung mitbringen.»
Nachhaltige Auswirkungen
Die umfangreichen Vorbereitungen und detailliert geplanten Massnahmen zeigen, dass auch eine eher kleinere Stadt wie Basel mit einem Event in diesem Ausmass umzugehen weiss. Und dass Gastfreundschaft immer noch die wichtigste Option ist, wenn Menschen unterschiedlichster Nationen und Kulturen zusammenkommen. Die erfolgreiche Durchführung des ESC unterstreicht die Fähigkeit der Schweiz, globale Veranstaltungen zu beherbergen und gleichzeitig lokale Werte und Traditionen zu fördern. Dieses Gemeinschaftsgefühl und die Gastfreundschaft sind die Schlüssel, die Menschen unterschiedlichster Herkunft zusammenbringen und Basel sowie das ganze Land als gastfreundliche und lebendige Gastgeber auszeichnen.