Noch vor einigen Jahren sind die Bäume bei den Vermögensverwaltungsbanken in den Himmel gewachsen. Das Ertragswachstum lag im Zentrum des Handelns, und die Kunden wurden teilweise eher als Mittel zum Zweck behandelt. Mit dem Platzen der Börsenblase ging der Traum abrupt zu Ende: Einerseits schmolzen die bestandesabhängigen Kommissionen, andererseits brachen die transaktionsabhängigen Courtagen ein.

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Nachdem die Banken die Kosten nun vielerorts den Erträgen angepasst haben, richtet sich ihr Hauptaugenmerk wieder mehr auf das Ertragswachstum.

Während der Börsenbaisse haben Private-Banking-Kunden die Entwicklung ihrer Performance beobachtet und standen Gewehr bei Fuss. Nur relativ wenige Kunden haben ihre Bankbeziehung gewechselt, weil die Vermögensverwalter generell eine schlechte Performances geliefert haben.

Jetzt aber mit dem Wiedererwachen der Börsen beurteilen die Kunden die Performance sowie die Qualität des Services mit kritischeren Augen. Die Kunden sind eher bereit, ihre Vermögenswerte «abzudisponieren», lässt sich ein Kundenberater einer bedeutenden Privatbank zitieren.

Deshalb kommt der Kundenbetreuung eine besondere Bedeutung zu. Gemäss des «PricewaterhouseCoopers Global Private Banking/Wealth Management Survey 2003» nennen denn auch rund 65% der Chief Executive Officer die Akquisition neuer und die Be-treuung bestehender Kunden als wichtigstes strategisches Ziel. Infolge der volatilen Wertpapiermärkte ist es für die Bankiers jedoch schwieriger geworden, verlässliche Annahmen zur Entwicklung der Kommissionserträge zu machen.

Erstaunlicherweise haben nur 54% der in der PwC-Studie befragten Vermögensverwalter ein strukturiertes Programm zur Messung der Kundenzufriedenheit, wie es in anderen Branchen seit Jahren selbstverständlich ist. Dabei werden vorwiegend die Kundenbeschwerden retroaktiv überwacht. Wie aber können die Kundenbetreuer optimaler auf ihre Klientel eingehen, wenn sie kein umfassendes und unabhängiges Bild von deren wirklichen Bedürfnissen haben?

So erstaunt es nicht, dass unzufriedene Kunden trotz einer mehrjährigen Geschäftsbeziehung die Bank verlassen und die Vermögensverwaltung einem anderen Institut anvertrauen. Die Gründe dafür sind gemäss der PwC-Studie vielfältig.

Panik vor Kundenabgängen

Die ungenügende Performance wird sowohl in der Schweiz, in Europa wie auch weltweit als häufigster Grund genannt, um eine Bank zu verlassen. Üblicherweise haben klassische Private-Banking-Kunden zwei oder gar drei Bankbeziehungen. Da sie dadurch die unterschiedlichen Performances leicht miteinander vergleichen können, werden die Banken einem erhöhten Druck ausgesetzt.

Banken scheuen die Fluktuation der Kundenbetreuer wie der Teufel das Weihwasser und zeigen sich daher bei der Entlöhnung der Mitarbeiter in Form von Boni grosszügig. Besonders bei langjährigen Kundenbeziehungen mit den gleichen Betreuern besteht das Risiko, dass Kunden im Falle eines Stellenwechsels des Betreuers mit ihren Vermögen mitziehen. Obwohl einige Banken in letzter Zeit öfter versuchten, die Kundenbindung durch die Diversifikation der Kundenkontakte und den vermehrten Vertrieb von bankeigenen Produkten zu erhöhen, ist die Fluktuation der zweithäufigste Grund für einen Kundenabgang.

Umso wichtiger ist es deshalb, dass die Bank ihre Kunden aktiv betreut und auf deren Bedürfnisse eingeht. Diese fehlende proaktive Beratung ist der am drittmeisten genannte Grund, weshalb Anleger die Bank verlassen.

Dies erstaunt nicht, wenn man bedenkt, dass Kundenbetreuer im Durchschnitt rund 150 Kundenbeziehungen pflegen sollten und die Administration schnell einmal einen Drittel der Arbeitszeit beansprucht.

Geschäftsbeziehungen werden auch abgebrochen, weil die Bank mit der Kundenbeziehung nicht zufrieden ist. Bei den Gründen dafür bestehen regionale Unterschiede.

Noch vor wenigen Jahren versuchten viele Vermögensverwaltungsbanken, ihren Marktanteil im unteren Kundensegment, den so genannten Affluents, auszubauen. Sie reduzierten die Mindestvermögensgrenze in der Hoffnung, diesen Investoren Produkte und Dienstleistungen aus anderen Bereichen verkaufen zu können. Jene Finanzinstitute, die weder ihre Dienstleitungsqualität auf das niedermargige Geschäft ausgerichtet noch ihre Prozesse auf Effizienz getrimmt haben, mussten viel Lehrgeld bezahlen.

Die Kriterien für die Kundensegmentierung werden von den Banken langsam dem neuen Umfeld angepasst. Zwar teilen die Banken die Kunden oft aufgrund ihrer Herkunft oder der Höhe des Vermögens einem bestimmten Kundenberater zu; weitere Kriterien wie Risikobereitschaft, Lebensstil oder Produktemix werden jedoch nach und nach vermehrt berücksichtigt. Überraschenderweise sind in Europa regulatorische Bedenken («Know your customer»-Regel, Bekämpfung von Geldwäscherei) der Hauptgrund, warum eine Institut die Verbindung zu einem Kunden kappt. Dies dürfte damit zusammenhängen, dass in der Schweiz das Schwergewicht der Abklärung im Zeitpunkt der Kontoeröffnung liegt, während andere Länder erst stärkeres Gewicht auf die laufende Transaktionsüberwachung legen.

Vertrauen ist das A und O im Private Banking. Dieses Vertrauen entsteht dank eines persönlichen Beziehungsnetzes und infolge des Markennamens einer Bank. Sie wird mit einer stetigen, partnerschaftlichen Geschäftsverbindung über die Jahre hinweg vertieft.

In letzter Zeit haben die Schweizer Banken vermehrt versucht, über die Begriffe Transparenz, Persönlichkeit und Kompetenz Vertrauen zu schaffen und dadurch den Wert ihres «Brands zu erhöhen. In der Studie von PwC wurde auch nach den Vermögensverwaltern mit dem besten Markennamen gefragt. Sowohl in der Schweiz, in Europa wie auch weltweit nehmen Schweizer Banken die beiden ersten Plätze ein.

Die Schweizer Institute geniessen somit nach wie vor einen exzellenten Ruf. Dennoch wird sich der Wettbewerbsdruck im Kampf um Private-Banking-Kunden in Zukunft noch verschärfen. Jene Banken, die ihre Kunden ernst nehmen und die Dienstleistungen nach deren Bedürfnissen ausrichten, werden ihre Anleger erfolgreich betreuen und neue Kunden akquirieren können.

Rolf Birrer, Partner, PricewaterhouseCoopers, Zürich.



Darum verlassen Kunden einen Vermögensverwalter

Schweiz Europa Weltweit

1 Ungenügende Performance Ungenügende Performance Ungenügende Performance

2 Kundenbetreuer wechselt Fehlende proaktive Fehlende proaktive

Arbeitgeber Beratung Beratung

3 Fehlende proaktive Kundenbetreuer wechselt Zu hohe Preise der

Beratung Arbeitgeber Dienstleistungen

Quelle: PWC



Darum brechen Banken Kundenbeziehungen ab

Schweiz Europa Weltweit

1 Zu tiefes Vermögen Regulatorische Bedenken Zu tiefes Vermögen

2 Geringe Profitabilität Zu tiefes Vermögen Regulatorische

Bedenken

3 Neue Kriterien bei der Geringe Profitabilität Geringe Profitabilität

Segmentierung

Quelle: PWC