Es wäre ein Donnerschlag. Ein Donnerschlag für die ganze Schweizer Uhrenindustrie. Und es wäre ein Deal der Superlative. Rund 10 Milliarden Dollar müsste ein Käufer für die Luxusuhren-Marke Patek Philippe auf den Tisch legen. Sofern denn die Familie Stern, welche die Marke seit bald einem Jahrhundert wie einen Familienschatz hegt und pflegt, tatsächlich verkaufen will.

Die jüngsten Verkaufsgerüchte hat die deutsche Berenberg-Bank in die Welt gesetzt. Unter Berufung auf Statements, welche Bankmitarbeiter am letztwöchigen SIHH in Genf aufgeschnappt haben wollen, schreibt Analystin Zuzanna Pusz in einer Notiz an Investoren: «Es war interessant, in den Gängen des Genfer Uhren-Salons zu hören, dass ein möglicher Verkauf der High-End-Uhrenmarke Patek Philippe bald bevorstehen könnte.»

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«Kein Kommentar» von Patek

Eine Sprecherin von Patek lehnte es gegenüber der Nachrichtenagentur «Bloomberg» ab, zu den Verkaufsgerüchten Stellung zu nehmen. Sie sagte bloss, dass solche Gerüchte regelmässig zu Zeiten der grossen Uhrenmessen die Runde machten.

Dennoch sei die Frage erlaubt: Wer könnte überhaupt an Patek – neben Rolex die wichtigste Schweizer Uhrenmarke im Luxussegment – interessiert sein?

Grundsätzlich alle Luxusgüter-Konzerne, Private-Equity-Unternehmen sowieso. Schliesslich ist der Nimbus der Marke weltweit fast unübertroffen. Jean-Claude Biver, Präsident der Uhrensparte von LVMH, pflegte stets zu sagen, er sei nur am Kauf einer einzige Marke ausserhalb seines Konzerns interessiert: Patek Philippe.

Wer könnte sich Patek leisten?

Die entscheidendere Frage daher ist: Wer könnte sich Patek überhaupt leisten? Berenberg-Analystin Pusz schreibt, ihr sei zu Ohren gekommen, «dass eines der grössten Konglomerate der Luxusgüterbranche wahrscheinlich interessiert wäre». Pusz spielt damit auf LVMH und Kering an. Die beiden dominierenden Konzern der Luxusbranche sind beide im Uhrensegment aktiv, zählen aber hinter der Swatch Group und Richemont zu den kleineren Anbietern.

Klar ist: Sowohl LVMH als auch Kering hätte die finanzielle Feuerkraft, einen Patek-Deal zu stemmen. Gemäss «Bloomberg»-Schätzung könnte LVMH derzeit rund 34 Milliarden Euro für Übernahmen ausgeben. Bei Kering liegt der Wert bei knapp 13 Milliarden Euro. Doch auch Richemont mit 9,4 Milliarden Euro und die Swatch Group mit rund 7 Milliarden Euro wären in der Lage, den Deal zu stemmen.

Eine der letzten «Trophäen» der Uhrenindustrie

Ebenso klar ist: Sollte sich irgendein Bieter für Patek outen, würde mit grosser Wahrscheinlichkeit ein Bieterwettkampf einsetzen. Schliesslich handelt es sich bei Patek um eine der letzten «Trophäen» der Industrie. Neben Patek sind von den wirklich relevanten Marken nur noch Audemars Piguet und natürlich Rolex unabhängig.

Schliesslich muss jedem Käufer – zumindest jenen aus der Branche – klar sein, dass der Ruf von Patek zumindest teilweise darauf beruht, dass das Unternehmen eben nicht zu einem Luxus-Konglomerat gehört. Bei einer Übernahme müsste damit gerechnet werden, dass ein Teil der Patek-Kunden den Übergang zu einem neuen Eigentümer nicht mitmachen würden.

Stern-Kinder noch zu jung

Patek Philippe gehört mit einem geschätzten Umsatz von 1,4 Milliarden Franken (siehe Grafik unten) zu den grössten Schweizer Uhrenherstellern. Und – davon jedenfalls ist auszugehen – wohl zu den profitabelsten.

Einen offensichtlichen Grund, weshalb sich die Familie um Patek-Präsident Thierry Stern vom Unternehmen trennen sollte, gibt es daher nicht. Dies umso mehr, als auch Sterns Frau Sandrine als Designchefin in der Firma tonangebend eingebunden ist. Zudem hat das Paar Kinder.

Die sind als Teenager noch zu jung, um im Familienbetrieb Verantwortung zu übernehmen. Aber das kann ja noch werden. Im einem Interview betronte Thierry Stern, er würde seine Kids nicht ins Geschäft drängen, wenn sie nicht mitmachen wollten.

Marcel Speiser Handelszeitung
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