Zwei Jahreslöhne als Trostpflaster - das ist im Schnitt etwa die Höhe der Entschädigungen, die Manager von einigen Schweizer Unternehmen bei einer Übernahme der Firma und gleichzeitigem Jobverlust kassieren würden. Eine Durchsicht der Jahresberichte der Swiss-Market-Index-Gesellschaften ergibt, dass Bâloise, Givaudan, Novartis, SGS, Swisscom und Unaxis solche Abfindungen vorgesehen haben. Bei mittelgrossen Firmen gäbe es etwa bei Berna Biotech, Sulzer und Saurer eine weiche Landung für die Bosse. Dabei gelten sehr unterschiedliche Regelungen: Während bei Saurer anderthalb Jahreslöhne für «einige Führungskräfte» ausbezahlt werden, kommen bei der Givaudan laut Jahresbericht sämtliche Konzernleitungsmitglieder und Verwaltungsräte in den Genuss von zwei Jahreslöhnen. Auf der Basis der letztjährigen Bezüge bekämen Henri B. Meier, Andres Leuenberger und Co. demnach fast 14 Mio Fr., CEO Jürg Witmer allein gegen 3 Mio Fr. Dem Management der Berna Biotech um CEO Kuno Sommer müssen bei einer Übernahme und nachfolgendem Rauswurf mindestens 14 Jahreslöhne ausbezahlt werden.

*Um sie behalten zu können*

Warum diese Abgangsentschädigungen? Für die Bâloise sind die so genannten Kontrollwechselklauseln «in bestimmten Situationen sinnvoll, wenn sie dazu dienen, qualifizierte Führungskräfte zu gewinnen oder zu halten», wie die Pressestelle erklärt. Ähnlich lässt sich die Swisscom verlautbaren, wo CEO Jens Alder bei einem Abgang 3 Mio Fr. kassieren würde. Die Klausel bietet «eine gewisse Sicherheit, das Kader behalten zu können», sagt Sprecher Sepp Huber. Beim halbstaatlichen Unternehmen tritt die Klausel nicht nur in Kraft, wenn dem Topmanagement nach einer Übernahme die Kündigung ins Haus flattert. Eine Entschädigung von zwei Jahreslöhnen wird auch dann garantiert, wenn ein neuer Verwaltungsratspräsident für die Kündigung besorgt ist. Bloss: Die Kontrollwechselklausel will bei der Swisscom nicht so recht einleuchten, da die Firma auf absehbare Zeit gar nicht angreifbar ist. Für ein Takeover bedarf es der Änderung des Telekommunikationsunternehmensgesetzes.

«Golden Parachutes», goldene Fallschirme, nennt man die Zückerchen in der Branche, mit denen unterlegene Manager sanft weggleiten. Seit Juli 2002 müssen Schweizer Unternehmen gemäss den Richtlinien zur Corporate Governance der SWX Swiss Exchange entsprechende Kontrollwechselklauseln ausweisen. Den in der Schweiz bislang bekanntesten Fall von Abfindungen gab es bei der Übernahme von Centerpulse 2003. Das Wort der Abzockermentalität machte die Runde, als Centerpulse-Chef Max Link und Kollegen mit Millionen abgefunden wurden.

*Giftpillen machten Sinn*

Folgt man den Erklärungen der Pressestellen, gelten die Abfindungen primär als finanzieller Anreiz für Kaderleute. Das war einmal anders. Für den emeritierten Rechnungslegungsexperten Prof. Max Boemle waren Abgangsentschädigungen ursprünglich eine «Poison Pill», also Abwehrmassnahmen gegen eine Übernahme von Konkurrenten. Das hat an Bedeutung verloren: «Das übernahmebereite Unternehmen muss die Abfindungen mitbezahlen. Allerdings, und das hat das Beispiel von Aventis gezeigt, werden heute derart hohe Übernahmesummen bezahlt, dass die Entschädigungen dagegen geradezu als Peanuts erscheinen.»

In der Tat dürften auch die Abgangsentschädigungen der Novartis keine übernahmehungrige Firma abschrecken. Rund 100 Mio Fr. lautet die Abgangsentschädigung von Novartis CEO und Verwaltungsratspräsident Daniel Vasella, falls der Pharmariese übernommen werden sollte und Vasella im neuen Konzern kein Plätzchen mehr fände. Vier hohe Geschäftsleitungsmitglieder würden mit zwei Jahreslöhnen vertröstet - zusätzlich zur «normalen vertraglichen Abfindung» von 36 Monaten kommt man für die vier Topverdiener auf eine Abgangssummevon etwa 165 Mio Fr. - und dies bei einem Novartis-Börsenwert von 160 Mrd Fr.

Braucht es für hochbezahlte Manager ein Millionen-Trostpflaster bei einer Wegspedierung? Viele frühere Firmenchefs von Lukas Mühlemann über Rolf Hüppi bis Eric Honegger sind heute nicht wieder aufgetaucht oder backen kleinere Brötchen. Nur: Wenn lediglich Novartis, Swisscom & Co. ihre Kontrollwechselvereinbarungen jetzt offen legen, heisst das noch nicht, dass andere Firmen ihren Chefs nicht auch Fallschirme garantieren. Boemle verweist auf das Vehikel der patronalen Stiftungen, über welche sich Abfindungen abwickeln lassen und nicht unter die Rechnungslegung fallen.

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Daniel Hügli
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