Welche Nachhaltigkeitsziele setzt sich Ihr Unternehmen?

Tobias Pogorevc: Die europäische Luftfahrt hat sich bis 2050 die Klimaneutralität zum Ziel gesetzt – da bildet Helvetic Airways keine Ausnahme. Durch die komplette Flottenerneuerung haben wir in den vergangenen zwei Jahren bereits einen grossen Schritt in die richtige Richtung gemacht und unseren ökologischen Fussabdruck innert 24 Monaten pro Sitzplatz um bis zu 30 Prozent verkleinert. Heute betreibt Helvetic Airways die jüngste Flotte in der Schweiz und die drittjüngste in Europa. Diesen eingeschlagenen Weg werden wir in Zukunft rigoros weiterverfolgen.

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Welches sind dabei die grössten Herausforderungen?

Das Erreichen der ambitionierten Klimaziele ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Zuoberst steht eine moderne Flotte. Helvetic Airways hat diesen Schritt bereits getan, doch gerade in schwierigen Zeiten wie heute fehlen vielen Fluggesellschaften dafür die finanziellen Mittel. Zweitens braucht es Entwicklungen im Bereich Treibstoff und Antrieb. Hier ist die Forschung gefragt, um die Entwicklung alternativer Treibstoffe in ausreichender Menge sowie Triebwerke mit Antrieb auf Basis von Strom oder Wasserstoff voranzutreiben. Drittens ist die Politik gefragt. Durch eine Vereinfachung des europäischen Luftraumes durch den «Single European Sky» könnten Airlines aufgrund von Flugroutenoptimierung zusätzlich rund 10 Prozent CO2 einsparen. Eine der grossen Herausforderungen, ist am Ende der Ticketpreis. Die neuen Treibstoffe und Technologien sind kostspielig und werden eine Erhöhung der Ticketpreise mit sich ziehen. 

Wo besteht noch Handlungsbedarf?

Unmittelbar könnte der Single European Sky realisiert werden. Da sieht man aber, wie schwierig Klimapolitik ist, wenn Partikularinteressen der einzelnen Länder –  beispielsweise was Arbeitsplätze betrifft – berücksichtigt werden müssen.

Mittelfristig steht auch bei Helvetic Airways der Einsatz von «Sustainable Aviation Fuel» (SAF) auf dem Plan. Bis es soweit ist und diese Ersatztreibstoffe bezahlbar und in ausreichender Menge vorhanden sind, dauert es jedoch noch einige Jahre – wenn nicht Jahrzehnte.

Zur Person

Name: Tobias Pogorevc
Funktion/Position: CEO Helvetic Airways
Geburtsdatum: 4.4.1970
Wohnort: Richterswil
Familie: Verheiratet und Vater zweier Teenager
Ausbildung: Kantonsschule Obwalden: Matura Typus B 
Universität St. Gallen: Abschluss als lic.oec HSG 
Schweizerische Treuhandkammer: Dipl. Wirtschaftsprüfer
Vor Helvetic Airways war Tobias Pogorevc in der Beratung (pwc) und verschiedenen Industrieunternehmen (Huber+Suhner, Syngenta, Simultan) in den Bereichen Audit, Accounting, Controlling, Corporate Finance und Taxes tätig.

Das Unternehmen: Die Schweizer Regionalfluggesellschaft Helvetic Airways bietet von ihren Schweizer Flughäfen aus verschiedene Kurz- und Mittelstreckenverbindungen an. Der Carrier setzt seine Maschinen des Typs Embraer E190-E2 und E195-E2 für Linien-, Charter und Wet-Lease-Flüge ein. Im Sommer 2022 sind im Rahmen eines langfristigen Wet-Lease-Vertrags mindestens sechs Embraer E190-E2 bzw. E195-E2 von Helvetic Airways für Swiss International Air Lines im Einsatz. 


 

Beschäftigen Sie einen Chief Sustainability Officer oder soll dieses Mandat geschaffen werden? 

Nein, eine solche Position ist nicht vorgesehen. Nachhaltigkeit ist als Unternehmensphilosophie zwar nicht zwingend Chefsache, sie muss aber vorgelebt und schliesslich von jedem Einzelnen gelebt werden – Ökologie betrifft uns alle. Als Unternehmen haben wir in den vergangenen zwei Jahren die gesamte Flotte erneuert. Zudem haben wir das Bordprodukt weitgehend überarbeitet: Recyclebare Papp- statt Plastikbecher für die Softgetränke, Besteck aus Bambus – wobei es die Löffel nur auf Rückfrage gibt – und durchsichtige Verpackungsdeckel aus Milchserum statt Plastik. Helvetic Airways nahm zum Beispiel bereits vor Jahren mit der Einführung des Tablets im Cockpit und den Verzicht ausgedruckter Flugunterlagen eine Vorreiterrolle in der Schweizer Aviatik ein. Darauf bauen wir kontinuierlich auf und ermutigen unsere Mitarbeitenden, am Arbeitsplatz – sowohl in der Luft als auch am Boden – einen schonenden Umgang mit Ressourcen zu pflegen.

Wie beeinflussen die aktuellen Geschehnisse die nachhaltige Entwicklung Ihres Unternehmens?

Der Ukraine-Krieg und die damit verbundenen Schicksale sind schrecklich, haben auf uns als Regionalairline aber hinsichtlich Ökologie keine unmittelbaren Auswirkungen. Unsere Routen führen nicht über russisches oder ukrainisches Staatsgebiet, welches derzeit nicht überflogen werden darf.

Welchen Beitrag leisten Sie als Privatperson zur Nachhaltigkeit?

Am Familientisch zu Hause wird oft über Nachhaltigkeit und Klimaschutz diskutiert. Es ist mir wichtig, meine Teenager diesbezüglich zu sensibilisieren und ihnen aufzuzeigen, wo man mit vermeintlich kleinen Massnahmen einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten kann: generell weniger Konsum, kein Fast Food mit viel Plastikverpackung über den Mittag, sondern Lunch in Tupperware, und so weiter. Eigenverantwortung und eigenes Handeln sind meines Erachtens zielführender als das generelle Einfordern von Massnahmen und Verboten mit Klimastreiks. Persönlich versuche ich auch im Kleinen nachhaltig zu leben. Das beinhaltet unter anderem bewussten Fleischkonsum und den sparsamen Umgang mit Energie. Zudem evaluieren wir zu Hause im Moment den Einsatz von Solarpanels.

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