Unternehmen stolpern mit offenen Augen in die KI-Falle. Die Verlockung ist gross: Künstliche Intelligenz verspricht schnelle Innovationsschübe. Falsch eingesetzt, geht das aber nach hinten los. Wer KI als Marketingtrick oder als Blendgranate für Shareholders einsetzt, schadet sich finanziell, reputativ und strategisch.

Der Kernfehler vieler Unternehmen liegt dabei im Ansatz. Sie starten mit der Technologie statt mit dem Problem. Die Frage lautet nicht mehr: Welches Problem möchten wir lösen, und wie kommen wir dahin? Sondern: Wie bekommen wir KI da hinein?

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Selbstverständlich kann KI Prozesse verbessern, aber nur, wenn sie dort eingesetzt wird, wo sie echten Mehrwert generiert. Ein einfacher Test offenbart das: Ein Teammitglied löst eine Aufgabe mit KI, ein anderes ohne sie. Am Ende wird abgerechnet, wer das vorgegebene Ziel besser erreicht hat. So ergibt sich eine Schnittmenge – genau hier ist das Werkzeug KI sinnvoll eingesetzt.

Finger weg von «AI first»

Wie man es nicht machen sollte, zeigt das Beispiel Duolingo. Die Sprachlern-App – mitgegründet vom reichsten Schweizer Jungunternehmer Severin Hacker – kündigte im April eine «AI first»-Strategie an, KI zuerst. CEO Luis von Ahn übergab Aufgaben an künstliche Intelligenz und ersetzte so externe Mitarbeitende. Die Teams dürfen erst neues Personal einstellen, wenn das KI-Potenzial ausgeschöpft ist.

Das Netz reagierte heftig. Nutzerinnen und Nutzer kündigten ihr Abonnement, Boykottaufrufe machten die Runde. Das schlug sich in den Zahlen nieder. Zwar wuchs die Nutzerzahl weiter, doch das Unternehmen blieb hinter seinen Erwartungen zurück. Die Aktie erholt sich seitdem nur schleppend – trotz solider Quartalszahlen. Von Ahn zeigte sich überrascht vom Backlash. Das ist naiv.

<p>Die grüne Eule leistete sich im April einen Fauxpas.</p>

Die grüne Eule leistete sich im April einen Fauxpas.

Quelle: Dukas

«AI first» bedeutet, der Mensch kommt an zweiter Stelle. So wird es zumindest wahrgenommen. Soziale Medien sind für viele die häufigsten Berührungspunkte mit KI – und genau dort erleben sie KI als Flut aus synthetischem Müll.

Statt zu sehen, was alte Schulfreundinnen treiben oder welches Restaurant der Onkel ausprobiert hat, sehen sie sinnfreie Videos von Menschen, die sich in Gemüse verwandeln, erfundene Katzendramen und Fake-Schlagzeilen. Sprich: Sie erleben KI selten als eine Verbesserung.

KI in seinem Geschäftsbericht zu erwähnen, reicht nicht. Denn KI ersetzt keine fehlende Strategie, sie ist Mittel zum Zweck. Aber eben kein Selbstzweck. Und das scheint bei Firmen im KI-Hype vergessen zu gehen.