Es sind bisher ziemlich gute Zeiten für Airlines gewesen: Die Konjunktur läuft und die Kunden reisen gern und oft – privat wie beruflich. Derweil schreitet die Konsolidierung in der Branche voran. Zuletzt mussten Anbieter wie Air Berlin und die britische Monarch aus der Branche ausscheiden. Die Folge: Auch hierzulande hat sich das Geschäftsumfeld der Fluggesellschaften verändert.

Es sind keine radikalen Umbrüche, was die Verhältnisse angeht, doch es ist viel Bewegung im Markt. Motto: Der Kuchen wird neu verteilt. Die begehrten Start- und Landerechte, die nach der Air-Berlin-Pleite verfügbar wurden, finden neue Besitzer. Die Airline-Chefs haben ihre «Chancen im Markt genutzt», wie sie sagen.

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Wer profitiert also? Und wer greift an? Wer muss Federn lassen in diesen Zeiten? Und was heisst das alles am Ende für die Ticketpreise?

Lufthansa-Gruppe profitiert

«Die Lufthansa-Gruppe inklusive Swiss ist gestärkt aus der jüngsten Konsolidierung hervorgegangen», sagt Aviatik-Experte Thomas Jaeger von der Beratungsfirma CH-Aviation in Chur. Das zeigt sich am besten in Zürich, dem grössten Flughafen des Landes, wo Swiss unangefochten Marktführer ist. Aber auch Ferienflieger Edelweiss Air (ebenfalls eine Lufthansa-Tochter) wächst in Zürich stark.

In Basel hat Swiss hingegen nichts zu melden, hier dominiert Easyjet – wie auch in Genf. Der britische Billigflieger hat seinen Einfluss in der Schweiz ebenfalls gesteigert. Das gilt auch für kleinere Anbieter wie etwa Germania, die mittlerweile mehr Ziele ansteuern. Neu in der Schweizer Aviatikwelt ist, dass Ryanair-Chef Michael O’Leary nach Zürich kommt. Gelungen ist ihm das über seinen Einstieg bei der österreichischen Gesellschaft Laudamotion.

Zu viele Sitze im Angebot

Wird es nun günstiger oder teurer für Passagiere? Wenn die Lufthansa-Gruppe in vielen Bereichen dominiert, spricht das erst einmal für weniger Wettbwerb auf manchen Routen, also für ein eher höheres Preisniveau. Doch was auch stimmt: Im Schweizer Flugmarkt gibt  es Überkapazitäten. Es sind sehr viele Sitzplätze, die offeriert werden. Dies sorgt für Preisdruck. Dieser Trend dürfte noch eine Weile anhalten. Denn selbst für diesen Sommer nimmt das Sitzplatzangebot immer noch zu. Wenn der Ölpreis allerdings weiter wie zuletzt wieder klettert und das Kerosin teurer wird, dürften das auch die Passagiere bald zu spüren bekommen.

Die wichtigsten Airlines des Landes in der Analyse:

Swiss Flugzeug

Swiss-Flieger

Quelle: Keystone .

Swiss: Der Platzhirsch in Kloten

Im März hat Swiss Rekord-Jahreszahlen präsentiert. Schon länger ist Swiss das Lieblingskind in der Lufthansa-Gruppe. Der Leistungsausweis von Swiss-Chef Thomas Klühr, der seit Anfang 2016 die Lufthansa-Tochter führt, kann sich also sehen lassen. Dass Air Berlin weg ist, hat auch nicht geschadet. Kosten senken, Effizienz steigern: Das gelang vor allem durch jüngere, grössere Flieger. Für die Langstrecke kamen neue Flieger vom Typ Boeing 777-300ER dazu. Zudem ist in Europa jetzt die C-Series von Bombardier statt der alten Jumbolinos unterwegs. Allerdings gibt es Verzögerungen bei der  C-Series-Einführung. Alles in allem hat Swiss im Jahr 2017 weniger Flüge als im Jahr zuvor gemacht, hatte aber mehr Passagiere an Bord. Noch nie sind so viele Menschen mit Swiss geflogen wie 2017. Weniger gut: In Basel ist Swiss nicht vertreten. Und in Genf gibt es bei Swiss nicht nur ein neues Verpflegungskonzept. Dort muss Klühr endlich aus den roten Zahlen raus – dieses Jahr soll es soweit sein.

Edelweiss

Edelweiss-Flieger

Quelle: ZVG

Edelweiss Air: Der Ferienflieger

Fünf zusätzliche Flieger, 17 weitere Routen: Bei Edelweiss ist Wachstum angesagt. Die Geschäfte laufen ziemlich gut. Nicht erst seit dem Ende von Air Berlin hat Edelweiss-Chef Bernd Bauer den Einfluss seiner Airline stetig erhöht. Mittlerweile sind es 68 Destinationen in 33 Ländern. So dominiert die Lufthansa-Tochter klar das Ferienfluggeschäft am Flughafen Zürich. Dabei kann die Airline auch auf die Kooperation mit Swiss zählen und profitiert vom Umsteigeverkehr im Lufthansa-Verbund. Den verwöhnten und gut verdienenden Schweizer Kunden kann Edelweiss zudem eine eigene Business-Klasse offerieren. Welcher klassische Ferienflieger hat das schon? Nun erhält Edelweiss mit einem neuen Anbieter wie Ryanair am eigenen Standort in Zürich einen zusätzlichen, unliebsamen Konkurrenten, der sehr aggressiv in seiner Preispolitik ist. Die Ferienkundschaft kann es freuen: Wettbewerb belebt das Geschäft.

Germania

Germania-Flieger

Quelle: ZVG

Germania: Der Nischen-Carrier

Germania betrieb bisher zwei Flugzeuge vom Typ  Airbus A319 mit je 150 Sitzplätzen sowie einen Airbus A321 mit 215 Sitzen. Diesen Sommer sollen es insgesamt bis zu  vier Flieger sein, die im Einsatz sind. Auch Germania konnte von der Air-Berlin-Pleite profitieren und sein Angebot erweitern – von 15 auf 21 Destinationen. Stark ist die Firma im sogenannten Ethno-Verkehr wie etwa zu Zielen nach Pristina oder Beirut. Sie fliegt aber auch klassische Warmwasserziele in Ländern wie Spanien und Griechenland an.

Ryanair

Ryanair-Flieger

Quelle: Keystone

Ryanair / Laudamotion: Der Branchenschreck

Ihn hatte niemand auf der Rechnung: Ryanair-Chef Michael O’Leary ist kürzlich bei Laudamotion, der österreichischen Fluggesellschaft von Niki Lauda, eingestiegen und übernimmt die Airline – inklusive der Flughafen-Slots in Zürich. So ist er, statt wie bisher nur in Basel, auch in Kloten mit eigenen Flugzeugen präsent. Ryanair ist einer der bedeutsamsten Konkurrenten des Lufthansa-Konzerns – und alles andere als zimperlich in seiner Preispolitik. Wer bei Laudamotion buchen will, wird auf eine Ryanair-Website umgeleitet. Kampfpreise inklusive: DIe Strecke Zürich-Palma im Juni wird dort ab 22 Franken (ohne Gepäck) offeriert. Solche Aktionen sorgen für sehr viel Unruhe im Geschäft der Schweizer Ferienflieger. Sie fragen sich, wie lange Ryanair solche Tickets bieten wird, die nicht kostendeckend sind.

Easyjet

Easyjet-Flieger

Quelle: Pixabay

Easyjet: Der Marktführer in Basel und Genf

Seit Anfang Dezember 2017 hat der britische Billigflieger einen neuen Chef: Johan Lundgren hat von Carolyn McCall übernommen. In der Schweiz ist Easyjet ein dominanter Player. Kein Wunder, dass Lundgren hierzulande weitere hochgesteckte Ambitionen verfolgt. Kürzlich liess  er via «Sonntagszeitung» durchblicken, dass er mit einer Million zusätzlicher Passagiere pro Jahr rechne. Die sollen nicht nur aus der Schweiz kommen, sondern auch aus den Nachbarländern – zumal die Flughäfen Basel und Genf günstig liegen. An den Airports hat Easyjet die Nase vorn: In Basel beträgt der Marktanteil 60 Prozent, in Genf 45 Prozent. Die Airline hat nach der Air-Berlin-Insolvenz das Streckenangebot und die Frequenzen gesteigert und wird dies weiter tun. Zudem kommen grössere Flieger zum Einsatz. Derweil setzt Easyjet in Kooperation mit anderen Fluggesellschaften auf sein Worldwide-Konzept, um auch Langstreckenverbindungen bieten zu können.

Helvetic

Helvetic-Flieger

Quelle: ZVG

Helvetic: Der Swiss-Unterstützer

Wie die Swiss trägt Helvetic Airways, die Fluggesellschaft von Martin Ebner, das Schweizer Kreuz auf der Heckflosse. Auch sonst sind die Bindungen zur Swiss eng: Helvetic hat Flieger und Personal für Swiss im Einsatz. Zudem ist Helvetic für die Lufthansa unterwegs, zum Beispiel ab München Richtung Hamburg. Mit Blick auf die Flotte von zwölf Fliegern mit Embraer- und Fokker-Maschinen sind nur europäische Destinationen im Kurz- und Mittelstreckenmarkt im Angebot. Die Airline hat seit Anfang April einen neuen Chef. Seitdem leitet Tobias Pogorevc das Business.

Skywork

Skywork-Flieger

Quelle: ZVG

Skywork: Die Bern-Airline

Im Oktober 2017 musste die Fluggesellschaft aus Bern-Belp aus finanziellen Gründen kurzfristig am Boden bleiben. Ohnehin tut sich die Firma schwer, wie andere Anbieter stark zu wachsen. Nun wollte die Airline zum Sommerflugplan erstmals einen Düsenjet (Embraer 170) einsetzen. Doch dies musste Skywork verschieben. So fliegt Skywork weiter mit der Turboprop Saab 2000.

Belair

Früherer Belair-Flieger

Quelle: ZVG

Belair: Der Neuanfänger

Schaffen sie es? Passagiere und Konkurrenten fragen sich, wann die neue Belair an den Start geht – und mit welchem Personal. Piloten sind rar und viele Mitarbeiter der ehemaligen Belair sind längst bei der Konkurrenz untergekommen. Nun gehört Belair zur deutschen Beteiligungsfirma SBC. Inavia-Chef Michael Hoevel wird die operative Leitung übernehmen. Ab Sommer soll es mit bis zu vier Fliegern losgehen. Allerdings nicht im Direkt-Ticketverkauf an Passagiere, sondern per sogenannten Wet Lease für andere Anbieter.

Etihad

Etihad-Flieger

Quelle: ZVG

Emirates / Etihad / Qatar: Die Gezähmten

Die Golf-Carrier gelten stets als grösste Bedrohung für europäische Anbieter wie Swiss und Co. Das Wachstum, allen voran von Emirates, aber auch von Etihad Airways und Qatar Airways, schien keine Grenzen zu kennen. Doch nun ist mindestens Pause angesagt. Qatar kämpft mit den Embargo-Folgen einiger Nachbarstaaten. Etihad, als ehemaliger Grossaktionär von Air Berlin, leckt seine Wunden. Und Emirates, mit jeweils zwei täglichen Verbindungen von Zürich und Genf Richtung Dubai unterwegs, wird in der Schweiz so schnell sicherlich nicht noch weiter ausbauen. Bei beiden täglichen Zürich-Verbindungen kommt der Riesenflieger A380 zum Einsatz. Einen dritten davon wird es auf der Route erst mal wohl nicht geben.

Tim Höfinghoff
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