Bei globalen Beschaffungsentscheiden spielen Kosten im Sinne von Total Cost of Ownership (TCO) eine wichtige Rolle. Transparenz und Kontrolle der Supply Chain erfordern, dass die Herstellkosten auf Produktlevel inklusive Transaktionskosten verfolgt werden.

Die Transaktionskosten werden aus verschiedenen Gründen weiter stark ansteigen: Einerseits wachsen die Absatzmärkte in Asien und Lateinamerika schneller als die traditionell stärker penetrierten Märkte Europa und Nordamerika. Anderseits nimmt das Beschaffungsvolumen aus Osteuropa und Asien zu, sodass die Transportwege vom Hersteller bis zum Absatzmarkt länger werden und die Logistikkosten steigen.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Wachsender Druck

Hilti geht bei einer Verdopplung des Umsatzes von einer Verdreifachung der Transportkosten aus. Generell gilt in der Schweiz, dass Transportkosten um 1,5% wachsen, wenn das BIP 10% wächst. In den langen Supply Chains entstehen zudem aufgrund von Lieferengpässen immer wieder Luftfrachtkosten, die in den Herstellkosten der Produkte kaum berücksichtigt werden.

Somit wächst der Druck, die Zusammensetzung der Supply- Chain-Kosten von Produkten, die in verschiedenen Regionen der Welt verkauft werden, zu kennen. Mit einem TCO-Modell kann ein Unternehmen diese Frage beantworten. Eine TCO-Kalkulation ermöglicht die Berechnung der Supply-Chain-Kosten ausgehend von den Einkaufskosten beziehungsweise Herstellkosten bis hin zum Absatzmarkt unter Berücksichtigung des gewählten Transportweges und der damit verbunden Kosten für Zwischenlagerung, Zölle und Kapitalkosten. Dies stellt bei einer Lieferantenentscheidung die Berücksichtigung aller wichtigen Kosten sicher.

Kostentreiber selber eruieren

Es existiert kein TCO-Modell, das eine Firma direkt einsetzen kann: Jede Firma muss ihre Kostentreiber selber eruieren. Dabei kann ein Unternehmen nicht einfach Standardwerte zur Berechnung heranziehen, sondern muss die aktuellen Kosten situationsspezifisch herleiten und zuordnen. Die Klärung der Kostenstruktur durch die Bestimmung der wichtigsten Kostentreiber ist dabei ein erster Schritt für ein einheitliches Verständnis von TCO.

Das für Hilti entwickelte TCO-Modell, das in Excel programmiert wurde, kann die Supply Chains abbilden. So fliessen die fertig produzierten Waren vom Lieferanten beziehungsweise vom eigenen Produktionsstandort ins Zentrallager oder direkt zu den Marktorganisationen, wobei diese fallweise an einem Umladepunkt (TransShipping Point, TSP) mit anderen Waren konsolidiert werden. Für die Berechnung der TCO muss man vier Produktinformationen für jeden einzelnen Verkaufsartikel kennen oder mindestens schätzen: Die Einkaufs-/Herstellkosten, die Verkaufsmenge pro Land pro Jahr, die Verpackung mit Gewicht und Anzahl Artikel pro Transporteinheit und den Transferpreis zu den Absatzmärkten.

Nach der Wahl der Supply Chain können die Parameter, wie Transportkosten, Lagerkostensätze, Lieferzeiten, Lieferzyklus, Sicherheitsbestand, Zollsätze, Kapitalkostensätze und weitere Umlagekosten, in Abhängigkeit der betrachteten Supply Chain im Tool ausgewählt werden. Die detaillierte Kostenstruktur ermöglicht eine Analyse verschiedener Szenarien.

Aus der Kalkulation ergibt sich für jedes betrachtete Szenario eine Übersicht, die sowohl die wichtigsten Informationen der Supply Chain mit Logistikparametern beschreibt als auch die Kosten für das betrachtete Artikelspektrum aufgliedert in die einzelnen Kostenpositionen und deren prozentualen Anteil im Vergleich zu den Einkaufs- und Herstellkosten. Eingabemasken, vordefinierte Eingabewerte und Verweise zu anderen Fachstellen für die Informationsbereitstellung (Frachtsätze, Lagerkostensätze, Zollsätze) unterstützen die Berechnung der einzelnen Kostenpositionen.

Zölle werden häufig falsch berechnet. Deshalb ist es wichtig, den Warenfluss zu analysieren und festzulegen, ob Waren im Transit verbleiben oder eingeführt werden sollen. Unnötige Kosten ergeben sich, wenn nebst Zöllen auch noch Anti-Dumping-Zuschläge verlangt werden, die schlussendlich zu neuen Versorgungsstrukturen mit anderen Lieferanten führen können.

Werden Produkte in Eigenfertigung hergestellt, müssen Materi-al-, Produktions- und Betriebsmittelkosten berücksichtigt werden. Bei einer Produktionsverlagerung betrachtet Total Cost of Ownership zusätzlich die Veränderung in der Absorption der Gemeinkosten und allenfalls die entstandenen Leerstandskosten bei den Betriebsmitteln.

So kann ein Unternehmen Entscheide faktenbasiert treffen und ist weniger auf Intuition angewiesen. Ein Beispiel von Hilti zeigt, dass sich die Einkaufskosten von Produkten aus Taiwan alleine durch Transportkosten zum europäischen Zentrallager um 17,7% erhöhen unter der Annahme, dass nebst 95% Seefracht auch 5% per Luftfracht transportiert werden. Unter Berücksichtigung der weiteren Kostenpositionen nehmen die totalen Einstandspreise um 37,6% zu. Im Vergleich mit einem europäischen Lieferanten ist dieser Zuschlag beinahe fünfmal höher. Gerade bei Verlagerungsentscheidungen ist eine detaillierte, verlässliche TCO-Kalkulation unerlässlich, um die verbleibenden Einsparungen aufzeigen zu können.

Zudem kann die Logistik mit dem TCO-Modell die Entwicklung der Einflussfaktoren, wie beispielsweise Löhne, Steuern, Infrastruktur und Umweltfaktoren, auf die Supply Chain Kosten auch für die Zukunft beurteilen. Beispielsweise beträgt die Rückvergütung der Export-Mehrwertsteuer aufgrund einer Gesetzesänderung 2007 in China nun 5% anstelle der alten 13%. Solche Veränderungen in der Supply Chain erfordern, dass ein Unternehmen seine Lieferantenentscheide hinterfragt – ein TCO-Tool bietet die nötige Schnelligkeit und Transparenz.

Verständnis vereinheitlichen

Die präzise Erfassung der TCO-Struktur mit ihren Kostenelementen hilft, das Verständnis für Kostentreiber zu vereinheitlichen. Das TCO-Modell ermöglicht eine korrekte Durchführung der Berechnungen und eine standardisierte Präsentation der finanziellen Resultate.

Die Entscheidung für die Auswahl einer bevorzugten Supply Chain basiert jedoch nicht nur auf finanziellen, sondern auch auf strategischen und qualitativen Kriterien. Und letztendlich muss das TCO-Modell gelebt werden: Hilti setzt viel daran, das TCO-Modell in die vorhandenen Prozesse einzufügen, Prozesse und Verantwortlichkeiten wurden definiert, damit das Modell auch eingesetzt wird.