Mit der jüngsten Übernahme der Marazzi-Gruppe durch die Losinger AG, die schon seit Jahren zum französischen Bouygues-Konzern gehört, erfolgt eine weitere Konsolidierung in der Schweizer Baubranche. Es ist bereits die zweite «Elefantenhochzeit» innerhalb von wenigen Monaten. Im November 2005 gaben mit Zschokke und Batigroup die Nummern eins und zwei die Verschmelzung zur Implenia bekannt. Der börsenkotierte Marktleader kommt allein in der Bauproduktion (ohne Generalunternehmung) mit 1,6 Mrd Fr. Umsatz auf einen Marktanteil von rund 10%. Losinger/Marazzi wollen bis 2007 den Umsatz von heute 760 Mio Fr. auf über 1 Mrd Fr. steigern. Und über ihren französischen Mutterkonzern setzen sie einen starken Fuss ins internationale Geschäft. Sie können von dessen Einkaufsmacht, Anwälten und Finanzkraft profitieren.

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Atomisierte Branche

Obwohl derzeit in der Schweiz fast überall rege gebaut wird, klagt die gesamte Branche über den Preisdruck und die mageren Margen. Beispiel: Bei Zschokke lag die Betriebsgewinnmarge 2005 bei 2%, bei der Batigroup bei 1,2%. «Ein Grund für die Margenmisere liegt in der atomisierten Angebotsstruktur im Bauhauptgewerbe», sagt Martin Hüsler, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank. Das Schweizer Bauvolumen hat sich heute nach schwächeren Jahren zwar nominell wieder auf dem Stand von 1995 eingependelt. Die Beschäftigtenzahl hat seither um 37% abgenommen, die Zahl der Bauunternehmen lediglich um 2%. Statt zu einer marktbereinigenden Konsolidierung führte die verbesserte Produktivität zu kleineren Unternehmen. Viele zählen bloss 10 bis 20 Beschäftigte. «Die Kapazitäten sind in der Baubranche insgesamt zu hoch», sagt Ferdinand Zoller, Mitglied der Gruppenleitung der Karl Steiner AG, die jetzt zur Nummer zwei in der Branche aufgerückt ist.

«Es wird zu weiteren Zusammenschlüssen kommen», prognostiziert Paul Balmer von der Marti Holding AG. Dabei denkt er nicht unbedingt an «Elefantenhochzeiten». «Denn es gibt keinen Zwang zur Grösse, weil Bauen weit gehend eine lokale Angelegenheit ist, bei der Grösse nicht viel nützt.»

Wer allerdings wie Marazzi auch bei internationalen Projekten die Nase vorn haben möchte, kommt um eine gewisse Mindestgrösse nicht herum. Das Berner Familienunternehmen, das sich in der Schweiz mit Fussballarenen und Einkaufszentren einen Namen gemacht hat, baut gegenwärtig auch in Belgrad, Wien und Augsburg. Internationaler ausrichten möchte sich auch die Generalunternehmung Karl Steiner, die ein Joint Venture mit der Modern Group in Peking (China) gegründet hat. Marti fokussiert sich zwar primär auf die Schweiz, ist aber im Tunnelbau auch in Spanien und in der Slowakei aktiv.

Nur eine geringe Rolle spielt das Auslandgeschäft bei der Frutiger AG in Thun. Man versuche vielmehr, sich durch gezielte Übernahmen im Inland zu verstärken, erklärt Firmenchef Fritz Grossniklaus. Er nennt mit der Diamantbohr AG, der Friedli + Caprani und der Kübli + Trachsel gleich drei Kleinere, welche die Baufirma in jüngster Zeit geschluckt hat. Trotzdem betont auch Grossniklaus: «Grösse allein bringt kaum Vorteile, entscheidend sind die Strategie und die Leistungsfähigkeit.»

Es ist aber kein Geheimnis, dass vor allem das Segment mit Betriebsgrössen von 25 bis 75 Mitarbeitenden am meisten zu kämpfen hat. Vorderhand werden die strukturellen Probleme von der günstigen Konjunktur übertüncht. Die wichtigste Triebfeder ist der private Wohnungsbau mit 60% des auf knapp 16 Mrd Fr. geschätzten Volumens im Bauhauptgewerbe.

Schwarzmalerei

«Die marktbereinigende Konsolidierung wird spätestens beim nächsten Abschwung stattfinden, und sie könnte für einige der rund 4500 Bauunternehmer auf die unsanfte Art in Betriebsschliessungen und Konkursen enden», warnt Hüsler.