Der US-Aktienmarkt ist zu gross, um von der europäischen Anlegergemeinde ignoriert zu werden. Zwar gehen die Meinungen hinsichtlich der Nachhaltigkeit der Konjunkturstärke der weltweit grössten Volkswirtschaft nach wie vor auseinander, doch schon allein wegen ihrer enormen Vielfalt werden Anleger immer interessante Wachstumschancen ausmachen können. Ein guter Grund besteht darin, dass viele erstklassige Unternehmen vor dem Hintergrund der enttäuschenden Kursentwicklung nun attraktiv bewertet sind. Zur Erinnerung: Der S&P 500 Index hinkte trotz explodierender Unternehmensgewinne seinen internationalen Pendants hinterher, was den KGV-Aufschlag von US-Aktien zusammenschmelzen liess. Die Annäherung des US-Marktes an die Bewertung der wichtigsten Konkurrenzmärkte schafft beste Voraussetzungen für Anleger, die Jagd auf erstklassige Aktien zu Schnäppchenpreisen machen.

Man könnte jedoch argumentieren, dass der US-Markt «zwischen den Stühlen sitzt». Der Markt zeigt nicht ausreichendes Wachstum, um für Anleger im Vergleich mit den rasant wachsenden Schwellenmärkten attraktiv zu sein. Weiteren Stimmen zufolge verspricht der US-Markt nicht dasselbe Restrukturierungs- oder M&A-Potenzial wie Grossbritannien oder Europa.

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Konjunkturzyklus verlängert

Gleichwohl stimmt uns die Entwicklung der US-Konjunktur zuversichtlich, wird das Trendwachstum doch nach wie vor übertroffen. Die Verbraucherausgaben bleiben der wichtigste Wachstumsmotor, und die positive Arbeitsmarktentwicklung verleiht dem BIP-Wachstum wichtige Impulse. Die Einzelhandelsumsätze behaupten sich recht gut, was die Befürchtungen der Analysten besänftigt, der jüngste Anstieg der Zinsen und die hohen Energiekosten könnten die Wirtschaft in eine Rezession treiben. Die soliden Ergebnisse der Berichtssaison für das 1. Quartal zeigen einen unverändert guten Gesundheitszustand des US-Unternehmenssektors. Insgesamt dürfte sich der Konjunkturzyklus aufgrund des sich abschwächenden Wachstums, des Inflationshöhepunkts und der Aussicht auf sinkende Zinsen verlängern. Auch die M&A-Perspektiven hellen sich auf. Basierend auf unserer Einschätzung, dass die Zinsen und somit die Anleiherenditen gegen Jahresende wieder nach unten tendieren dürften, sind keine Gefahren für den M&A-Zyklus in den USA auszumachen.

Globalisierung

Die Globalisierung hat die wirtschaftliche Vorherrschaft der USA unterminiert, und vielleicht dauert es nur noch ein oder zwei Jahrzehnte, bis China den Spitzenplatz erobert. Doch gibt es keinen Markt, der den Status der Vereinigten Staaten als globaler Spitzenreiter im Bereich Technologie ernsthaft gefährden würde. Firmen wie Apple mit ihrer unglaublich erfolgreichen Bilanz bei der Produktentwicklung oder Google, die mit ihren einfallsreichen Verkaufsstrategien im Internetgeschäft enormes Umsatzwachstumspotenzial erschliesst, sind typische Beispiele.Gleichzeitig befürwortet der US-Markt die Globalisierung, indem er bei den meisten sich auf globaler Ebene herauskristallisierenden Themen eine bedeutende Rolle einnimmt: Setzt man beispielsweise in seinem Portfolio auf die Bereiche Investment Banking, Transport und Logistik, Videospiele oder Immobilien, findet man viele der Marktführer in den USA. Ein weiterer interessanter Bereich ist die Landwirtschaft – denn mit dem weltweit steigenden Umweltbewusstsein wird darauf abgezielt, weiche Rohstoffe in umweltfreundlichere Biokraftstoffe umzuwandeln. Eine gute Möglichkeit, sich diese Entwicklung zunutze zu machen, bietet das Segment landwirtschaftliche Maschinen, wo die USA den Markt anführen. Ein grosses Risiko für europäische Anleger mit US-Engagement bleibt der sinkende Dollarkurs. Die US-Währung ist jüngst auf ein Allzeittief gegenüber dem Euro gesunken, zwar eine gute Nachricht für die amerikanischen Exporteure, für ausländische Aktionäre bedeutet dies unerfreuliche Renditeeinbussen. So lässt die Aussicht auf ein sich verringerndes Zinsgefälle zwischen den USA und der Euro-Zone vermuten, dass dem US-Dollar weiter harte Zeiten bevorstehen.

Babyboom-Generation

Dass die Konjunktur durch den sich abschwächenden Immobilienmarkt ins Wanken geraten könnte, stellt eine weitere erkennbare Gefahr dar. Der Verbraucher bleibt die wichtigste Konjunkturstütze, und eine These ist, dass die Konsumentenstimmung stark davon abhängt, wie der Wert von Immobilien eingeschätzt wird. Threadneedle vertritt jedoch eher die Ansicht, dass sichere Beschäftigung und wachsender Wohlstand (hauptsächlich aufgrund steigender Aktienkurse und des wachsenden Vermögens der Babyboom-Generation) wichtigere Konsumargumente für die Verbraucher darstellen als ein hoher Wert ihres Immobilienvermögens. Daher sind die Konsumaussichten rosig.Obwohl Kriterien wie Geschwindigkeit und Nachhaltigkeit des US-Wirtschaftswachstums noch mit einem Fragezeichen behaftet sind, wäre es unklug, die vielen derzeit verfügbaren erstklassigen Anlagemöglichkeiten zu ignorieren. Da sich der Unternehmenssektor nach wie vor durch Flexibilität und verfügbares Kapital auszeichnet, wird es immer neue Wachstumsunternehmen geben, in die es sich zu investieren lohnt.

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Cormac Weldon, Head of US Equities, Threadneedle Investments, London.