Die grosse Herausforderung in den Rechenzentren ist neben Budgetschranken die Integration der oftmals bereits installierten und, isoliert betrachtet, gut funktionierenden Applikationen für die Steuerung der Unternehmensressourcen, den Zahlungsverkehr und die Auftragsabwicklung, die Herstellungskette, die Kundenbetreuung und der gängigen E-Commerce-Software, mit der Kunden ihre Bestellungen online aufgeben können.

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Bis zum Jahr 2000 war der «Best of breed»-Ansatz verbreitet, Firmen kauften die jeweils besten Softwareprodukte für ganz bestimmte Zwecke und verbanden sie über geeignete Software, die so genannte «Middleware», im Rahmen der Enterprise Application Integration (EAI) miteinander. In den letzten drei Jahren haben sich die Präferenzen in Richtung Suiten verschoben, weil der Best-of-breed-Ansatz aufgrund der erheblichen Integrationskosten sowie des Datenbank- und Release-Managements für viele kleinere und mittelgrosse Firmen zu teuer geworden war.

Weniger Schnittstellen

Die Realität zeigt indes, dass immer noch sehr viele Unternehmen eine heterogene Software haben, oft ergänzt um teilweise vor Jahren speziell für das jeweilige Unternehmen hergestellte Programme, die «Legacy Software». Die Integration von Applikationen über Middleware bringt eine einheitliche Datenkonsistenz. Die gleichen Daten werden nicht mehrfach an unterschiedlichen Stellen erhoben, bewirtschaftet und gespeichert. Auch sind teure, im Laufe der Jahre weiter verbesserte Eigenentwicklungen integrierbar, ohne dass alter Computer-Code mehr oder weniger aufwendig mit Software-Reengineering oder Reverse Engineering auf zeitgemässe Plattformen übertragen werden müsste.

Erreicht wird dies über eine Reduktion der Komplexität über die Reduktion der Schnittstellen. Punkt-zu-Punkt-Verbindungen sind zwar gut geeignet für bestimmte Umgebungen wie die kommenden RFID-Supply-Chain-Chips, in denen es sehr viele solche Verbindungen gibt. Für die Integration von ERP-, CRM- und SCM-Systemen sind aber Verbindungen über einen Daten-Bus oder einen speziellen «Layer» besser, weil die geringere Anzahl der erforderlichen Verbindungen den Installations-, Wartungs- und Verwaltungsaufwand reduziert.

Eine geringere Komplexität weist aber noch weitere Vorteile auf: Einzelne Softwareelemente lassen sich mehrfach nutzen, die Logik der Programmierung wird von der Logik von Geschäftsprozessen getrennt (jahrzehntelang mussten sich die Geschäftsabläufe IT-Zwängen anpassen), die Applikations-Integration ermöglicht aber auch ein einfacheres Zusammenfügen verschiedener Unternehmensteile nach einer Firmenfusion, und sie bildet eine hervorragende Ausgangsbasis für Portale.

Lizenzkosten fallen weniger ins Gewicht

Zu den Kosten machen die Hersteller unterschiedliche Angaben; zudem ist auch bei Anbietern wie IBM nicht immer ersichtlich, wie teuer einzelne Elemente wirklich sind. Die Lizenzkosten bewegen sich meistens in einem Rahmen zwischen 25000 Fr. und hohen sechsstelligen Beträgen für grosse und komplexe Unternehmen. Folgt man den Erfahrungswerten von Gartner, bilden die Lizenzkosten für die gängigen Produkte wie IBM Websphere, BEA Weblogic, SAP NetWeaver, Oracle AS Integration, Microsoft BizTalk Ascential oder Inubit IS mit einem Anteil von 9% an den Gesamtausgaben für eine Applikationsintegration nur einen kleinen Posten. Ungleich grösser sind die Anteile für Anpassungen und die Integration (43%), Hardware (26%) und das Personal (14%). Wartung und Training fallen demgegenüber kaum ins Gewicht.

Zu den führenden Firmen im Bereich der Applikationsintegrations-Suiten zählten die Marktforscher von Gartner in ihrer jüngsten Bewertung Tibco, IBM, BEA Systems, Microsoft, SeeBeyond Technology und Sterling Commerce. Oracle, Fujitsu, SAP, Novell, Sybase und Sonic (Progress Software) bilden die Gruppe der Herausforderer. Wie erfolgt die Applikationsintegration bei KMU?

«Die Applikationsintegration erfolgt da sehr unterschiedlich», sagt Jürg Schleier, Chef der schweizerischen Niederlassung von BEA Systems in der Schweiz, «es kommt darauf an, wo und wie Firmen in Prozessketten mit anderen zusammenarbeiten.» Auch innerhalb von Firmen ist die Applikationsintegration laut Schleier eine ständige Herausforderung. «Viele Firmen haben in komplette Pakete investiert, die erfüllen heute ihre Bedürfnisse, aber sobald eine einzelne neue Applikation angeschafft wird, ist das Thema Integration wieder auf dem Tisch», meint Schleier. Bei Kosten-Nutzen-Kalkulationen seien allgemeine Aussagen schwierig. «Es kommen weitere, schwer zu beziffernde Faktoren wie Time-to-Market, Flexibilität für die Zukunft oder Ausfallsicherheit hinzu, und dann muss ein IT-Projekt in einem Jahr die Kosten umsetzen lassen, sonst besteht die Gefahr, dass sich Umgebungsfaktoren oder Ziele in der Zwischenzeit geändert haben», erklärt Schleier. Sehr wichtig ist auch die Zusammenarbeit mit den Systemintegratoren.

Integrationsrisiken berücksichtigen

«Eine Komplexitätsreduktion durch die unternehmensweite Integration von Applikationen hängt von der Anzahl und der Heterogenität der Systeme sowie der Komplexität auf Prozessebene ab», sagt Hansjürg Arnold, Chef von Progress Software in der Schweiz. «Unser Ansatz basiert auf einem Service-Bus, der schrittweise Veränderungen und Ablösungen ermöglicht.» Solche Ablösungen erfolgen unterbruchsfrei, das heisst: Die Rechenzentren müssen nicht ganz abgestellt werden. Prinzipiell funktioniert der Service-Bus immer gleich, ob ein oder tausend Systeme angeschlossen werden. «Je grösser die Systeme, desto mehr muss den Sicherheitsaspekten Rechnung getragen werden, weil dann die Integrationsrisiken steigen und es sinnvoller ist, redundante und/oder verteilte Systeme aufzubauen.»

Schlechte Erfahrungen hat man laut Arnold mit Umbauten von Softwarelandschaften gemacht, wenn man sich nicht zuerst Gedanken über das Endresultat gemacht hatte. Progress Software hat in der Schweiz zusammen mit ihren Partnern rund 7000 Kunden, der Grossteil entfällt auf KMU.

«Wir haben in der Schweiz viele Firmen, die Prozesse integrieren und automatisieren wollen», sagt Martin Brunner, bei IBM technischer Sales Manager für Tivoli und Websphere. «Damit können ihre Kunden mit eingebunden werden.» Viele Firmen sind laut Brunner nicht in der Lage, Applikationen selber zu integrieren. Es kommt aber auf die Branchen an wenn es standardisierte Industrielösungen gibt, dann ist die Chance gross, dass es auch eine Lösung für die Integration gibt.

Komplexität steigt fastim Quadrat

Lässt sich etwas über die Kosten-Nutzen-Seite von Applikationsintegration sagen? «Das ist schwer zu beziffern», meint Brunner, «aber der Nutzen ist gross, er reicht von der Erstellung durchgängiger Prozesse aus Kundensicht über die Einbindung in die Supply Chain bis zu Zeitersparnis durch die Verwendung eines Service-Bus, der dann weniger Anpassungsbedarf bei Schnittstellen mit sich bringt.» Dann ist auch eine Best-of-breed-Softwarestrategie, die teilweise integrierten Suiten überlegen ist, möglich.

Auch für René Probst, bei Oracle Direktor Technical Presales, kommt es bei der Applikationsintegration darauf an, ob schon unterschiedliche Systeme vorhanden sind. «Wenn das der Fall ist, steigen die Kosten der Integration.» Hinzu komme die Anzahl der verschiedenen Aussenbeziehungen. «Wenn beispielsweise ein Handelsunternehmen mit Zulieferern zusammenarbeitet, die ihrerseits unterschiedliche Standards haben, und diese Unternehmen in Geschäftsprozesse integriert werden sollen, dann steigt die Komplexität fast im Quadrat.» So haben beispielsweise im Retailbereich die Grossverteiler unterschiedliche Standards, und eine Firma, die beide Unternehmen beliefert, muss verschiedene Schnittstellen haben, die dann auch ständig angepasst werden müssen. Ab etwa fünf zu integrierenden Systemen sind laut Probst Überlegungen in Richtung auf die Investition in eine Integrationsplattform zu machen.