Es war ein Eklat, wie man ihn in der Schweiz selten gesehen hat: Im Juni nahm Roche das Krebsmedikament Lunsumio vom Markt, nachdem der Konzern sich mit dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) nicht auf einen Preis hatte einigen können. Seither finanziert CEO Thomas Schinecker die Behandlungen aus der Konzernkasse. Es geht um ein paar Dutzend Patienten mit einer besonders schweren Form von Blutkrebs, für die das Medikament aus Basel eine Frage des Überlebens ist. Der Pharmakonzern, der einspringt, wenn alle anderen Sicherungen ausfallen – das ist die neue Realität im Gesundheitswesen.
Dabei ist Lunsumio kein Einzelfall, sondern nur ein besonders krasser. Der Spareifer des BAG trifft alle Pharmakonzerne, die neue Therapien entwickeln und dafür Milliarden – mittlerweile sind es 4 bis 6 Milliarden Dollar pro neuem Medikament – springen lassen. Ein Konzern soll bei einem Krebsmedikament einen Abschlag von 80 Prozent gegenüber dem Ausland machen, als Vergleichsgrösse wird eine längst generische und deshalb besonders günstige Hormontherapie herangezogen. In einem anderen Fall verwies Bern auf eine jahrzehntealte Chemotherapie, um den Preis möglichst weit nach unten zu drücken. Dabei geht es um eine seltene, sehr aggressive Krebserkrankung, bei der die neue Therapie die Überlebenschancen um ein Vielfaches erhöht. Doch das hält das BAG nicht davon ab, beim Preis auf die Bremse zu treten.

