Passion.» Wenn Willy Kissling, Verwaltungsratspräsident der Grand Hotels Bad Ragaz, von seinem Engagement für das Unternehmen spricht, gerät er ins Schwärmen. «Etwas Aussergewöhnliches, Einmaliges» sei das Luxusresort im Sarganserland. Sein ganz persönliches Steckenpferd. Etwas, für dessen Fortbestehen er sich gerne einsetze. Ähnlich tönt das Credo von Michel Favre, der ebenfalls dem illustren, siebenköpfigen Verwaltungsrat angehört: «Dort mitzuarbeiten, macht Spass.» Und das, obwohl sich das Gremium bis zu zehnmal im Jahr trifft und die Arbeit zeitintensiv ist.

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Der Grund für so viel Aufwand: Die Grand Hotels Bad Ragaz sind, was Luxushotellerie betrifft, schon seit Jahren federführend in der Schweiz, und nun werden weitere Millionen investiert. Bei Willy Kissling stapeln sich Papierberge auf dem Schreibtisch – das Ergebnis des Planungswettbewerbes für die bauliche Entwicklung des Resorts. Ein halbes Dutzend architektonische Visionen, wie das Gelände rund um den Park der bestehenden Hotels in Zukunft aussehen könnte.

Die neu gestaltete und ausgebaute Tamina Therme wird durch Neubauten für das medizinische Zentrum mit den bereits bestehenden Hotelkomplexen verbunden, hinzu kommt eventuell ein drittes Hotelgebäude. Alles in allem wird die Anlage noch grösser, luxuriöser und spektakulärer, als sie ohnehin schon ist.

Intensive Zeiten auch für Peter Eggenberger. Früher Mövenpick-, Jelmoli- und Betty-Bossi-Manager, ist er nun seit vier Jahren als Geschäftsführer in Bad Ragaz der Mann, der die Visionen des Verwaltungsrats in die Realität umzusetzen hat. Leicht angespannt sitzt der Endvierziger in der grossen Halle des «Quellenhofs», eine Erscheinung, die in dieses Ambiente des diskreten Understatements passt: gross, schlank, edel gekleidet und von tadellosem Auftreten. Hin und wieder springt er auf, um Hotelgäste zu begrüssen oder zu verabschieden. Zurzeit fungiert er nicht nur als CEO der Grand Hotels Bad Ragaz, sondern auch noch als Hoteldirektor – zumindest so lange, bis ein Nachfolger für den im März ausgeschiedenen Hans E. Koch gefunden ist.

Rund 100 Millionen Franken sollen in den kommenden Jahren sukzessive investiert werden. Wohin das Geld fliessen soll, erklärt Eggenberger anhand eines Modells, das im «Hof Ragaz» im Eingangsbereich des Wellnesscenters «To B.» aufgebaut ist. Schon heute ist es dem Unternehmen, das die Grand Hotels Hof Ragaz und Quellenhof, die Tamina Therme, ein medizinisches Zentrum, einen Golfplatz, ein Casino und das Kurhotel Valens umfasst, gelungen, trotz Wirtschaftsflaute einen Betriebsgewinn vor Zinsen und Steuern von über zehn Millionen Franken auszuweisen. Im vergangenen Jahr wurde den Aktionären erstmals seit 1989 wieder eine Dividende von 20 Franken pro Aktie ausgezahlt. Eine Tatsache, die Geschäftsleitung und Verwaltungsrat mit Stolz erfüllt.

Jahrelang galt das Luxusresort als Herzensangelegenheit von Hauptaktionär Thomas Schmidheiny. Dank den Millioneninvestitionen des Zementbarons aus dem Rheintal wurde in den Neunzigerjahren der «Hof Ragaz» renoviert, das «To B.» und eine hoteleigene Therme wurden gebaut sowie der alte «Quellenhof» abgerissen und wieder neu aufgebaut. Gesamtkosten damals: rund 250 Millionen Franken. Doch erst seit dem Eintritt von Willy Kissling, eines alten Weggefährten von Schmidheiny, als Präsident weist das Unternehmen regelmässig schwarze Zahlen aus. Zunächst allerdings in eher bescheidenem Ausmass. «Als ich 1997 zum Verwaltungsrat stiess», erinnert sich Kissling, «erwirtschafteten die Grand Hotels einen Cashflow von drei Millionen Franken.» Heute sind es konsolidierte 16,6 Millionen Franken.

Der Auftrag, den Willy Kissling bei seinem Eintritt gefasst hatte, lässt sich auf drei Worte reduzieren: mehr Nachhaltigkeit erzielen. In den darauf folgenden Jahren wurde das Unternehmen folgerichtig weg von der reinen Hotellerie hin zum Resort mit breitem Angebot weiterentwickelt.

Dazu gehörte die Umwandlung der Spielbank in ein Casino mit B-Lizenz. 2003 wurde das neue Casino in Betrieb genommen – und schon im ersten Jahr resultierten aus dem Spielbetrieb 20 Millionen Franken Umsatz.

Die Zimmerauslastung schnellte von etwas über 70 Prozent in den Neunzigerjahren auf herausragende 90 Prozent im Jahr 2001 hoch. Eine Traumauslastung, die in den vergangenen drei Jahren jedoch konjunkturbedingt wieder auf heute rund 80 Prozent zurückfiel. Dennoch liegt sie noch immer weit über dem Durchschnitt von Luxushotels vergleichbarer Grösse wie beispielsweise dem «Victoria-Jungfrau» in Interlaken, das eine Auslastung von 52 Prozent aufweist, oder dem «Badrutt’s Palace» in St. Moritz, das ebenfalls knapp die 50-Prozent-Grenze überschreitet. Dennoch: Ausruhen mag sich in Bad Ragaz niemand. Wohl wissend, dass die Luxushotellerie ein Metier ist, das keine Verschnaufpause duldet. «Andere Hotels haben möglicherweise versäumt, in ihre Kernkompetenz zu investieren. Das soll uns nicht passieren», sagt Michel Favre.

Deshalb soll munter erweitert und optimiert werden, dem Trend immer eine Nasenlänge voraus. «Wenn wir die führende Position im Markt halten wollen», stellt Hauptaktionär Thomas Schmidheiny nüchtern fest, «dann müssen wir weiterhin in die Qualität des Resorts investieren.» Unter diesen Vorraussetzungen hat der Verwaltungsrat vor zwei Jahren ein neues Strategiepaket vorgelegt, welches das wirtschaftliche Überleben der nächsten 15 bis 20 Jahre sichern soll.

Der Gedanke dahinter, so Willy Kissling, sei von bestechender Einfachheit: «Wird ein Hotel dieser Preisklasse heute als reiner Hotelbetrieb geführt, kann das nicht mehr rentieren.» Selbst das bereits weltweit einzigartige Angebot in Bad Ragaz – die Kombination von Health, Spa und Golfresort – ist nicht einträglich genug. Verdienen, so lässt Kissling durchblicken, lässt sich in diesem Luxussegment nicht ausreichend mit Hotelgästen. Vielmehr sind es die Synergien mit der Region, welche die nötige Auslastung und genügend Kunden bringen. Die Grand Hotels Bad Ragaz sind denn auch im Begriff, den gesamten Komplex noch mehr mit der Umgebung im Sarganserland zu verknüpfen.

Jährlich 500 000 bis 600 000 Besucher will das Unternehmen in Zukunft durch den Neubau der bereits heute öffentlichen Tamina Therme anlocken. Die bestehende Therme soll komplett saniert, das alte Bad renoviert, eine ausgedehnte Sauna- und Wellnesslandschaft zusätzlich gebaut werden. Auch hier mit dem ehrgeizigen Ziel, «eine in der Schweiz bislang einzigartige Badelandschaft zu schaffen», so Eggenberger. Geplante Investition: 40 Millionen Franken.

Weitere acht Millionen sollen in den Ausbau des bereits bestehenden Medical-Health-Centers fliessen. Doch anstatt auf Diagnostik und Therapie will man in Zukunft noch mehr auf Prävention und Rehabilitation setzen. Schon heute arbeiten 20 Ärzte im medizinischen Zentrum, vom Psychiater über den Rheumatologen, den Dermatologen bis zum Laserspezialisten. Das neuartige Angebot läuft unter dem Stichwort «Medical Wellness». Und da der Leiter der Abteilung Beat Villiger heisst und zugleich auch Swiss-Olympic-Chefarzt ist, erstaunt es nicht, dass die sportmedizinische Abteilung des medizinischen Zentrums vom Schweizerischen Olympischen Verband zum Swiss Olympic Medical Center (SOMC) geadelt wurde: eine Anlaufstelle für Sportler in aller Welt, die ihren Gesundheitszustand abchecken lassen wollen.

Von der Zusammenlegung des SOMC mit den Grand Hotels Bad Ragaz profitieren jedoch auch Privatpersonen, die den Leistungs-Check-up ebenfalls beanspruchen können. Nur etwa 20 Prozent der Patienten werden Hotelgäste sein, der Rest kommt aus der Region.

Eine weitere Überlegung im Zusammenhang mit einem Ausbau ist die Planung eines dritten Hotels auf dem Areal. Eines freilich, das sich vom Stil her unterscheiden soll von dem bereits existierenden Hotelangebot. Es soll, so Peter Eggenberger, ein jüngeres, sportlicheres Publikum ansprechen, Golfgäste etwa und solche, die sich einen Wellness-Aufenthalt gönnen. Eine eigene Réception ist nicht geplant, vielmehr werden die Zimmer an die bereits bestehende Infrastruktur angeschlossen, die damit besser ausgeschöpft werden kann. Kostenpunkt: 40 bis 50 Millionen Franken.

Zunächst aber wartet die Geschäftsleitung auf die Genehmigung, den bestehenden 18-Loch-Golfplatz um eine 9-Loch-Anlage erweitern zu können. Eggenberger, dessen klarer Auftrag unter anderem darin besteht, ein neues und jüngeres Kundensegment anzusprechen, will das Resort damit auch für Golfeinsteiger attraktiv machen.

Last, but not least steht eine Renovation der Zimmer des «Hof Ragaz» bevor, die auch noch einmal um die vier Millionen Franken kosten werden.

Die Investitionen werden, so Willy Kissling, in Etappen ausgelöst. Die verbindlichen Entscheidungen darüber sollen im nächsten Jahr gefasst wird.

Bleibt die Frage nach der Rentabilität. Willy Kissling wehrt sich dagegen, die Grand Hotels Bad Ragaz als Zuschussbetrieb zu sehen: «Wir arbeiten nach wirtschaftlichen Grundsätzen.» Das heisst: Die Rendite muss stimmen. Für die geplanten Neuinvestitionen hat Schmidheiny zwar schon grünes Licht gegeben, doch 30 Millionen Franken sollen von anderen Investoren eingebracht werden. Auch diese neuen Aktionäre, so viel ist anzunehmen, werden von ihrem Investment eine ansprechende Rendite erwarten.