Gesetzliche Regulierungen bilden gemäss NZZ-KMU-Barometer die grösste Herausforderung für Firmen in der Schweiz. Auch Firmen aus der Zentralschweiz nennen «Regulierung und Bürokratie» als grösste Sorge, mit 54 Prozent der Nennungen weit vor «Absatzschwierigkeiten im Inland oder im Ausland» und auch vor «Fachkräftemangel». Die Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz (IHZ) hat reagiert: Mit dem Onlinetool «Bürokrat-o-mat» können Firmen bürokratische Hürden und einschränkende Gesetze aus dem Arbeitsalltag melden. Das Tool funktioniert einfacher als viele E-Commerce-Einkäufe: zuerst die Hürde beschreiben, dann die zu ändernden Gesetze oder Regulierungen angeben, einen Lösungsvorschlag erfassen und (optional) Kontaktdaten für allfällige Rückfragen angeben.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Kosten werden im Prozess ignoriert

«Wir wissen, dass Bürokratie die Zentralschweizer Unternehmerinnen und Unternehmer stark beschäftigt», erklärt Yves Spühler, Leiter Wirtschaftspolitik und Ökonomie bei der IHZ. Er sieht, was die Firmen in den «Bürokrat-o-mat» eingeben. Auch der Bundesrat weiss, dass die Regulierungslast wächst – und möchte mit einem Bürokratieabbau gegensteuern. «Wir möchten den Bundesrat und die Verwaltung dabei unterstützen», sagt Spühler. «Wir wollten ein niederschwelliges Tool erschaffen, damit alle Personen – unabhängig von ihrer Position im Unternehmen – unnötige bürokratische Hürden in ihrem Arbeitsalltag melden können. Die Herausforderung bei der Bürokratie ist, dass die Regeln grundsätzlich gut gemeint sind», führt Spühler weiter aus. «Die Kosten dafür werden im politischen Prozess aber ignoriert oder unterschätzt.» Die Umsetzung von Regulierungen führe dazu, dass nur noch hoch spezialisierte juristische Abteilungen mit bestausgebildeten Staatsangestellten über die Sache diskutieren könnten. «Produkte werden dadurch nicht besser, aber teurer», konstatiert Spühler. «Zudem führt Überregulierung zu Markteintrittshürden und verhindert so Innovation.»

Auch wenn viel darüber gesprochen und geschrieben wird, ist es offenbar nicht einfach, Regulierung konkret zu fassen. «Wirtschaftsverbände und die Verwaltung, teilweise auch Geschäftsleitungen, erkennen die Kosten der Bürokratie lediglich auf aggregierter Ebene», sagt Spühler. «Wir sind deshalb auf Mitarbeitende von Zentralschweizer Firmen an der Front angewiesen, die tagtäglich mit diesen Hürden zu kämpfen haben – und sich teilweise nicht bewusst sind, dass wir diese auf politischem Weg abbauen können.» Die Idee des «Bürokrat-o-mat» war bei einem Gespräch innerhalb der IHZ-Geschäftsstelle aufgekommen. «Wir haben diese Idee in kurzer Zeit pragmatisch konkretisiert, und mit sehr geringem Aufwand konnten wir mit dem ‹Bürokrat-o-mat› innert weniger Tage online gehen.» Das Onlinetool scheint einen guten «Produkt-Markt-Fit» aufzuweisen, wie man das in der Innovationssprache bezeichnen würde. «Von dem Dutzend Meldungen in den ersten Tagen waren wir sehr positiv überrascht», schildert Spühler die ersten Erfahrungen. «Wir müssen die Angestellten von Zentral-schweizer Firmen an der Front sowie die Geschäftsführenden dafür sensibilisieren, uns die Hürden zu melden. Das heisst, sobald sie sich über eine Hürde aufregen, sollten sie sofort an den ‹Bürokrat-o-mat› denken und die Hürde dort erfassen.» In den ersten Meldungen kritisierten Vertreter aus den unterschiedlichsten Branchen die Stellenmeldepflicht und die fünftägige Wartefrist bei der Besetzung von Stellen. Weitere Meldungen aus der Wirtschaft betreffen die Berichterstattungspflichten und Anforderungen im Lebensmittelbereich.

«Wir prüfen die Eingabe und kommen mit allfälligen Rückfragen auf die meldende Person zu», erklärt Spühler. Die IHZ nutzt anschliessend ihre Kanäle, um die bürokratische Hürde in der Diskussion aus dem Weg zu schaffen, beispielsweise direkt über die relevanten Stellen in der Verwaltung oder auf dem politischen Weg. Dass den Unternehmen der «Stoff» für die Nutzung des «Bürokrat-o-mat» ausgehen wird, ist wohl nicht zu befürchten. Erlasse auf Bundesebene sind ein guter Indikator für die Regulierungsaktivitäten respektive für eine steigende Regulierungsdichte. Laut Forschern der Universitäten Freiburg und Luzern wurden 1970 lediglich knapp hundert Erlasse pro Jahr geändert. Im Jahr 2020 waren es in der Schweiz bereits über achthundert Erlasse.

So funktioniert der «Bürokrat-o-mat»

  • Hürde beschreiben
  • Zu ändernde Gesetze oder Regulierungen angeben (falls möglich)
  • Lösungsvorschlag erfassen (falls vorhanden)
  • Kontaktdaten für allfällige Rückfragen angeben (optional)

Weitere Infos