Benetton-Familie nach Autogrill-Deal neuer Dufry-Grossaktionär

Die italienische Benetton-Familie wird zum neuen Grossaktionär des Basler Reisedetailhändlers Dufry. Wenn der Autogrill-Deal beendet ist, gehört jede vierte Aktie des Zollfreihändlers der italienischen Glanz-and-Glamour-Dynastie. Das Aushängeschild: Alessandro Benetton, passionierter Skifahrer, Rennsportfanatiker, jahrelanger Liebling der italienischen Medienszene. Alessandro Benetton ist ein Vertreter der zweiten Generation. Sein Vater ist der Co-Gründer des Milliardenimperiums. Alessandro studierte an amerikanischen Eliteuniversitäten, verdiente seine Sporen Ende der 1980er Jahre bei Goldman Sachs im harten M&A-Business – und er war massgeblich am Aufstieg des deutschen Formel-1-Fahrers Michael Schumacher beteiligt. Zehn Jahre lang führte Alessandro Benetton den Rennstall als Präsident. Unter seiner Ägide gewann Schumacher den ersten Weltmeistertitel. Das war 1994, der Rennsport erlebte das vielleicht dramatischste Jahr seiner Geschichte. Beim grossen Preis von San Marino verunglückte der Brasilianer Ayrton Senna tödlich. Beim Grossen Preis von Australien, dem letzten Rennen der Saison, krachte Schumacher gegen den Briten Damon Hill. Beide mussten das Rennen abbrechen, Schumacher sicherte sich mit dem bis heute umstrittenen Manöver den Weltmeistertitel. Benetton: Anfang mit Mode Der junge Benetton war seinerzeit erst dreissig Jahre alt. Die Studienjahre in Harvard waren noch frisch. Die Gründung der Familienholding Edizione – in Italien jedem Wirtschaftsinteressierten ein Begriff – lag noch keine zehn Jahre zurück. Benetton war bis in die 1980er Jahre ein Textilkonzern, bekannt für farbenfrohe Strickpullover und aussergewöhnliche Werbekampagnen. Gilberto, der Onkel von Alessandro, drängte aber auf eine Diversifizierung. Der Zeitpunkt war günstig: In ganz Europa kam es zu grossen Privatisierungsrunden. Der Staat versilberte seine Infrastruktur und Beteiligungen. Die Benettons schnappten sich, was besonders aussichtsreich war. So kamen sie zur Autobahngesellschaft Autostrade per l’Italia (Aspi) und waren zeitweise auch bei Telecom Italia dabei. Edizione wuchs zu einer der grössten Beteiligungsgesellschaften Europas. Alessandro Benetton heiratete die Skifahrerin und dreifache Olympiasiegerin Deborah Compagnoni. Das Paar hat drei Kinder. Zwei Mädchen und einen Jungen. Die drei gehören zur dritten Benetton-Generation, die das weitverzweigte Unternehmen weiterführen wird. Versicherung, Reifen, Zeitung Der Umsatz der Beteiligungsgesellschaft liegt im tiefen zweistelligen Milliardenbereich. Sie hält unter anderem Anteile an Generali, Pirelli, Mediobanca, der Zeitung «Il Sole 24 Ore», kontrolliert den Textilkonzern Benetton und hält ein grosses Aktienpaket am deutschen Baukonzern Hochtief. Über die börsenkotierte Infrastrukturgesellschaft Atlantia hielten die Benettons auch diverse Flughafenbetreiber (Rom, Nizza, Cannes) und Autobahngesellschaften. Atlantia war die grösste Nummer im Portfolio. Und ausgerechnet diese Beteiligung geriet in einen riesigen Sturm, als 2018 eine Brücke in Genua einstürzte. Denn es war die 88-prozentige Atlantia-Autobahn-Tochter Aspi, die für die Brücke verantwortlich war. Sie hatte das Bauwerk mangelhaft gewartet und Untersuchungsberichte gefälscht. Die Benettons, die jahrzehntelang als Vorzeigeunternehmer galten, gerieten in der Öffentlichkeit massiv in die Kritik. Sie wurden als verantwortungslose Kapitalisten gebrandmarkt. Alessandro Benetton, einst der Liebling der Medien, mutierte zur Zielscheibe – zusammen mit dem Rest der Familie. Die Benettons organisierten sich und ihr Portfolio neu. Der mittlerweile 58-jährige Alessandro Benetton, gestählt durch jahrelanges Ringen im Sport, Business und in der Partnerschaft – die Ehe endete erst kürzlich in der Scheidung –, übernahm wieder die Kontrolle über die Familienholding. Es gilt eine fünfjährige Lock-up-Periode, in der die Aktien der Familienholding nicht verkauft werden dürfen. So soll der Übergang zur dritten Generation gelingen. Autogrill und Dufry: Von Italien nach Dubai und China Das Geschäften geht derweil weiter. Alessandro Benetton war massgeblich daran beteiligt, dass die italienischen Autogrill-Ableger neu zu Dufry stossen. Er ist der massgebliche Familienvertreter im Verwaltungsrat der italienischen Autogrill SpA, dem auch die einstige Ikea-Schweiz-Chefin Simona Scarpaleggia angehört. Für das Amt kassiert er 60’000 Euro im Jahr – ein Taschengeld für den Spross der Milliardärsfamilie. Bei Dufry amtet er neu als Ehrenpräsident. In dieser Funktion wird er zusehen, wie die beiden Geschäfte verschmelzen. Autogrill betreibt alleine in der Schweiz neun Raststätten, darunter jene in St. Margrethen SG, Münsigen BE oder Pratteln BL. Am Flughafen Zürich dürfte eine neue Dominanz entstehen, zumal die Italiener zwanzig Restaurants und Bars am Drehkreuz der Swiss betreiben. Die Dufry-Beteiligung wird so zu einem neuen, wichtigen Standbein der Benetton-Familie. Und es rückt sie in die Nähe von Firmen, mit denen die italienische Modedynastie bislang wenig Berührungspunkte hatte: Zu den grössten Aktionären von Dufry gehören der Staatsfonds von Qatar und der chinesische Online-Gigant Alibaba. Mehr zum Thema Der neue Airport-Shopping-Koloss ist für die Konsumenten schlecht Sollen Anleger jetzt Aktien von Durfy kaufen? Mitten in der Krise spannt Duty-Free-Händler Dufry mit Alibaba zusammen 300 Millionen Dollar stark: Die neue Firma des Dufry-Präsidenten Dufry ernennt Xavier Rossinyol zum neuen Chef

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