Im Westen ist JD.com kaum bekannt, dabei spielt der chinesische E-Commerce-Konzern in einer ähnlichen Liga wie Amazon – 92 Milliarden Dollar ist die Plattform an der Börse derzeit wert. Es ist ein Shopping-Imperium im Internet, und geschaffen hat es Richard Liu. 2004 hatte er die Plattform in Peking gestartet. Bis vor kurzem war der Milliardär als CEO und Präsident auch das Aushängeschild des Tech-Giganten, doch nun sucht Liu eine etwas diskretere Rolle: Er übergibt den CEO-Posten an Lei Xu, der seit einiger Zeit auch das Präsidium innehat.

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Richard Liu ist mit seinem Rückzug aus dem Scheinwerferlicht nicht alleine. Chinas prominente Tech-Unternehmer scheuen neuerdings die Öffentlichkeit: Zhang Yiming, Chef des Tiktok-Konzerns Bytedance, Kuaishou-Technology-Gründer Su Hua und Colin Huang, Schöpfer des E-Commerce-Neulings Pinduoduo – alle sind sie von Führungsrollen zurückgetreten. Und auch Chinas vormaliger Tech-Star, Alibaba-Gründer Jack Ma, ist fast aus der Öffentlichkeit verschwunden.

Politischer Gegenwind für die Tech-Giganten

Der Grund der neuen Zurückhaltung ist in Peking zu suchen: Die Tech-Giganten sind politisch unter Druck, zu mächtig sind sie der Regierung geworden. Peking versucht ziemlich offensichtlich, den Tech-Giganten Schranken zu setzen. Auch das mysteriöse Verschwinden von Jack Ma ist in diesem Zusammenhang zu sehen. Monatelang liess Ma öffentlich nichts mehr von sich hören – warum, ist nicht bekannt.

JD war einer der wenigen unter den Internet-Titanen, die bislang von Pekings Kampagne zur Eindämmung von Big Tech verschont blieben. JD hatte sogar von den Problemen der Konkurrenten profitiert. Es konnte Marken wie Starbucks und Estée Lauder für seine Plattformen gewinnen, auf Kosten von Alibaba. Die chinesischen Kartellbehörden hatten Alibaba wegen Wettbewerbsverstössen zu einer Geldstrafe verurteilt und dazu gezwungen, auch anderen Konzernen eine Zusammenarbeit mit den westlichen Brands zu ermöglichen.

Vom allgemeinen Börsen-Ausverkauf und dem wirtschaftlichen Abschwung blieb JD hingegen nicht verschont. Seit dem Höchststand vor einem Jahr ist der Börsenwert von JD um fast 45 Prozent auf etwa 92 Milliarden Dollar gesunken.

JD-Gründer Richard Liu wird sich weiterhin um die langfristigen Strategien des Unternehmens kümmern und gleichzeitig das jüngere Management unterstützen, so JD in einer Erklärung. Er wolle auch «zur Wiederbelebung des ländlichen Chinas» beitragen. So lautet eine der politischen Prioritäten von Chinas Machthaber Xi Jinping. Die Erklärung zeigt: JD-Gründer Richard Liu scheint sich darüber im Klaren zu sein, dass der Erfolg seines Konzerns künftig vom Wohlwollen der Regierung abhängen wird.

(mbü, Bloomberg)