Ein Application Services Provider (ASP) ist ein unabhängiger Dienstleister, der Zugang zu Software-Anwendungen, deren Implementierung und Infrastrukturen sowie unterstützende Service- und Supportleistungen anbietet. Seine Services werden vom Kunden über gemietete Leitungen oder das Internet aufgerufen. Somit nutzen, betreiben und betreuen die Provider die dem Kunden zugänglich gemachten Anwendungen und liefern das notwendige Wissen zur Erbringung der Dienstleistungen, die für den Betrieb der Anwendungen erforderlich sind. Dabei ist das Angebot nicht vollständig mit Business Process Outsourcing (BPO) gleichzusetzen, bei der ein Dienstleister den gesamten Geschäftsprozess wie etwa das Rechnungswesen verwaltet, obwohl die Grenzen hier fliessend sind. ASP-Dienste unterscheiden sich ausserdem von so genannten Hosting-Services, die das Unternehmensnetz und die Server, nicht aber die Anwendungen betreuen. Der Provider bietet die Anwendungssoftware entweder als eigenes Produkt oft gekoppelt mit Dienstleistungen an oder hat eine vertragliche Vereinbarung mit dem Software-Anbieter abgeschlossen, die es ihm erlaubt, Zugriffsrechte für die Anwendung zu vergeben.
Wer den Betrieb von Anwendungen auslagert, spart hohe Anfangsinvestitionen und kann dieses Geld in andere wichtige Projekte investieren. Kleinere Banken benötigen heute wie andere KMU einen flexiblen Zugang zu Anwendungen, weshalb es auch immer mehr auf die Skalierbarkeit in Bezug auf die Unternehmensgrösse ankommt. Auf diesen Trend setzen seit geraumer Zeit auch Webdienstleister wie die Bieler Internet-Firma Aseantic, die mit der Gründung der Netrics-Tochter frühzeitig auf Outsourcing gesetzt hat. Aber auch E-Gorillas wie SAP, Microsoft und Oracle haben das Potenzial für Outsourcing erkannt und drängen stark in den ASP-Markt für mittelständische Kunden. Verstärkt wird der oben beschriebene Trend durch neue Software-Produkte oder -Konzepte wie «mySAP Business Suite» und die dazugehörige Middleware «SAP NetWeaver», «NET» von Microsoft oder «WEBtop» von Sun, die speziell für zentralisierte ASP-Betriebsmodelle entwickelt wurden.
Nutzungsarten
Der Schlüssel zum Markterfolg vom Application Service Provider liegt vor allem im Bereich Service-Qualität. Denn erst mit einer qualitativ hoch stehenden und ganzheitlichen Auslagerung kompletter Geschäftsprozesse ist ein Anreiz gegeben, um zum ASP-Modell zu wechseln. Künftige Preismodelle werden sich hierbei an der Nutzungsrate der Kunden orientieren. Je mehr die Dienstleistung in Anspruch genommen wird, desto mehr wird also der Kunde belastet. Aktuell sieht es noch so aus, dass über 70% ASP-Nutzer einem Abonnement den Vorzug geben. Rund 20% ziehen eine Abrechnung pro einzelne Transaktion vor und 10% Dienste auf Basis einer einmaligen Gebühr.
Besonders für Banken
Das aktuelle Wirtschaftsklima verlangt nach skalierbaren Geschäftsmodellen. Für den Einsatz eines ASP spricht, dass sich die Unternehmen durch die Auslagerung von Applikationen auf die wesentlichen Geschäftsziele konzentrieren, während die gesamte Wartung, die Programm-Upgrades und ähnliche Aufgaben dem Provider überlassen werden können. ASP-Dienste gestatten ausserdem die rasche Einführung neuer Programme, da sie vorher einem Qualitätscheck des Anbieters unterzogen wurden. Damit können knappe IT-Ressourcen freigesetzt werden. Ein weiterer Vorteil liegt in den Sicherheitsanforderungen, die insbesondere auch für kleinere Unternehmen und Finanzinstitute stark ansteigen werden. Das mag auf den ersten Blick paradox tönen, da gerade solche Firmen bei ASP oft Bedenken bezüglich der Sicherheit ihrer Daten äussern. Welches kleine oder mittlere Unternehmen kann sich aber ein katastrophensicheres Rechenzentrum mit Eingangskontrolle und modernsten Back-up-Systemen leisten? Auch muss immer wieder betont werden, dass die Daten zwischen solchen Firmen und Rechenzentren mit ausgeklügelten Verfahren verschlüsselt werden.
So gesehen ist ASP in den allermeisten Fällen die sicherere Option. Es gibt heute verschiedenste ASP-Modelle, von denen das End-to-End-Modell allerdings am aussichtsreichsten erscheint. Bei diesem Modell werden durch eine monatliche Gebühr alle Service-Leistungen abgedeckt, darunter Mieten einer Anwendung, sicherer Internetzugang, sichere Gateways, das Endgerät, 24-Stunden-Service, User-Helpdesks und Service Level Agreements (SLAs), ohne dass der Kunde irgendwelche Investitionen für die IT-Ausrüstung zu tätigen hat.
Dieses Modell zur Senkung der Betriebskosten verfolgt vor allem SAP. So bietet deren Tochter Mummert-Swicon ein Dienstleistungspaket, das ihre Kunden von arbeitsaufwendigen administrativen Tätigkeiten in der Salär- und Personaladministration entlastet, damit diese sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können. Was bei Fahrzeugen, Maschinen und Gebäuden üblich ist, funktioniert auch bei Speziallösungen mit dem Motto «Nutzen statt kaufen». Dabei werden sämtliche Aufgaben rund um die Lohnabrechnung und -auszahlung inklusive Jahresendarbeiten und Kontakten zu Versicherern wie Unfall- und Pensionskasse sowie Sozialversicherungsanstalten übernommen. Der Kunde meldet lediglich die monatlichen Mutationen, die sich in seinem Betrieb ergeben haben. Unter dem Namen «e-comfort» bietet Mummert-Swicon diese Leistungen auch via ASP über das Internet an. Diese Lösung, die sich durch eine Reduktion der Kosten, eine Qualitätsverbesserung, die Fokussierung auf Kernkompetenzen, eine Orientierung an Benchmarks sowie die Erreichung einer grösseren Flexibilität auszeichnet, basiert auf «HR Easy-to-Go» von SAP und ist insbesondere für Banken mittlerer Grösse geeignet, darunter in der Schweiz Swissfirst, Skandia Bank und Isbank.
Ein weiteres Beispiel von IT-Dienstleistungen auf dem ASP-Gebiet betrifft die Zürcher Vermögensverwaltungsbank Maerki Baumann. Hier ist der Bereich MBC Insourcing mittlerweile viertes Geschäftsfeld neben Vermögensverwaltung, Anlageberatung und Handel/Sales. Der Grund für den Aufbau dieser Business Unit liegt im Aufbrechen der bisherigen Wertschöpfungskette bei den Banken, wobei die B2B-Beziehungen, die Operationslogistik und das Asset Management zunehmend ausgelagert werden. Dies bedeutet, dass sich die Banken über Transaktionsbanken (Abgabe der B2B-Operationen), Servicebanken (Abgabe der Operationslogistik) zu reinen Kundenbanken wandeln. Die Antwort auf diese Entwicklung ist die von Maerki Baumann entwickelte Insourcing-Strategie, die Kunden aus dem Bankensektor einen vollintegrierten Handel und Back-Office-Service, Straight Through Processing, tiefe Produktionskosten und einen «A la carte»-Service bietet. Neben den Back-Office-Aufgaben (etwa FIBU, Clearing und Settlement, EC-Karten oder Konto- und Depotführung) deckt die Palette auch die Bereiche Middle Office (z.B. CRM, Risk Management, Portfolio Management oder Treasury) und Front Office (massgeschneiderte Internetlösungen, e-Banking oder Internet-Trading) ab. Die drei Säulen Beratung, Systembetrieb und System-Hosting sollen den Kunden eine deutliche Kosteneinsparung, eine hohe Modularität und Skalierbarkeit ermöglichen.
Wachsender Trend
Es besteht kein Zweifel, dass professionelles, bedürfnisgerechtes Application Service Providing zunehmend eine wichtige Rolle einnehmen wird, da es die uneingeschränkte Fokussierung und Konzentration aller Ressourcen auf das Kerngeschäft ermöglicht. Unter Leitungsgesichtspunkten sind die schnelle Verfügbarkeit professioneller Services sowie die Durchführung von IT-Vorhaben ohne betriebsinterne Restriktionen von Bedeutung. IT-Outsourcing-Überlegungen sollten nicht aus einem akuten Problemdruck heraus erfolgen, sondern strategisch geplant werden. Bereits dieses Jahr werden etwa ein Drittel der IT-Manager in grossen Unternehmen ASP-Dienstleistungen anmieten. Dieser Trend wird zunehmend auch kleine und mittlere Unternehmen aus dem Bankensektor erfassen.
Das Konzept der Web-Dienstleistungen und die parallele Entwicklung von XML-basierten offenen Standards werden die Übernahme dieser Anwendungen weiter fördern. Ein ASP-Service bietet ein One-to-Many-Angebot mit geringer Vorkonfigurierung: Ein Angebot von einem Provider geht an viele potenzielle Kunden, wobei die Softwarelizenz von den Kundenunternehmen nicht erworben wird. Dagegen sind Outsourcing und Application Management Services für Informationssysteme so genannte One-to-One-Angebote, die so gestaltet wurden, dass diese nur die Anforderungen eines bestimmten Kunden erfüllen.
Gemäss International Data Corporation/Computer Partner 20/2002 dürften die europäischen ASP-Ausgaben bis zum Jahr 2006 auf etwa 6,5 Mrd Euro ansteigen. Wie stark das Wachstum jedoch ausfallen wird, hängt entscheidend von der Qualität und der Zuverlässigkeit der entsprechenden Dienstleistungen, der Überlebensfähigkeit des gewählten Provider-Unternehmens und last but not least der wirtschaftlichen Entwicklung ab.