BILANZ: Mister Arpey, Swiss gehört nun zur Lufthansa und tritt der Star Alliance bei – die Partnerschaft von Swiss und American Airlines endet. Was bedeutet das für Sie?

Gerard Arpey: Wir bedauern das. Swiss war ein guter Partner. Und es ist nicht gut für American. Umso weniger in einem Markt, in dem die Swiss nun Lufthansa an ihrer Seite hat. Wir werden unser Bestes tun, um in diesem Markt stark zu bleiben.

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Wie gleichen Sie den Wegfall der Swiss als Partner aus?

Wir befördern Passagiere zunehmend über andere Fluglinien. Wir leiten zum Beispiel mehr Verkehr über Brüssel – mit SN Brussels haben wir ein Codeshare-Abkommen. Andere Partner sind Finnair und natürlich British Airways, die auch Mitglieder unserer Oneworld-Allianz sind.

American ist nie ins Gläubigerschutzverfahren Chapter 11 gegangen. Andere Airlines, wie Delta, haben unter diesem Schutz neue Strecken eröffnet und werben mit Kampfpreisen. Sind Sie nicht sauer?

Wir sind nicht und werden nie ein Opfer der Umstände sein. Unser Job ist es nicht, über Chapter 11 oder die hohen Treibstoffpreise zu klagen, sondern mit diesen Umständen fertig zu werden. Worauf es ankommt, ist unsere Art, das Geschäft zu betreiben und unser Produkt zu verkaufen. Und das machen wir mittlerweile so, dass es Früchte trägt. Noch nicht genug, aber es trägt Früchte.

Was ist der grösste Nachteil, wenn man nicht unter Chapter 11 reformiert?

Chapter 11 erlaubt sofortige Kostensenkungen – in den Verträgen, die man mit Lieferanten und Mitarbeitern geschlossen hat. Hier kann man unter Chapter 11 schnell und viel bewegen. Für American ist es schwer, da zu konkurrieren.

In Ihrer Branche gibt es missglückte Fusionen, Insolvenzen und viele Krisen. Wieso ist das Luftfahrtgeschäft so diffizil?

Wenn es abwärts geht, ist die Konsolidierung im Airlinegeschäft besonders schwierig. Es gibt Hindernisse von Regierungsseite und von den Gewerkschaften, und es ist finanziell problematisch, weil man viel Geld in die Hand nehmen muss. Auf der anderen Seite ist ein Bankrott keine echte Alternative, weil es eben, zumindest in den USA, den Gläubigerschutz des Chapter 11 gibt.

Ihre 80 000 Beschäftigten verzichten auf 1,8 Milliarden Dollar an Gehältern, um American konkurrenzfähig zu machen. Und das Management genehmigt sich ein Bonusprogramm von 75 Millionen Dollar. Wie passt das zusammen?

Das Programm wurde gemacht, als ich noch nicht Chef der Airline war. Als ich CEO wurde, habe ich keinerlei Aktienoptionen oder sonstige Vergünstigungen angenommen. Nicht weil ich es nicht verdienen würde, sondern weil es nicht in die Zeit passte.

Wenn der Markt also verzerrt ist – was macht American, um die Umsätze zu steigern?

Das Luftfahrtbusiness ist zwar kompliziert, bizarr und verwirrend, aber letztlich bleibt es ein Business. Wir verbessern kontinuierlich die Finanzlage, und wir verkaufen immer mehr Flüge über das Internet. Seit einiger Zeit garantieren wir, dass Kunden auf unserer Webseite immer den niedrigsten Ticketpreis bekommen. Hinsichtlich Kosten und Preisen sind wir inzwischen sehr konkurrenzfähig mit Low-Cost-Fluglinien.

Wo kappen Sie die Kosten?

Wir hinterfragen wirklich jeden Ausgabenposten. Vor kurzem hatten wir im Management eine heisse Diskussion, ob wir 15 000 Dollar dafür ausgeben sollen, in unseren Räumen am Flughafen Tokio-Narita die Kunstwerke neu rahmen zu lassen. Einer meiner Leute fragte: Wird irgendjemand bei uns ein Ticket kaufen wollen, weil wir neue Rahmen an den Bildern haben?

Der Ölpreis bewegt sich Richtung 70 Dollar. Zu viel, damit die Restrukturierung gelingt?

Wir kalkulieren mit einem Ölpreis von durchschnittlich 65 Dollar. Das ist robust, und ich glaube, wir kommen damit hin. Man muss bedenken: 2005 haben wir 1,7 Milliarden Dollar mehr für Treibstoff bezahlt als im Jahr davor, und schon 2004 waren es 1,1 Milliarden mehr als im Vorjahr. Trotzdem konnten wir 2005 unsere Gesamtkosten um 200 Millionen senken. Wir machen jetzt das erste Mal seit dem Jahr 2000 operativen Gewinn. Das ist zwar nichts, worüber man sich riesig freuen kann, aber es wird besser.

Der Ölpreis trifft alle Airlines weltweit. Warum geht es dann vielen europäischen Fluglinien besser als amerikanischen?

Im US-Markt gibt es einen zerstörerischen Wettbewerb, der getrieben wird von einer Überkapazität an Sitzplätzen. Damit kann man kein Geld verdienen. Das Problem ist, dass serbelnde Airlines diese Kapazität behalten können. In Europa gibt es so etwas nicht. Wer sich hier insolvent meldet, ist weg vom Fenster.

Dirk Ruschmann
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