Google, immer wieder Google: Die Anziehungskraft des Internetgiganten ist beim Führungsnachwuchs ungebrochen – mehr noch, Google hat sie sogar noch gesteigert im Vergleich zum Vorjahr. Wirtschafts- und IT-Studenten wollen nach wie vor am liebsten für diesen Konzern arbeiten, bei den angehenden Ingenieuren liegt er hinter ABB, dem grössten Schweizer Technologiekonzern, unverändert auf Rang zwei, und bei den Naturwissenschaftlern ist Google auf Rang vier geklettert und hat Nestlé überholt.

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Googles ausgeklügelte Strategie

«Innovation und Kreativität», darüber definiere Google seine Attraktivität als Arbeitgeber, sagt Yves Schneuwly, Schweiz-Chef bei Universum. Die Beratungsfirma führt jährlich und international einen «Student Survey» durch und ermittelt dabei die beliebtesten Arbeitgeber – die «Universum Top 100». Die Schweizer Befragung erreicht mehr als sechs Prozent aller hier Studierenden, damit ist die Aussagekraft enorm hoch.

Schneuwly sieht Googles Erfolg auch als Resultat einer «ausgeklügelten Strategie» – die Firma investiere viel in ihren guten Ruf als Arbeitgeber, vermittle gekonnt ihre spezielle Unternehmenskultur. Aber nicht über «die offensichtlichen Kanäle», hat Schneuwly beobachtet, sondern «in erster Linie über die sozialen Medien». Und Googles Technik-Headquarter in Zürich sei zudem ein wahrer «Talentmagnet».

Bis zu zehn Interviews

Tatsächlich ist der Zustrom enorm – mehr als zwei Millionen Bewerbungen gingen jährlich bei Google ein, sagt Daniel Clarkson, Leiter Rekrutierung in der Schweiz. Nach einem ersten Telefongespräch folgten «etwa fünf Interviews», dann gehe das Bewerberdossier zu den «Recruiting-Kommissionen». Insider berichten aber auch von teilweise zehn und mehr Interviews, oft per Videotelefonie mit Googlern in den USA. Viel Aufwand – aber «dieser Prozess hat sich für uns bewährt», sagt Clarkson. Und betont, dass Google als Einstellungskriterium «eher Talent als Erfahrung bevorzugt».

Auf die Talente warten dann Annehmlichkeiten wie Fitness- oder Musikraum und der Austausch mit «extrem smarten und trotz allem bescheidenen Menschen – man kann jeden Tag etwas Neues lernen», sagt Clarkson. Diese Mischung kommt immer besser an.

SNB im Hoch

Erstaunlich ist der Aufschwung der Schweizerischen Nationalbank (SNB): Im Beliebtheitsranking der Wirtschaftsstudenten hat die SNB um neun Ränge zugelegt und klassische Karriereschmieden wie McKinsey, Boston Consulting, Ernst & Young, Goldman Sachs oder die Swatch Group hinter sich gelassen. So richtig erklären kann sich das die SNB wohl selbst nicht; klar, man sei an Karrieremessen vertreten und schicke Führungskräfte als Dozenten in die Hochschulen, das schaffe Kontakte.

Womöglich habe aber auch die 2014 «relativ hohe Präsenz in den Medien» die Bekanntheit noch einmal gesteigert, vermutet Carmen Signer, Verantwortliche für Campus-Rekrutierung bei der SNB. Sie sieht auch das breite Spektrum an anspruchsvollen Themen bei der SNB als attraktive Herausforderung: neben der Steuerung des Geldmarktes eben auch die Analyse der Realwirtschaft, die Verwaltung der gewaltigen Devisenbestände und die internationale Kooperation – Themen, die entlang der Medienberichterstattung vielleicht deutlicher wurden als früher.

Talentpool überschaubar

Und tatsächlich beobachtete Universum-Manager Yves Schneuwly schon 2012 einen ähnlichen Effekt, als «die Nationalbank im Ranking der attraktivsten Arbeitgeber drei Plätze gutmachen konnte, nachdem sie den Mindestkurs eingeführt hatte».

Auffällig in den aktuellen Rankings ist der verschärfte Schmusekurs zwischen Managementberatungen und Ingenieurstudenten: Letztere tendieren immer stärker ins Consultinggeschäft, während Erstere schon länger um Techniktalente werben. Yves Schneuwly weiss: Betriebswirte planen und starten ein Projekt, «umsetzen müssen es aber Mitarbeiter mit technischem Wissen». Auf sie warten bei den Beratern abwechslungsreiche internationale Aufgaben und Kontakte in die Führungsetagen. Rational würde, so Schneuwly, «es in der Tat Sinn machen, ein Ingenieur- oder IT-Studium zu wählen». Beide Richtungen seien sehr gefragt, der Talentpool jedoch überschaubar.

Der «kleine» Unterschied

Vor dem Hintergrund der Debatten über Gleichstellungsfragen, Gehälterdifferenzen und Frauenquote sind auch die Geschlechterunterschiede interessant, welche die Umfrage aufzeigt: Während männliche Studenten im Schnitt mit 81'180 Franken Jahressalär rechnen, erwarten weibliche «nur» 71'440 Franken.

Auch die beliebtesten Firmen weisen beträchtliche Unterschiede auf: Bei den Wirtschaftsstudierenden mit Y-Chromosom liegen Google, UBS und Nestlé vorn, dann folgen, mit Ausnahme von Rolex, bis Rang zehn nur Berater, Gross- oder Investmentbanken. Die vier genannten Firmen finden sich auch in den Top Ten der Frauen – ansonsten ist das Bild ein völlig anderes: Nestlé liegt auf Rang eins, gefolgt von Luxuskonzernen wie L’Oréal, LVMH, Four Seasons oder Swatch, dazu die Swiss und Schweiz Tourismus. Schneuwly weiss: Frauen suchen eher Firmen mit emotionalen Marken, Männer tendieren eher zur «Möglichkeit, in Zukunft viel zu verdienen».

Ingenieure erwarten mehr Lohn

Die Salärerwartungen sind auch im Vergleich der Fachrichtungen spannend. Künftige Ingenieure erwarten 2015 deutlich mehr als 2014: Die Ansprüche sind von 77'100 Franken auf 80'500 Franken gestiegen – und haben damit die Erwartungen der Wirtschaftsstudenten überholt; sie rechnen mit knapp 79'000 Franken. Weiterhin machen sich IT-Studenten die umfangreichsten Hoffnungen: Sie kalkulieren mit gut 85'700 Franken. Human- und Kulturwissenschaftler begnügen sich mit unter 68'000 Franken.

Dirk Ruschmann
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