In den nächsten fünf Jahren stehen rund 90’000 Unternehmen in der Schweiz zur Übergabe an. Jährlich stehen laut Bundesamt für Statistik 16’000 KMU vor Nachfolgeproblemen. Das, weil die Führungskraft die Nachfolge immer später angeht. Diese Zaghaftigkeit kann schwerwiegende Folgen für die Arbeitsplätze, den oder die Nachfolge oder die Geschäftspartner haben. Je später eine Übergabe stattfindet, desto mehr emotionale, finanzielle und Governance-Probleme entstehen.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Besonders wenn der Patron plötzlich verstirbt, kommen die Erben ins Strudeln. Zumeist bleibt ihnen nicht viel mehr übrig, als das Unternehmen für einen symbolischen Franken zu verkaufen. «Es kommt leider immer noch zu häufig vor, dass Eigentümer und Eigentümerinnen ihre Nachfolge nicht antizipieren», sagt Servais Micolot, Partner bei der französischen Investmentbank Gereje. Der Nationalrat nahm Ende September eine Vorlage des Bundesrates an, die die Vererbung eines Unternehmens in der Familie durch den geeignetsten Erben erleichtern sollte.

Wann sollte man also den Stab weitergeben? Wie kann man den Preis für sein Unternehmen festlegen oder mit Käufern in Kontakt treten? Welche Trends gibt es in einem manchmal sehr undurchsichtigen Markt und welche Schritte sollten Sie nicht verpassen? Hier sind zehn Punkte, die Sie beachten sollten.

1. Antizipation des Unternehmensverkaufs

Frühzeitige Planung eines Unternehmensverkaufs kann erhebliche Steuervorteile bringen. Claude Romy, Gründer von Dimension, einer Beratungsfirma für Unternehmensübertragungen, erklärt: «Es muss zwischen Management- und Kapitalübertragung unterschieden werden, das ermöglicht ein schrittweises Vorgehen.» Späte Entscheidungen können zu Fehleinschätzungen und unzuverlässigen Käufern führen.

2. Wahl der richtigen Ansprechpartner

Der Verkaufsprozess beginnt mit finanzieller Optimierung durch Banken oder Vorsorgespezialisten. Claude Romy empfiehlt, zuerst mit einem Treuhänder zu sprechen. Der Markt für Unternehmensübertragungen teilt sich in zwei Gruppen: in KMU mit einem Wert von über einer Million Franken und kleine Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern. Unabhängig von der Unternehmensgrösse ist die Wahl des richtigen Netzwerks und Expertenberatung entscheidend, um den Unternehmenswert richtig einzuschätzen und Verträge aufzusetzen. «Neben einem Steuerexperten sollten Sie auch schnell Anwälte konsultieren, denn wenn Sie zu lange warten, kann es zu Vertragsblockaden kommen», sagt Julie Gloor, Spezialistin für Nachfolgeplanung bei Raiffeisen Schweiz.

3. Öffentlichkeit des Verkaufsprozesses

Ein weiterer Tipp lautet: Offen über den Verkauf zu sprechen. Diskretion ist wichtig, aber zu viel Geheimhaltung kann hinderlich sein. Die Debatte bewegt die Fachwelt. Es ist schwer zu sagen, wo man den Cursor zwischen Diskretion und Transparenz setzen soll. «Diskretion ist von grösster Bedeutung, denn wenn eine Information durchsickert, kann die Konkurrenz diesen Verkaufsdrang ausnutzen, um Ihre Kunden oder Mitarbeiter abzuwerben», warnt Servais Micolot. Andererseits ermutigt der Partner der Investmentbank Gereje die Käuferinnen und Käufer, das Tabu zu brechen und direkten Kontakt mit Unternehmen aufzunehmen, die ein interessantes Verkaufspotenzial haben.

4. Beherrschung der Verkaufsschritte und Fristen

Der Verkaufsprozess kann variieren. Ist der Käufer oder die Käuferin bekannt, kann der Prozess innerhalb von fünfzehn Monaten abgewickelt sein – Optimisten rechnen auch mit sechs Monaten. Es kann aber auch bis zu zehn Jahre in Anspruch nehmen. Besonders Familiennachfolgen beanspruchen in der Schweiz im Durchschnitt 6,6 Jahre. Die frühzeitige Planung sollte folgende Schritte umfassen: Unternehmensdiagnose und Bewertung, Erstellung der Präsentationsmappe, Suche nach einem Käufer, Verhandlung und Unterzeichnung des Kaufvertrags.

5. Vorbereitung der richtigen Dokumente

Vertrauliche Dokumente wie Teaser und Memorandum sind entscheidend. «Es versteht sich von selbst, dass diese Informationen vertraulich weitergegeben werden», sagt Alexandre Gobelin, Gründer von Sell Side, einer Beratungsfirma, die sich auf Verkäufe zwischen 5 und 80 Millionen Franken spezialisiert hat. Gobelin betont die Wichtigkeit der Präsentationsmappe, denn so sieht der Käufer, dass es ernst ist. Im Gegenzug demonstriert der Käufer seine Kaufabsicht durch das Verfassen einer Absichtserklärung (LOI, den «letter of intent»). 

6. Den Preis festlegen

Es gibt mehrere Berechnungsmethoden. Bei der Vermögenswert-Berechnung, wird das Vermögen abzüglich der Schulden erfasst. Das Ertragswertverfahren konzentriert sich hingegen auf die zukünftigen Ertragsaussichten des Unternehmens. Die Praktikermethode ist eine Kombination der ersten beiden und ermöglicht die Angabe einer Preisspanne. Zuletzt kann man mit der Discounted-Cash-Flow-Methode den zukünftigen Ertragswert anhand des freien Cashflows nach Steuern berechnen. Diese Methode eignet sich für etablierte Unternehmen, die seit Jahren steigende Gewinne erzielen. Der Preis ist auch von der Art der Transaktion abhängig. Julie Gloor von Raiffeisen Schweiz weiss: «Bei Familienübernahmen ist der Preis in der Regel um 30 Prozent zu niedrig angesetzt, bei Management-Buy-Outs (MBOs) um 15 Prozent.»

Arten des Unternehmensverkaufs

  • Familiennachfolge: Das Unternehmen wird innerhalb der Familie weitergegeben.
  • Management-Buy-Out (MBO): Die operative Geschäftsleitung übernimmt das Unternehmen.
  • Management-Buy-In (MBI): Eine externe Drittpartei kauft sich in das Unternehmen ein, das können Privatpersonen sein, aber auch Private-Equity-Fonds. 

7. Angepasster Preis und Teilverkäufe

Je nach Situation ist es für Verkaufende ratsam, den Preis mit sogenannten «Bereinigungen» nach unten anzupassen. Die Technik des bereinigten Ebitda erleichtert es, einen Käufer zu finden, und verhindert, dass der Verkäufer einem steuerlichen Pendelschlag ausgesetzt wird. 

Auch Teilverkäufe können bei Wachstumszielen profitabel sein, da verbleibende Anteile an Wert gewinnen können. Manche Eigentümer verkaufen zu diesem Zweck die Mehrheit der Unternehmensanteile an eine starke Investorin und behalten nur einen kleinen Prozentsatz.

8. Berücksichtigung versteckter Kosten

Eine falsche Bewertung kann hohe versteckte Kosten verursachen. Provisionen und Gebühren variieren je nach Transaktionstyp und -grösse. Bei Familienübertragungen und MBOs sollten Sie mit einer Pauschale zwischen 15’000 und 25’000 Franken für eine einfache Transaktion rechnen, während komplexere Verkäufe schnell auf 50’000 Franken ansteigen können. Für eine Transaktion in Höhe von einigen Millionen, bei der ein Käufer gesucht werden muss, veranschlagen die kontaktierten Spezialisten die Provision zwischen 3 und 8 Prozent des Verkaufspreises. Der Prozentsatz sinkt bis auf 2 Prozent, wenn die Transaktion 10 Millionen übersteigt.

9. Vorbereitung auf das Closing

Nach Abschluss der Verhandlungen muss der Verkäufer zahlreiche Dokumente unterschreiben, einschliesslich des Kaufvertrags und der Passivgarantie. Die Passivgarantie regelt Fragen im Zusammenhang mit Ereignissen vor dem Verkauf, wie z. B. Steueranpassungen oder Rechtsstreitigkeiten. Preisanpassungsklauseln beschreiben die erforderlichen Maluszahlungen, wenn sich der Verkauf verzögert. Hat die Käuferin bezahlt, ist das Closing abgeschlossen.

10. Berücksichtigung des menschlichen Aspekts

Der menschliche Faktor ist entscheidend. Um einen reibungslosen Übergang anzustreben, behalten viele KMU den ehemaligen Eigentümer eine Zeit lang im Unternehmen, indem sie eine gemischte Geschäftsführung einrichten. Auch wenn die Idee gut ist, ist es dennoch empfehlenswert, dem ehemaligen Chef ein Austrittsdatum zu setzen, das nicht länger als ein Jahr dauert. So können sich Teams an die neue Führung gewöhnen.

Dieser Artikel erschien zuerst bei PME unter dem Titel 10 conseils pour vendre son entreprise.