Die Bohrmaschine ist der heimliche Star der Sharing Economy. Wann immer sich Promotoren der Ökonomie des Teilens versammeln, zitieren sie diese Fallstudie: In jedem Haushalt liegt eine Bohrmaschine. Aber tatsächlich genutzt wird sie ihr gesamtes Leben lang pro Benutzer nur gerade 13 Minuten. Ausleihen oder Vermieten macht also Sinn.

So sieht es auch Jérôme Gilg, Chef von Jumbo. Die Baumarktkette ist seit letztem Jahr an der Schweizer Sharing-Plattform Sharely beteiligt. Seit März 2017 können Jumbo-Artikel über Sharely in Basel und Zürich ausgeliehen werden. Nummer eins der Hitliste: die Bohrmaschine. Gemäss Gilg ist das geschäftlich interessant: «15-mal vermieten ist so gut wie einmal verkaufen. Und ab der 16. Vermietung sogar ertragreicher.»

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Uber der Baumarktszene

Jetzt geht Gilg einen Schritt weiter punkto Sharing Economy - oder «économie collaborative», wie der frankophone Baumarktchef sagt. Kaum bemerkt von der Öffentlichkeit übernahm Jumbo Ende 2016 eine Minderheitsbeteiligung an der französischen Dienstleisterplattform Needelp. Über den Online-Dienst können Kunden private Hilfskräfte buchen, die Heimwerker- und Gartendienstleistungen anbieten und übernehmen. Eine Art Uber der Baumarktszene.

Mit Needelp, das in der Romandie im Mai 2017 lanciert wurde, kann Jumbo hierzulande die Wertschöpfungskette verlängern und vertieft an neuen Modellen schnuppern. Gemäss Gilg ist Needelp ein «Rundum-Sorglos-Paket für die Kunden - und für uns eine Möglichkeit mehr, die Sharing Economy kennenzulernen.» Die Preise für ihre Dienstleistungen können die «Jobber» selber festlegen; Needelp erhält eine Transaktionsgebühr von 20 Prozent pro Auftragssumme.

Needelp-Jobber müssen nicht mit Jumbo-Geräten arbeiten. Gilg sieht aber auch hier einen Konnex zum Stammgeschäft: «Wenn sie es mit unseren Eigenmarken tun, werden sie so auch zu Ambassadoren für unser Hauptgeschäft.» Im besten Falle könne man aus den externen Hilfskräften eine Community bauen.

Ende 2017 Start in der Deutschschweiz

Nach der Romandie nimmt Gilg mit Needelp jetzt auch den östlichen Landesteil ins Visier: «In der Deutschschweiz lancieren wir Needelp zum Ende des dritten Quartals 2017 in all unseren Filialen», sagt der Jumbo-Chef, «gleichzeitig mit unserem Online-Shop.»

Ein heikler Punkt bei solchen Portalen ist das Thema Versicherung. Gemäss Gilg ist das heute noch Sache der Jobber. Man übe sich aber in Risikominimierung: Needelp fokussiere sein Angebot auf einfache Arbeiten in Haus und Garten, «gefährliche Jobs wie etwa Arbeiten auf Dächern werden nicht angeboten auf der Plattform.» Man arbeite daran, eine Versicherungslösung anzubieten. Eine kleine Spitze kann sich Gilg nicht verkneifen: «Leider sind die meisten Versicherer noch sehr zurückhaltend in dieser Thematik.» Erste Kontakte seien jetzt aber angebahnt.

Konkurrenz zurückhaltender

Jumbo-Chef Gilg ist der derzeit wohl feurigste Verfechter der Sharing-Economy in der Baumarktwelt. Die Konkurrenz hegt Sympathie, äussert sich aber zurückhaltender. OBI biete heute schon umfassenden Geräteverleih an und bei Do it + Garden sehe man Potenzial, heisst es bei der Migros. Coop macht vor allem bei grossen und selten benutzten Maschinen ein Bedürfnis aus und «beobachtet die Kundenbedürfnisse sehr genau».

Jumbo-Chef Gilg geht beherzter ans Werk. Nicht nur im Büro, sondern auch privat bei sich zu Hause: «Ich habe meinen Kärcher-Hochdruckreiniger schon zwölfmal vermietet.»

Andreas Güntert
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