Michael Moosbrugger sagt es zwar nicht, aber Mut hatte schon dazu gehört, als er im Februar 1996 – gemeinsam mit dem Langenloiser Topwinzer Willy Bründlmayer – das Schloss Gobelsburg, das älteste Weingut im Kamptal, vom Zisterzienserstift Zwettl pachtete. Das Stift besitzt seit 1171 Ländereien und Weingärten in Kammern und in Gobelsburg. 1740 kamen mit dem Erwerb des Renaissanceschlosses Gobelsburg aus adeliger Hand weitere, heute im Besitz des Stiftes befindliche Weingärten dazu. Zuletzt hatte Pater Bertrand Baumann, der spätere Abt von Zwettl, das Weingut geleitet. Sein Gobelsburger Messwein wurde zum Klassiker des österreichischen Weinbaus.

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Und nun also liegt seit nunmehr zwölf Jahren das Schicksal des imposanten Schlossguts in den weltlichen Händen von Michael Moosbrugger, dem es zusammen mit seiner Frau Eva und dem im Hintergrund agierenden Willy Bründlmayer gelungen ist, sehr rasch in den heimischen Winzerolymp aufzusteigen.

Weinbau statt Philosophie

Eigentlich lag es für Michael Moosbrugger, Spross der Besitzerfamilie des renommierten Hotels Gasthof Post in Lech am Arlberg, nicht auf der Hand, den Winzerberuf zu ergreifen, trotz seiner früh entfachten Liebe zum Wein. Er studierte in Salzburg Philosophie, musste jedoch das Studium im Alter von 22 Jahren abbrechen, weil sein Vater bei einer Bergtour ums Leben gekommen und seine Mithilfe zuhause im Gasthof gefragt war. In den folgenden Jahren, die er für seine Hotelierausbildung teilweise in der Schweiz und in Kanada verbrachte, reifte in ihm während eines Praktikums im Restaurant Gut Oberstockstall bei Kirchberg am Wagram der Gedanke, die «Post» in Lech seinem Bruder Florian zu überlassen und sich selbst dem Weinbau zuzuwenden. Auf dem herrschaftlichen Gut der Familie Salomon wurde nämlich neben Viehzucht, Acker-, Gemüse- und Obstbau auch Weinbau betrieben. Letzter hatte es Moosbrugger besonders angetan. Er verbrachte viel Zeit im Weinkeller bei Fritz Salomon junior und dessen Schwiegervater, dem Wachauer Winzer Josef Jamek, und lernte so das Winzerhandwerk von der Pike auf.

Fehlte nur noch ein eigenes Weingut. Mitte Dezember 1995 rief ihn Willy Bründlmayer an und sagte, er habe was für ihn. Bründlmayer war vom Zisterzienserstift Zwettl angefragt worden, ob er das Schloss Gobelsburg pachten wolle. Die beiden beschlossen, sich gemeinsam zu bewerben. Zwei Wochen später wurde der Pachtvertrag auf 60 Jahre unterschrieben, weitere acht Wochen später zog Moosbrugger ins Schloss ein. Das Abenteuer konnte beginnen.

Grüner Veltliner und Riesling

Schloss Gobelsburg war ja nicht irgendein Weinbaubetrieb, sondern ein historisch bedeutsames, traditionsreiches Gut mit 38 ha Weingärten an den besten Lagen des Gebiets. Moosbrugger behielt einen kühlen Kopf und machte es sich zum Ziel, dieses Erbe zu pflegen und behutsam weiterzuentwickeln. «Jede Lage hat ihre besonderen Charakteristiken, ihre spezifische Bodenbeschaffenheit, ihre eigenen mikroklimatischen Verhältnisse», erklärt er. Die hier seit Jahrhunderten vorherrschenden Rebsorten sind der Grüne Veltliner und der Riesling. Sie haben sich am besten an die Verhältnisse angepasst. «Während sich der Riesling auf den kargen und steinigen Terrassen von Heiligenstein und Gaisberg am wohlsten fühlt, kann sich der Grüne Veltliner am besten auf lössig-sandigen Böden entfalten.» Neben diesen beiden Hauptsorten, die zusammen drei Viertel der Rebfläche von Schloss Gobelsburg ausmachen, werden auf den restlichen Parzellen die roten Sorten St. Laurent, Zweigelt, Blauburgunder und Merlot kultiviert.

Erst nach 18 Monaten abgefüllt

Auch im Keller arbeitet Moosbrugger behutsam und überlegt. «In einer Zeit, in der viele Kellereien gleichförmige, austauschbare Weine produzieren, die einen möglichst breiten Geschmack treffen, versuchen wir eigenständige, durch ihre Herkunft geprägte Weine zu keltern», kommentiert Moosbrugger. Da diese Gleichförmigkeit nicht zuletzt durch den übermässigen Einsatz von technologischen Hilfsmitteln zustande kommt, arbeitet Moosbrugger – auf nicht weniger innovative Weise – nach dem Motto «Weniger ist mehr».

Mit dem Grünen Veltliner und dem Riesling der neuen Linie «Tradition», die neben den Einzellagenabfüllungen zu den Vorzeigegewächsen des Kamptals zählen, hat Moosbrugger Neuland betreten. Die beiden Weine sind der Versuch, Erkenntnisse über traditionelle Weinbauverfahren, die er in Gesprächen mit Pater Bertrand Baumann und durch eigene Recherchen gewonnen hat, in die Praxis umzusetzen. Im Gegensatz zu modernen, reduktiven Weinbautechniken, deren Ziel es ist, die Frucht zu betonen, werden die Traditions-Weine nach der Spontanvergärung mehrmals abgestochen und belüftet und erst nach 18 Monaten Fasslagerung abgefüllt. Sie zeichnen sich durch Tiefgründigkeit, Finessenreichtum und ein grosses Alterungspotenzial aus.