Banken und Versicherungen gelten als die grössten und wichtigsten Käufer von Software- und Hardware-Services überhaupt. Finanzdienstleister stehen aber auch vor grossen Herausforderungen: Einerseits steigt die Komplexität von IT-Systemen, Geschäftsprozessen und regulatorischen Anforderungen (Sarbanes-Oxley, Basel II) laufend weiter an, andererseits wächst der Druck auf Margen, Kosten und die Ablösung veralteter Software, weil wichtige neue Features wie STP («straight-thru-processing»), Automatisierung und Echtzeitverarbeitung fehlen.

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Gefragte Standardlösungen

Prinzipiell können Banken diesen strategischen Herausforderungen auf vier Wegen begegnen: Erstens mit einer Eigenentwicklung. Aufgrund der hohen Kosten und Risiken kommt das nur für Grossbanken in Frage. Sie haben praktisch alle grösstenteils jahrzehntealte Eigenentwicklungen («Legacy-Systeme») im Einsatz. Zweitens durch die Kombination von Software unterschiedlicher Hersteller, die in ihrem Bereich führend ist («best-of-breed»). Bei diesem Vorgehen steigt aber der Aufwand für die Integration stark an. Drittens lässt sich die zentrale Software auch auslagern. Von grösseren Kosteneinsparungen redet nach einschlägigen Erfahrungen aber kaum noch ein Anbieter von Outsourcing-Dienstleistung. Es sei denn, es kommt viertens eine Standardsoftware zum Einsatz. Hier liegt denn auch das grösste Wachstumspotenzial. Von diesem Wachstum profitieren nicht alle Software-hersteller. Bemerkenswert erfolglos sind bisher die grossen Softwarehersteller Oracle und SAP geblieben; Oracle ist zusammen mit Misys der wichtigste Konkurrent des schweizerischen Herstellers Temenos.

Temenos ist mit der Plattform T24 vor allem im Ausland sehr erfolgreich und hat rund 400 Kunden. Für die Corebanking-Lösung konnte jetzt mit der HSBC der erste wirklich grosse Kunde gewonnen werden. SAP baute mit der Swiss Banking Plattform SBP ebenfalls eine integrierte Lösung. Der Computerdienstleister CSC ist Eigentümer und Betreiber der SBP. Beide zusammen konnten aber erst die Zuger Kantonalbank und unter Einbindung der Software von GEOS, den Raiffeisenverband als Kunden gewinnen.

Sehr erfolgreich, aber teilweise an den Grenzen des Verkraftbaren, sind die beiden Anbieter Finnova und Avaloq, vorab bei kleineren Privat- und Regionalbanken. Sie lösen Anbieter veralteter Programme wie die AGI und ERI Bancaire ab und buhlen um absprungwillige RTC- und Unicible-Kunden. Untätig bleiben Letztere auch nicht RTC hat erst Ende August das 70 Mio schwere Erneuerungsprojekt «IBISmove» abgeschlossen und zum Einstand mit Atag Asset Management gleich einen ersten Neukundengewinn gefeiert.

Doch wer ist der beste Anbieter im Land? Der Vontobel-Technologie-Analyst Panagiotis Spiliopoulos hat bei 57 schweizerischen Banken unterschiedlicher Provenienz nachgefragt, wie sie die verschiedenen Softwarelösungen einschätzen. Am besten schneidet das Avaloq Banking System ab. Avaloq gilt zwar als teuer und der Support als problematisch. Die moderne Architektur, nicht die hohe Flexibilität des Systems, kommt bei den Kunden jedoch gut an. Ebenfalls sehr gut beurteilt wird die Lösung von Finnova. Das Gesamtpaket wurde vor zwei Jahren fertig gestellt, bisher konnten acht Kantonalbanken für die Lösung gewonnen werden. Gelobt werden vorab die Einfachheit und das hohe Entwicklungspotenzial.

Überalterte Software

Als gut bezeichnet wird die Lösung von Boss Lab. Die ursprüngliche interne IT-Abteilung der BSI (heute Teil der Generali-Gruppe) bietet den Betrieb und die Wartung von IT-Umgebungen und Applikationen sowie Backofficedienste an. Die bereits angejahrte Lösung ist STP-tauglich und wird als sehr robust eingeschätzt. Nur durchschnittlich zufrieden sind die Kunden mit der IBIS-Lösung der RTC. Bemängelt werden das hohe Alter, die hohe Wartungsintensivität, die aufwendige Implementierung von Schnittstellen und die schwierige Integration. Hier ist indes zu berücksichtigen, dass die Erneuerung im Rahmen von IBISmove Verbesserungen gebracht hat.

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Nachgefragt: «Outsourcing nach Indien»

Panagiotis Spiliopoulos ist Technologie-Analyst bei der Bank Vontobel. Er hat die Vor- und Nachteile der gängigsten Banken-Software untersucht.

Bei grossen Instituten ist viel Legacy-Software im Einsatz. Wann werden diese ihre Entwicklerkapazitäten anderen zugänglich machen? Momentan sind sich die Grossbanken noch nicht einig, in welche Richtung die Entwicklung gehen wird. Man experimentiert mit Outsourcing nach Indien, lässt sich jedoch auch von Häusern wie IBM beraten. Ein Grossteil der Entwicklerkapazität wird für die nächste Generation der eigenen Systeme benötigt. Es ist jedoch bereits heute so, dass die UBS diverse Services für Drittbanken anbietet.

Wie lange dauert die Ablösung der Software-Plattform bei einer kleinen Regionalbank/Kantonalbank? Und wie hoch wären die Kosten? Diese Frage hängt von vielen Faktoren und auch von der Strategie der Ablösung ab. Für kleinere Banken haben wir Kosten von 30 bis 80 Mio Fr. über eine Zeitdauer von zwei bis vier Jahren ermittelt.

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Vor- und Nachteile: Vier Entscheidungsvarianten für Banken-Software

Variante 1: Eigenentwicklung:

+ gute Abstimmung auf eigene Bedürfnisse

hoher Entwicklungsaufwand

beträchtliche Entwicklungsrisiken

hoher Aufwand für Funktionalitäten

meistens höhere Kosten

Variante 3: Outsourcing

+ Technologie- und Wartungsprobleme müssen vom Outsourcer gelöst werden

Abhängigkeit vom Lösungsanbieter

Verlust von Flexibilität und Know-how im eigenen Haus

wenige Anbieter

kaum Kostenvorteile, intransparentes Pricing

Variante 2: Best-of-breed

+ jeweils beste Funktionalitäten in bestimmten Bereichen

hoher Integrationsaufwand

unterschiedliche Erneuerungszyklen einzelner Elemente

hohe Kosten

Variante 4: Standardsoftware

+ umfassende Funktionalitäten

+ Softwareentwicklungs- und wartungskosten teilen sich die Kunden

+ Entwicklungsrisiken liegen beim Hersteller

+ Produkte können bei anderen Benutzern live evaluiert werden

+ Von Entwicklungsfortschritten bei neuen Releases profitieren alle Nutzer

+ Spätere Kunden haben tiefere Implementierungsrisiken

Auch nicht benötigte Elemente müssen bezahlt werden

Integration fehlender wichtiger Funktionalitäten erfordert beträchtlichen Zusatzaufwand

Standardsoftware passt nicht zu allen Kunden gleich gut

Banken-Softwarehersteller, Softwareplattformen und wichtige Kunden

SoftwareherstellerBetreiber/KundenKommentar

Plattform

EigenentwicklungUBSTeilweise Produkte von Drittanbietern wie Temenos.

Weiterentwicklung teilweise in Indien.

EigenentwicklungCredit SuisseTeilweise Produkte von Drittanbietern wie Temenos.

Weiterentwicklung teilweise in Indien.

Finnova/FinnovaKB SZ, URVor allem von Kantonal- und Regionalbanken genutzt.

11 der 13 aus RBA-VerbundUmstellung ab Frühling/Sommer 2005.

austretenden Regionalbanken

KB AI, GL, NW, OW, Umstellung 2006.KB GR, LGT, Märki BaumannBis 2007 ausgelagert.

Avaloq Evolution/PictetVor allem von Privatbanken genutzt.

Avaloq Banking Sarasin, Bank von Ernst

SystemsRahn & Bodmer

Bank Lindt

Vontobel

KB ZHGilt als potenzieller Lösungsanbieter für Dritte.

Julius Bär

Ehinger & Armand von Ernst, Die drei im September durch Julius Bär übernommenen

Ferrier Lullin, Banco di LuganoPrivatbanken (ex UBS) wechseln auf Avaloq.

SAP/Swiss BankingKB ZugIn Verbindung mit CSC, CSC betreibt die Plattform.

PlatformRaiffeisenbankenIn Verbindung mit GEOS.

RTC Real-Time-Center/KB AG, BE, BL, BS, JU,Grosses Erneuerungsprojekt «IBISmove» im August

IBISMigrosbank, Bank Coop, 2005 abgeschlossen. Software galt als veraltet.

AKB Privatbank, Atag Asset

Management (AAM),

übrige RBA-Mitglieder

Unicible/UnicibleKB VD, GE, NE, VSIn Besitz der KB VD, im Sommer 2005 Kooperation

Gérifonds, Sparkasse mit Avaloq beschlossen. KB GE, NE, VS sind

Yverdon-les-BainsWechselkandidaten. Veraltete Software.

AGI/SwisscomKB FR, LU, SG, TGSoftware gilt als veraltet, Wartung ist teuer und

IT ServicesVeränderungen sind schwer vorzunehmen.

Verbund ist in Auflösung begriffen, KB von AI, GL, NW, OW haben bereits auf Finnova gewechselt.

Temenos/T24/GlobusUBS, Credit SuisseUBS: Im Custody-Geschäft; Credit Suisse: Singapur.

CoreBankingZielgruppe sind Grossbanken. Für CoreBanking konnte mit HSBC im August 2005 erster renommierter

Grosskunde gewonnen werden.

Boss Lab/Boss LabCoutts Bank (Schweiz), Boss Lab ist die europaweit führende Banken-

Bâloise Bank SoBa, NZB Outsourcing-Plattform, Fokus liegt in der Schweiz

Neue Zürcher Bank, bei kleineren und mittleren Privatbanken und

Privatbank von Graffenried, Vermögensverwaltern. Die Software gilt als veraltet.

Reichmuth

ERI Bancaire/OlympicCredit Suisse FidesDie Software für Privatbanken gilt als robust,

Alternative Bank ABSaber veraltet, Wartung ist teuer und Veränderungen

Banca Populare di Sondrio sind nur aufwendig vorzunehmen.

(Suisse), Cosba Private Banking

Quellen: Bank Vontobel, «HandelsZeitung», Herstellerangaben