Holz überzeuge mit einer Reihe überragender Eigenschaften, meint der Branchenverband Holzbau Schweiz. «Zahlreiche Forschungs- und Pilotprojekte beweisen: Holz ist voller Innovationskraft.» Biobasierte Baumaterialien wie Holz seien die Produkte von morgen und Teil des Weges der Schweiz Richtung Klimaneutralität.

Experten aus Hochschulen und der Praxis bestätigen das. Alle drei Sekunden wächst in den schweizerischen Wäldern ein Kubikmeter Holz nach. «Wenn man für ein Einfamilienhaus 35 Kubikmeter Holzbedarf ansetzt, braucht es 1 Minute und 45 Sekunden, bis dieses Holz in den Wäldern nachgewachsen ist», sagt Plácido Pérez, Bauingenieur aus Bonaduz GR und Studienleiter Bauingenieurwesen an der Fachhochschule Graubünden in Chur. Für die 3,9 Millionen Privathaushalte in der Schweiz würde es bei einer einfachen Überschlagsrechnung weniger als fünf Jahre dauern, bis der Holzbestand nachgewachsen ist. Gemäss einer Studie der Berner Fachhochschule ist der Holzeinsatz im Bauwesen in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. «Wir haben einen Boom beim Holzbau», bestätigt Marlene Gujan, Architektin in Igis bei Landquart GR und Dozentin an der Fachhochschule Graubünden.

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«Es ist eine nachwachsende Ressource, wir haben viel davon hier im Bündnerland, wir können es da verbauen, wo das Holz wächst, und Holz ist ein nachhaltiges Baumaterial, auch weil sich hier der Transportaufwand stark reduzieren lässt.» Man macht derzeit möglichst viel mit Holz, «oft wird jetzt gross angerichtet, oft jedoch mit verleimtem Holz», sagt Gujan. Und das habe mit Nachhaltigkeit viel weniger zu tun. 

 

Nachhaltigkeit bei der Planung

Wer mit Holz nachhaltig baut, müsse weiter vorausplanen. «Die Förster holen dann die erforderlichen Stämme, die weiterverwendet werden», beschreibt Gujan diesen Vorgang. Die Nachhaltigkeit beschränkt sich nicht auf das Material selber. «Die Holzgewinnung und Verarbeitung in den Tälern ist auch eine Art soziales Engagement – die kleinen Sägereien bleiben erhalten», sagt Gujan. «Die enge Zusammenarbeit mit diesen sowie mit den Unternehmern ist sehr unterschiedlich – teilweise sehr traditionell, teilweise hochmodern.» Immer mehr Sägereien und Unternehmer stellen auf moderne computergesteuerte CNC-Maschinen um. Ein solcher Unternehmer ist Michael Schär. Er ist Geschäftsführer von Schaerholzbau mit Sitz in Altbüron LU. «Wir möchten nicht möglichst viel Holz für ein bestimmtes Haus verwenden, sondern mit so wenig wie möglich auskommen, um die CO₂-Bilanz zu optimieren», beschreibt er das Vorgehen in diesem Familienbetrieb, der in fünfter Generation geführt wird. Die Firma erstellt Holzbauten vom kleinen Anbau bis hin zu Mehrfamilienhäusern mit achtzig Wohnungen. Bei Schaerholzbau arbeitet man zudem mit den Hololens-Datenbrillen von Microsoft, die den Zusammenbau von Elementen erleichtern: «Unsere Handwerker haben hierbei 3D-Modelle, die via Hologramm eins zu eins in die Realität projiziert werden», beschreibt Schär die Nutzung. «Diese lässt sich über Sprache und Gesten steuern – und die Handwerker haben zwei freie Hände.» Das wirkt sich vor allem zeitlich positiv aus.

Innerhalb einer Minute und 45 Sekunden wächst das Holz für ein Einfamilienhaus nach.

Lehm und Stroh als Ergänzung

Und die Entwicklung geht weiter. Laut Robert Mair, Dozent für Architektur an der Universität Liechtenstein und an der Fachhochschule Graubünden, gibt es drei Richtungen: Zunächst ist das Potenzial des Laubholzes aus den schweizerischen Wäldern nicht ausgeschöpft. «In der Schweiz gibt es viele Buchenwälder, dieses Holz eignet sich sehr gut für Fachwerke und für die Stelzen in Hochhäusern aus Holz», so Mair. Zudem gibt es viel Potenzial für die Verwendung von Lehm in Kombination mit Holz. Beim Projekt Hortus in Allschwil BL, das von den Architekten Herzog & de Meuron entworfen worden war, wird unter anderem Lehm genutzt. «Damit lässt sich auch das Problem mit dem Abraummaterial, das beim Aushub von Fundamenten und von Tiefgaragen anfällt, lösen», so Mair.

Mit Stroh gibt es zudem ein weiteres Material, das sich für Dämmplatten eignet. «Innovationen sehen wir bei der Kombination von Materialien, die man unter logischen Gesichtspunkten nicht kombinieren würde», sagt Mair weiter.

Weitergedacht führt das in Richtung Lowtech. «Hier lässt man nicht bestimmte Sachen weg, sondern vereinfacht viele Dinge, weil die Baustoffe das schon selber leisten», beschreibt Mair diesen Ansatz. Kombinierte Holz- und Lehmbauten würden dann das Raumklima so angenehm konstant halten, dass man keine aufwendige zusätzliche Steuerung mehr benötige.