Der Schweizer Immobilienmarkt, der von Übertreibungen weitestgehend verschont geblieben ist, entwickelt sich trotz rezessiver Wirtschaft erstaunlich robust. Gegenwärtig übernimmt der Liegenschaftssektor eine wichtige, konjunkturfestigende Funktion.

Der Wohnungsbau als stabilstes Segment profitiert von den anhaltend günstigen Finanzierungsbedingungen (siehe Grafik zu den Zinsen) und der bisher nur sukzessiven Rückbildung der Zuwanderung von Personen aus der EU. Der Wohnungsmarkt präsentiert sich insgesamt in einer ausgeglichenen Verfassung. Die Leerstände sind auf tiefem Niveau, die Immobilienpreise steigen tendenziell immer noch moderat an, Angebot und Nachfrage bewegen sich somit einigermassen im Gleichschritt.

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Die Absorption der Neuproduktion an Wohneinheiten durch den Markt bietet bisher keine grösseren Probleme. Die seit dem 1. Quartal 2009 rückläufigen Mieten bei Erstvermietungen könnten allenfalls einen Hinweis auf eine bevorstehende Konsolidierung oder Abschwächung des Wohnbauzyklus liefern. Bei den Grundstückspreisen sind es bis jetzt im Wesentlichen die hochpreisigen Baulagen, die eine gewisse Korrektur einer zum Teil übertriebenen Preisentwicklung verzeichneten.

Keine «Kreditklemme»

Obschon von Marktteilnehmern im Verlauf von 2010 eine Beruhigung im Wohnungsmarkt erwartet wird, dürfte eine Abschwächung der Nachfrage vorerst zu einer Entspannung des Marktes beitragen. Die Bautätigkeit wird voraussichtlich auch im nächsten Jahr auf hohem Niveau verharren. Einerseits befindet sich immer noch eine hohe Zahl von Wohnungen im Bau, anderseits signalisieren die Baubewilligungen eine stabile Nachfrage nach Wohnraum. Des Weiteren haben die Turbulenzen bei verschiedenen Anlagesegmenten die Investitionen in einheimische Immobilien gefördert.

Aufgrund der erheblichen Unsicherheiten bezüglich der weiteren Konjunkturentwicklung bleibt allerdings fraglich, ob die bewilligten Bauvorhaben auch alle tatsächlich realisiert werden. Indessen sind in der Schweiz zum heutigen Zeitpunkt keine Anzeichen einer «Kreditklemme» für Wohnhypotheken zu erkennen. Das Hypothekarvolumen verzeichnet ein anhaltendes Wachstum.

Vor dem Hintergrund dieser Marktgegebenheiten sind grössere Preiseinbrüche im einheimischen Wohnimmobilienbereich eher unwahrscheinlich. Gewisse Korrekturen zeichnen sich allerdings in vereinzelten Boomregionen wie im Bassin Lémanique oder am Zürichsee sowie vorab im gehobeneren Liegenschaftssegment ab.

Ein anderes Bild präsentiert sich im konjunktursensibleren Markt für kommerzielle Flächen. Anzeichen lokaler Überangebote sind hier erkennbar. Sollte die bislang schwache Konjunkturbelebung nicht bald stärker ausfallen, wären markantere Preisrückgänge im gewerblich genutzten Immobiliensegment, zumal an weniger günstigen Lagen, nicht mehr auszuschliessen.

Preisstabilität als Richtschnur

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) ist spätestens seit der Immobilienkrise anfangs der 1990er-Jahre für die Entwicklungen im Liegenschaftsmarkt sensibilisiert. Damals geriet nicht allein der Bausektor in Schwierigkeiten, auch die Banken erlitten substanzielle Verluste auf ihren Kreditpositionen. Als besonders zinsempfindlich gelten die Wohnbauinvestitionen. Die historisch tiefen Zinsen über einen längeren Zeitraum bergen ein gewisses Risiko für die Stabilität des Schweizer Immobilienmarktes und des Bankensystems. Die risikoorientierte Kreditfinanzierung durch die Banken ist in diesem Zusammenhang eine zentrale Voraussetzung dafür, dass keine Blasenbildung bei den Immobilienpreisen entsteht. Der über alles gesehen moderate Anstieg der Immobilienpreise zeigt jedoch, dass die grosszügige Liquiditätsversorgung der Nationalbank mit den tiefen Zinsen eine stabilisierende Wirkung ausübt.

An der letzten Lagebeurteilung vom 17. September 2009 hat die SNB mitgeteilt, an ihrer im März beschlossenen expansiven Geldpolitik festzuhalten. Der 3-Monats-Libor soll weiterhin um 0,25% gehalten werden. Die langfristigen Inflationsaussichten signalisieren aber, dass die lockere Geldpolitik nicht endlos weitergeführt werden kann, ohne die mittelfristige Preisstabilität zu gefährden. Allerdings müssen sich die Anzeichen einer globalen konjunkturellen Belebung sowie einer nachhaltigen Erholung des Finanzmarktes noch bestätigen, bevor eine monetäre Wende eingeleitet wird. Die Normalisierung der Geldpolitik könnte indessen Preiskorrekturen im Immobilienmarkt zur Folge haben und den finanzierungsabhängigen Bauzyklus bremsen.