Keine Branche, die nicht von Künstlicher Intelligenz (KI) betroffen ist. KI verändert alle Unternehmen und ist eine Top-Investitionspriorität – trotz grosser Herausforderungen bei der Einführung. Man denke etwa an die Implementierung einer angemessenen Governance, die Identifizierung der richtigen Technologie und deren Integration in bestehende Systeme oder an die Bewältigung von Cybersicherheits- und Datenschutz-Risiken.

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Unternehmen haben bereits damit begonnen, KI in ihrer internen Kontrollumgebung zu nutzen, um etwa sich wiederholende Aufgaben wie den Kontenabgleich zu automatisieren oder Muster in den Finanzdaten zu erkennen. In der Finanzplanung nutzt das Management KI, um Modelle zur Erkennung von zukünftigen Trends zu entwickeln und Geschäftsprognosen abzuleiten. Diese Entwicklung wird sich mit zunehmender Reife der Technologie noch verstärken.

Die Autorin

Evgenia Lopushanskaya, Expertin für Audit Innovation, KPMG

KI kann aber nicht nur das Controlling und die Finanzplanung vereinfachen, sondern je nach Geschäftsmodell und Nutzung von KI auch direkte Auswirkungen auf den Jahresabschluss haben. Im Bereich der Life Sciences beispielsweise nutzen Unternehmen KI in ihren F&E-Aktivitäten, um die Forschungsphase zu beschleunigen und effizienter zu gestalten. In diesen Fällen steht die KI in direktem Zusammenhang mit der Bewertung eines immateriellen Vermögenswerts im Jahresabschluss.

 

Den KI-Einsatz verstehen

Da Unternehmen vermehrt KI einsetzen, ist zu erwarten, dass die Jahresabschlüsse zunehmend von den Ergebnissen verschiedener KI-Modelle abhängen. Um die zu prüfenden Unternehmen, deren Umfeld und Geschäftsprozesse einschliesslich der IT und der internen Kontrollsysteme zu verstehen, müssen die Wirtschaftsprüferinnen daher feststellen, wo die Unternehmen KI bei der Erstellung von Finanzzahlen einsetzen. Zudem müssen sie die Risiken bezüglich Transparenz, Sicherheit und Nachvollziehbarkeit der verwendeten Modelle verstehen und bewerten. Dies erfordert nicht nur ein genaues Auge und fachliches Urteilsvermögen seitens der Prüfer, sondern auch IT- und Datenspezialistinnen, die bei der Überprüfung der Modelle helfen. Basierend auf den ermittelten Risiken entwickeln Wirtschaftsprüfer einen Prüfansatz, welcher die Risiken entsprechend adressiert.

KI hat einen grossen Einfluss auf die Tätigkeiten der Wirtschaftsprüferin und damit auch auf die erforderlichen Fähigkeiten. Neben fundierten Fachkenntnissen werden ein analytisches und kritisches Denkvermögen, eine hohe Problemlösungskompetenz und ein gutes Datenverständnis die grundlegenden Qualifikationen bleiben. Da aber Wirtschaftsprüfer einerseits immer weniger manuelle und routinemässige Arbeiten ausführen und andererseits die Prüfung von Bilanzen und die Erstellung von Jahresabschlüssen zusehends komplexer und integrierter werden, sind neue Kompetenzen gefragt. Immer wichtiger werden konzeptionelle und kreative Fähigkeiten, um Wege zur weiteren Nutzung von KI bei der Durchführung alltäglicher Tätigkeiten zu finden.

Prüferinnen werden Fähigkeiten benötigen, die es ihnen ermöglichen, Technologie und deren Ökosystem besser zu verstehen, einschliesslich der Risiken, die Technologie für den Jahresabschluss mit sich bringt. Mit der zunehmenden Anwendung von GenAI gewinnt zudem die Fähigkeit an Bedeutung, die richtigen Fragen zu stellen («Promt Engineering»). Auf welche Frage wollen wir eine Antwort finden und wie lässt sich die Frage so stellen, dass die Antwort möglichst hilfreich ist? Und wie lässt sich der Nutzen von KI als virtuelle Assistentin maximieren? Die neuen Möglichkeiten setzen somit nicht nur ein gutes Verständnis von Technologie voraus, sondern auch eine grosse Portion Neugier und Flexibilität. Die neuen Anforderungen werden den Beruf des Wirtschaftsprüfers auf jeden Fall vielseitiger, aber auch anspruchsvoller machen.

 

Integrität der Berichterstattung wahren

Der Einfluss von KI auf die Wirtschaftsprüfung stellt sowohl eine Herausforderung als auch eine Chance für den Berufsstand dar. Wirtschaftsprüferinnen müssen sich auf diese Entwicklungen einstellen, indem sie neue Technologien anwenden und neue Fähigkeiten erwerben. Dieser Weg ist entscheidend, um sicherzustellen, dass Wirtschaftsprüfer auch im KI-Zeitalter die Integrität der Finanzberichterstattung aufrechterhalten. In dem Masse, in dem sich der Berufsstand weiterentwickelt, leistet er auch einen Beitrag zur Transparenz und zum Vertrauen, die die Grundlage der Finanzmärkte bilden.