Einen grossen Teil des Umsatzes erzielt das Traditionsunternehmen aber mit pharmazeutischen Lutschtabletten.

Beinahe entschuldigend verweist Daniel Roniger auf das langgezogene Ensemble an der Othmarsinger Bahnhofstrasse. Das gelbbraun gehaltene Fabrikgebäude, Zeuge des industriellen Aufschwungs im letzten Jahrhundert, lässt auf den ersten Blick tatsächlich kaum erahnen, dass hinter seinem massiven, in die Jahre gekommenen Mauerwerk mitunter modernste Technologie zur Anwendung gelangt.

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Mit Confiserie-Romantik hat das, was hier tagsüber geschieht, nur mehr wenig zu tun; die Herstellung von Bonbons und Pastillen ist heute eine Weisheit für sich, komplex, rational, qualitätszertifiziert. Die an die Produkte gestellten Anforderungen sind hoch, müssen alleine schon der Auftraggeber Herkunft wegen internationalen Standards genügen. «Wir sind keine Handwerker mehr, wir sind ein Industriebetrieb», sagt Roniger, seit sechs Jahren Geschäftsleiter bei Disch.

rein muss es sein

Es rattert und dröhnt, die Maschinen laufen in den Wintermonaten auf Hochtouren. Eine grüne Masse bahnt sich ihren Weg durch den Walzenparcours, um gut gerüttelt und geschüttelt irgendwann als fixfertige Lutschpastille mundgerecht proportioniert vom Band zu springen. Rein olfaktorisch wähnt sich der Besucher bald einmal im Flur des Bezirksspitals; der nicht zu ignorierende Duft von Menthol macht in aller Eile Atemwege frei und lässt die Augen tüchtig triefen. «Eine Viertelstunde hier drin, und Sie nehmen das gar nicht mehr wahr», lacht Daniel Roniger, während er auf die geltende Hausordnung hinweist: Wer jenen blauen Strich überschreitet, der Durchgangs- und Produktionsbereich deutlich voneinander abgrenzt, der hat Haube, Schürz und Schuhschutz zu tragen.

Hygiene ist oberstes Gebot wer, ja wer schon freut sich über ein Haar am «Dääfeli», ein Schmutzpartikelchen am Lutscher, einen Ehering im Zältli? Aus diesem Grunde auch wird jede Maschine vor der täglichen Inbetriebnahme von der Qualitätsprüferin kontrolliert, hat ein jedes Süssprodukt, bevor es das Haus verlässt, abschliessend den Metalldetektor zu passieren. Sicher ist sicher.

Bewährte Klassiker im Grossen sortiment

Rund 60 Produkte in insgesamt 250 Varianten werden bei Disch zurzeit hergestellt. Bekanntes Aushängeschild des 1903 gegründeten Unternehmens bilden die mit Vitamin C angereicherten SportMint, Kaubonbons, die noch vor 15 Jahren in keinem Rucksack und Fresspäckli fehlen durften. Die Konkurrenz allerdings hat in der Zwischenzeit gerade im Bereich der schnellen Energiespender stark zugenommen, trotzdem machen die würfelgrossen Erfrischer bei Disch faktisch noch rund die Hälfte einer Tagesproduktion aus. Eine marginale Rolle in der Produktion (jährlich rund 6 Mio Stück), nicht aber in der Konsumentenbeliebtheit spielen des Weitern die mittlerweile 20 Rp. kostenden «Fünfermocken», einst am Kiosk kleinster gemeinsamer Nenner kindlichen Verlangens und elterlicher Zugeständnisse.

Die nunmehr «Mocken» geheissenen Rundbonbons werden auf einer über 40 Jahre alten Maschine produziert, welche die Ricola-Gruppe mit einbrachte, als sie Disch 1991 von Nestlé übernahm. Erforschung von Kundenbedürfnissen und Entwicklung neuer Produktelinien werden denn auch eng mit dem Mutterhaus in Laufen angegangen. Geschmacklich übrigens setzen die Schweizer, was den Bonbonverzehr anbelangt, auf altbewährte Richtungen: Orange, Zitrone, Schokolade. Saure Drops finden Anklang vor allem bei der jungen Generation, die mit der Zeit vermehrt auch erfrischende Faktoren in Erwägung ziehe, wie Daniel Roniger betont: «Ist ja logisch, first love, first kiss da will man doch auf Nummer Sicher gehen.»

Dragées und Pastillen für Nestlé & Co.

Nebst den unter eigenem Namen laufenden Bonbons produzieren die 65 Disch-Angestellten auch für Fremdunternehmen wie etwa Nestlé, Coop, Roche, Novartis und ausländische Konzerne. Rund 25 Tonnen Zältli, Dragées und Pastillen können bei Vollauslastung der Maschinen pro Schicht hergestellt werden, wobei seit gut zehn Jahren der Anteil an pharmazeutischen Produkten stetig gewachsen ist. Heute machen die auf der IKS-Liste C, D und E geführten Pharmaprodukte Lutschtabletten vorab gegen Halsschmerzen und Hustenreiz bei Disch bereits 35% des Gesamtumsatzes aus. Tendenz zunehmend.

Die genau entgegengesetzte Richtung auf dem Förderband angetreten hat im Verlaufe der letzten Jahre der dritte Klassiker aus dem Hause Disch: Sanagol. Ein Aufschrei ging Ende Oktober durch die Reihen der helvetischen Kinobetreiber, als die Meldung vom entsprechenden Produktionsstopp die Runde machte. Eine Analyse der Othmarsinger Bonbonnière hatte ergeben, dass gerade die Kinos den letzten übriggebliebenen Absatzkanal für den fruchtig-gummigen Pausenfüller darstellten. Zu wenig, um ein Produkt kostendeckend herzustellen. Allerdings, so Daniel Roniger, besteht für Kinokauer ein kleines Fünklein Hoffnung. Aufgrund des mit der Absetzung des Produktes ausgelösten Echos will man nämlich nochmals über die Bücher gehen. Das letzte Wort gesprochen ist da noch nicht und noch nicht das letzte Sanagol gelutscht worden.

KMU-PROFIL

Gründung: 1903 als Bonbon- und Biskuitfabrik, durch Jakob Disch, in Othmarsingen AG. Seit 1991 Tochtergesellschaft der Ricola-Gruppe.

Umsatz 2001: 18 Mio Fr.

Beschäftigte: 65 Personen.

Produkte: Bonbons wie Sportmint und Mocken, pharmazeutische Produkte der IKS-Liste C, rund 1850 Tonnen Bonbons und Dragées jährlich.

Firma: Disch AG, Bahnhofstrasse 21, 5504 Othmarsingen, www.disch.ch