Nicht immer liegt das politische Zentrum der USA in Washington. Häufig werden die entscheidenden Gesetze anderswo geschrieben, in Kalifornien beispielsweise. Wenn der bevölkerungsreichste Bundesstaat Ford, Tesla oder General Motors Vorschriften macht, setzen es die Konzerne landesweit um. Autos nur für Kalifornien zu bauen, ergibt keinen Sinn.

Genauso wenig ergibt es Sinn, dass Autokonzerne Modelle extra für die Schweiz entwickeln. Das EU-Parlament will nun neue Autos mit Verbrennungsmotor ab 2035 verbieten. Wenn die EU das Gesetz tatsächlich in dieser Form beschliesst, werden «Benziner» dann auch hierzulande zum Auslaufmodell. 

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E-Autos erreichen einen Marktanteil von 14 Prozent

Natürlich: Die Elektrifizierung ist in der Autowirtschaft sowieso voll im Gang, alle wesentlichen Hersteller haben ihre Modellpalette auf E-Autos umgestellt. Doch die Schweizer Politik verzichtet bei der Umstellung auf Stromfahrzeuge bislang auf Verbote und blickt auch nicht so weit in die Zukunft. 2035 sollten E-Autos und Hybridmodelle 50 Prozent Marktanteil erreichen.

Das ist das Ziel, auf das sich Bundesrat und die Akteure in der Autowirtschaft im Frühling geeinigt haben. Aktuell entscheidet sich erst etwas mehr als jede achte Autokäuferin, jeder achte Autokäufer für ein reines Elektroauto (Stand Mai). 

Das Zeitalter des Verbrennungsmotors ist in der Schweiz also noch nicht vorbei, auch wenn das Ende absehbar ist. Durch ein Verbot der EU würde das Ende etwas näherrücken. 

Die Grüne Partei will Benziner schon ab 2025 verbieten

Der Ruf nach einem Verbot von neuen Benzinautos auch in der Schweiz steht schon lange im Raum. Vor zwei Jahren formulierte die Grüne Partei die Forderung, sie schon ab 2025 zu verbieten.

Damals sympathisierte Jürg Grossen mit der Idee. Heute hat der Präsident der Grünliberalen Partei, der den Verband der Elektromobilität, Swiss Emobility, präsidiert, seine Position geändert.  

Er findet es unnötig, dass die Schweiz ein Verbot übernimmt. «Den Energieverlust, welchen eine solche Diskussion verursachen würde, können wir uns sparen. Elektroautos werden sich so oder so durchsetzen.» Vor zwei Jahren habe sich die Entwicklung noch nicht abgezeichnet. «Eine solche Ankündigung war aus damaliger Sicht sinnvoll gewesen. Neue Technologien brauchen manchmal Anschubhilfe. Doch die Automobilwirtschaft hat sich in den letzten zwei Jahren fundamental gewandelt, die Fakten sind geschaffen.»

«Der Entscheid des EU-Parlaments ist gut»

Bereits 2030 werden Elektroautos in der EU einen Marktanteil von 70 Prozent erreichen, schätzt Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des CAR – Center Automotive Research in Duisburg. «Die grossen Autohersteller werden die Vorgabe 2035 problemlos einhalten können. Einige werden das Ziel bereits früher erreichen.» Dennoch lobt der Autoexperte den Plan. «Der Entscheid des EU-Parlaments ist gut, denn er schafft zusätzliche Investitionssicherheit. Er dürfte von der EU in dieser Form übernommen werden.» 

Dudenhöffer fände es schön, wenn die Schweiz sich «solidarisch» erklären würde. «Wenn die Schweiz sich nicht dem Verbot anschliesst, ist das aber auch kein Problem. Wer einen neuen Porsche oder einen neuen Mercedes fahren will, wird sich ohnehin für ein Elektroauto entscheiden müssen», sagt der Automobilexperte. In den Verbrennungsmotor flössen keine Investitionen mehr. «Im Jahr 2035 werden nur noch sehr einfache Fahrzeuge als Verbrenner erhältlich sein, eine Art Dacia.» 

Die Autoimporteure wollen keine Technikverbote

Der Branchenverband der Autowirtschaft, Auto-Schweiz, hätte keine Freude an einer Vorgabe aus Brüssel und Strassburg. «Wir würden es akzeptieren. Aber grundsätzlich lehnen wir Technikverbote ab», sagt Verbandsdirektor Andreas Burgener. «Dampflokomotiven wurden ja auch nicht verboten. Am Schluss sollte der Kunde entscheiden, ob er ein Elektroauto will.»

Das EU-Gesetz würde auch mit synthetischen Treibstoffen gespeiste Modelle treffen – an diesem Zusatz stört sich Andreas Burgener besonders. «Autos mit Verbrennungsmotor sollten erhältlich bleiben, falls sie synthetische Treibstoffe verwenden. Wieso stellt die Politik nicht zuerst den Wechsel auf ein nachhaltiges Energiesystem sicher und in einem zweiten Schritt die Umstellung auf CO2-arme Fahrzeugantriebe?»

«Synthetische Treibstoffe nicht vom Verbot auszunehmen, finde ich sinnvoll», sagt hingegen Autoexperte Dudenhöffer. «Wenn man technologieoffen entscheidet, verliert man viel Zeit.»

 Bochum, Deutschland, 12.02.2020: Ferdinand Dudenhöffer beim Car Symposium. *** Bochum, Germany, 12 02 2020 Ferdinand Dudenhöffer at the Car Symposium

Ferdinand Dudenhöffer: Der Autoexperte leitet das Institut CAR – Center Automotive Research in Duisburg.

Quelle: imago images/Jürgen Schwarz