Dieser Abschied schmerzt: Nun hat auch die Bâloise dem Aktienmarkt den Rücken gekehrt. Die Basler hatten unter den Schweizer Versicherungen am längsten am Aktienengagement festgehalten. Doch im Frühjahr scheinen die Nerven des Managements blank gelegen zu haben. Die Aktienquote wurde auf heute 5,5% heruntergefahren (nach Absicherung 3%).

Man erinnere sich: Ende 2001 hatten die Basler noch 20% ihrer Kapitalanlagen in Aktien investiert. Und das junge Team um CEO Frank Schnewlin galt als glühender Verfechter eines Aktienengagements durch Versicherer.

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Im Frühling jedoch waren Wolfgang Trunk (CFO) und Martin Wenk (CIO) gezwungen, mit den Aktienverkäufen einen Verlust von 404 Mio Fr. zu realisieren. Dieser Verlust ist der Grund für das negative Halbjahresergebnis von 36,6 Mio Fr. Der Verkauf geschah vielleicht im dümmsten Moment: Vom 12. März an stiegen die Aktienkurse unentwegt wieder. Doch die Basler sahen sich wegen des geschwundenen Eigenkapitals nicht mehr in der Lage, ihre Strategie aufrechtzuhalten.

Geringeres Anlagerisiko

Mit dem Verkauf der Aktien reduzierten die Basler das Risiko und verstärkten das Eigenkapital. Letzteres geschah vor allem dank Kursgewinnen auf Bonds. Das Eigenkapital stieg per Ende Juni um 7% auf 3,3 Mrd Fr. Allerdings dürfte der Zinsanstieg im Juli diese Substanz wieder geschwächt haben: Das Eigenkapital dürfte damit zum heutigen Zeitpunkt bei rund 3,2 Mrd Fr. liegen, schätzt die ZKB.

Die Bâloise ist die einzige der grossen Schweizer Versicherungen, welche die Baisse der letzten drei Jahre ohne Kapitalzufuhr durchgestanden hat. Wäre es nicht besser gewesen, von Investoren im Verlaufe des letzten Jahres neues Kapital zu verlangen?

Wolfang Trunk verneint vehement: «Hätten wir im ersten Einbruch vom Juni 2002 eine Kapitalerhöhung durchgeführt, um die Schwankungen am Kapitalmarkt besser durchzustehen, hätten wir beim zweiten Einbruch im März 2003 eine zweite Kapitalspritze gebraucht.» Durch den Verkauf der Wertschriften habe man zwar Verluste realisieren müssen, doch die Risikofähigkeit sei aus eigener Kraft wiederhergestellt worden. Sobald die Bâloise in die Profitabilität zurückkehrt, werden die Aktionäre davon profitieren.

Das Risiko bei den Anlagen hat die Bâloise auch dank der Umschichtung von Obligationen vermindert. Sie hat in den letzten Wochen rund 40% der Papiere von der Kategorie «available for sale» in die Kategorie «held to maturity» umgebucht. Damit stehen diese Bonds, die jetzt unweigerlich bis zum Verfall gehalten werden müssen, zu Rückzahlungspreisen in den Büchern und nicht mehr zu Marktpreisen.

Mit diesem Schachzug hat die Bâloise Spielraum preisgegeben, um Kapitalgewinne zu realisieren vor einem halben Jahr hatte CIO Martin Wenk von einer solchen Umklassierung denn auch noch nichts wissen wollen.

Spekulation auf höheren Zins

Mit der Umschichtung wird erreicht, dass das Eigenkapital einem geringeren Zinsrisiko ausgesetzt ist. Denn sollten die Zinsen steigen, fallen die Kurse der Obligationen. Dies führt bei den Versicherungen dazu, dass das Eigenkapital erodiert, weil unrealisierte Kursgewinne zum Eigenkapital gezählt werden. Schmelzen die unrealisierten Buchgewinne, schmilzt demnach auch das Eigenkapital. Das kann sich die Baloise zurzeit aber nicht leisten. «Die Umschichtung der Obligationen hat dazu geführt, dass wir den Einfluss des Zinsrisikos um 50% reduziert haben», unterstreicht CIO Martin Wenk die Bedeutung der Massnahme.

Ökonomisch macht es Sinn, möglichst viele Aktiven gleich zu behandeln wie die Verpflichtungen, die ja immer «bis Verfall gelten». Weil die Aktivseite unter IAS zu Marktwerten bewertet wird, kommt es in den Versicherungsbilanzen regelmässig zu Verzerrungen. Mit der Umbuchung der Obligationen von «available for sale» zu «held to maturity» reduzieren die Basler diese Verzerrung. Und da es offenbar so ist, dass man die höher verzinsten, langlaufenden Bonds umklassifiziert hat, läuft die Bâloise auch nicht Gefahr, bei steigenden Zinsen auf schlecht verzinsten Obligationen zu sitzen. Und auf steigende Zinsen spekulieren die Basler: Sonst ergäben die Umbuchungen keinen Sinn. Der von 7 auf 10,9% gewachsene Anteil an liquiden Mitteln deutet ebenfalls in diese Richtung. Das Management wartet auf den Aufschwung.

Dies ganz im Gegenteil zur Konkurrentin Swiss Life, welche die gegenteilige Philosophie vertritt: Die Rentenanstalt hat keine Umbuchungen vorgenommen, dafür aber Obligationen mit kurzer Laufzeit (bis fünf Jahre) durch «Langläufer» (über zehn Jahre) ersetzt. Bei der Swiss Life glaubt man offenbar eher daran, dass die Zinsen so bleiben, wie sie sind oder gar noch sinken. Für Investoren, die sich für die Bâloise und die Swiss Life interessieren, verkommt die Entscheidung zwischen den beiden Aktien damit zu einer Wette auf die Zinsentwicklung.

Übernahme durch ZFS ist sehr unwahrscheinlich

Für den Jahresabschluss der Basler sind die meisten Analysten verhalten optimistisch: Im Versicherungsgeschäft hat sich die Gesellschaft operativ verbessert, im Lebengeschäft wird nur noch rentables Neugeschäft geschrieben. Enttäuschend ist hingegen der gestiegene Schadenaufwand in der Schweiz. Der Ausflug ins Private Banking wird abgebrochen.

Gut möglich, dass die «Zurich» als Grossaktionärin (27%) diesbezüglich Druck auf das Management ausgeübt hat. Vielerorts wird damit gerechnet, dass sich die Zurich Financial Services (ZFS) vom Aktienpaket trennen wird, sobald für die Titel ein anständiger Preis erzielt werden kann. Das könnte bei einem Preis von 60 Fr. pro Aktie der Fall sein. Denn eine Übernahme durch die ZFS macht gemäss Eric Güller von der ZKB wenig Sinn. Die Basler setzen nach wie vor stark auf das Kollektivgeschäft, von dem sich der ZFS-CEO James Schiro am liebsten verabschieden würde.

Bâloise in Zahlen Angaben in Millionen Franken

2002 2003E 2004E 2005E

Bruttoprämien 7045 7982 8215 8455

Betriebsgewinn -714 82 310 388

Reingewinn -634 63 244 306

Gewinn pro Aktie (in Fr.) - 0.51 4.77 5.53

KGV - 102 11 9

Dividende (in Fr.) 0.40 0.40 1.00 -

Tipp: Die Bâloise konzentriert sich wieder stärker auf das technische Ergebnis des Versicherungsgeschäfts. Die Bâloise-Aktie ist zurzeit mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 11 (2004) günstiger bewertet als der Titel der Swiss Life, der um den Branchendurchschnitt von 13 pendelt. Die Bâloise-Aktie ist deshalb vorzuziehen. Schweizer Favorit des Sektors bleibt aber die «Zurich».