Bauen bei laufendem Betrieb ist ein vielschichtiges Unterfangen. Der Bauherr lässt sich auf ein Vorhaben ein, das einschneidende Auswirkungen hat. Zum Beispiel ist die Bauzeit bei laufendem Betrieb deutlich länger als bei einem Neubau. Gerade wenn auf den Produktionsmaschinen Aufträge mit hoher Hygiene-Sensibilität laufen, sind Unterbrüche der Bauarbeiten kaum vermeidbar. Der mit dem Projekt betraute Industrieplaner wiederum muss mit den Produktionsabläufen beim Kunden und den branchentypischen Qualitätsstandards der Produktion zutiefst vertraut sein. Kritische Faktoren sind vor allem Verschmutzungs- und Sicherheitsrisiken, zwei wichtige Faktoren auch in der Kunststoffindustrie.

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Kurze Kommunikationswege

Bauen am bestehenden Standort bei laufender Produktion erfordert eine sorgfältige Abstimmung der Betriebs- und Bauplanung mit der Produktionsplanung. Permanente Kommunikation und kurze Entscheidungswege erlauben es, allfällige Zielkonflikte zwischen den Beteiligten zu lösen und sich auf Vorgehensweisen zu einigen. Wichtige Fragestellungen sind etwa die Gewährleistung der Produktion unter sauberen Bedingungen während der Bauzeit, der kontaminationsfreie Materialein- und -ausgang, die strikte Trennung der Material- und Personenflüsse oder die permanente Verfügbarkeit von Strom, Wasser, Rohmaterial und Druckluft. Gezielte Redundanzen sind ein wichtiger Bestandteil, wenn nicht gar Voraussetzung für das Bauen bei laufendem Betrieb. Der Bedarf der redundanten Bereiche und Systeme wird auf der Basis der Produktionsbedürfnisse gemeinsam mit dem Bauherrn definiert. Im Vordergrund stehen vor allem Haustechniksysteme oder die Führung der Material- und Personenflüsse.

Die Fortführung der Produktion unter sauberen Bedingungen erfordert eine Aufteilung des Produktionsbereichs in verschiedene Zonen, die sich abschotten und einzeln klimatisieren lassen. Während in den einen Zonen die Produktion nach den erforderlichen Standards weiterläuft, werden die anderen umgebaut und bereitgestellt. So wandert die Produktion schrittweise in die erneuerten Zonen.

Erhöhte Risiken im Betrieb

Eine Etappierung der Bau- und Installationsphasen ist unabdingbar. Sie erfolgt etwa für die Bereiche Stromzufuhr, Kältetechnik und Rohmaterialzufuhr nach spezifischen Kriterien und wird auf übergeordneter Ebene koordiniert. Um etappenweise vorzugehen, werden Bauabschnittsprovisorien errichtet, die durch Staubschutzwände getrennt sind. Material- und Personenfluss werden je Provisorium speziell definiert. Medientrassen müssen eventuell mehrmals angepasst werden. Bauen bei laufendem Betrieb ist stets mit erhöhten Risiken verbunden. Genau definierte Verhaltensregeln und strenge Zugangskontrollen gewährleisten, dass hohe Sicherheitsanforderungen erfüllt und Kontaminationen der geschützten Produktionsbereiche vermieden werden können.

Immer weniger Unternehmen, die ihre Produktionskapazitäten ausbauen wollen, können oder wollen es sich leisten, auf der grünen Wiese einen neuen Betrieb zu errichten. Bauen bei laufendem Betrieb wird deshalb zur Regel. Ziel ist es, eine flexible Produktionsinfrastruktur zu schaffen, die modular strukturiert ist und der Betriebsentwicklung angepasst wird.

Percy Limacher, dipl. Kunststoff-Ing. NDS FH, dipl. Wirtschafts-Ing. FH, Geschäftsführer der IE Plast Engineering, einem Bereich der IE Group Zürich AG, Zürich.