Es war unter anderem «Misswirtschaft» und «ungetreue Geschäftsbesorgung», die zum Untergang der Konzertagentur «Free & Virgin» geführt hatten: Das Zürcher Obergericht hat nun den Firmengründer wegen Finanztransaktionen vor dem Konkurs schuldig gesprochen. Weil er zudem bei Ticketeinnahmen trickste, um weniger Gebühren zu zahlen, ist er auch wegen Betrugs verurteilt worden.

Die Konzertagentur «Free & Virgin» war während 40 Jahren die Nummer 2 in der Schweiz. Sie holte, wie deren Geschäftsführer und Gründer in Interviews früher erklärt hatte, unter anderem Dire Straits, Metallica, Aerosmith und Lenny Kravitz als erste auf hiesige Bühnen. Am 3. Oktober 2011 musste der heute 67-Jährige jedoch mit seinen Gesellschaften Konkurs anmelden.

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Die Kosten eines Festivals

Das Zürcher Obergericht hat den Gründer nun zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten bei einer Probezeit von drei Jahren verurteilt. Es bestätigte damit das Strafmass des Bezirksgerichts Zürich, wie dem am Dienstag der Nachrichtenagentur SDA zugestellten Urteils-Dispositiv zu entnehmen ist.

Der Untergang der Konzertagentur war unter anderem auf die zweite Ausgabe des Metal- und Hardrockfestivals «Sonisphere» im Jahr 2011 zurückzuführen: Im Vorverkauf gingen nur 10'000 von 30'000 Tickets weg, es kündigte sich ein finanzielles Debakel an.

Um das Festival dennoch durchführen zu können, entnahm der Geschäftsführer aus seinen zwei «Free & Virgin»-Gesellschaften rund eine Viertelmillion Franken, um sie als Darlehen seiner dritten Firma zur Verfügung zu stellen, welche das Festival organisierte.

Mit diesem Kredit habe er die beiden Gesellschaften, die bereits finanziell angeschlagen waren, ausgehöhlt, befand der Staatsanwalt und warf dem Konzertveranstalter Misswirtschaft und ungetreue Geschäftsbesorgung vor.

Nicht rentabel

Es sei klar gewesen sei, dass das Festival nicht rentabel sei, sagte der Staatsanwalt am vergangenen Freitag vor dem Obergericht. Und damit sei auch voraussehbar gewesen, dass die «Free & Virgin»-Unternehmen das Darlehen in sechsstelliger Höhe nicht zurückerhalten würden. Der Staatsanwalt sprach von einem «Dolchstoss» für diese Gesellschaften.

Der «Sonisphere»-Vorverkauf sei damals unter den Erwartungen geblieben, räumte der 67-Jährige ein. Allerdings habe er alles unternommen, um das Festival erfolgreich durchzuführen: «Wir fuhren die Kosten herunter, wir wechselten die Location.» Er habe den Eindruck gehabt, es gehe schon.

Ohne Risiken einzugehen, könne ein Konzertveranstalter gar keinen Anlass durchführen, führte dessen Anwalt aus. «Es müssen viele Investitionen getätigt werden, bevor ein einziges Ticket verkauft ist.» Ohne das Darlehen der «Free & Virgin»-Gesellschaften hätte das Festival abgesagt werden müssen. Dadurch wäre ein Reputationsschaden entstanden, der ebenfalls zum Konkurs geführt hätte.

Mit dem Entscheid für den Kredit und für die Festivaldurchführung sei die Hoffnung verbunden gewesen, Einnahmen - etwa im Catering - zu generieren, sagte der Anwalt. «Der Entscheid war zwar risikobehaftet, stellte aber keine Pflichtverletzung dar.»

Die falschen Besucherzahlen

Um Kosten zu sparen, hat der Konzertveranstalter gemäss Staatsanwalt auch der Rechte-Gesellschaft Suisa mehrmals zu tiefe Ticketeinnahmen gemeldet. Urheberrechtsgebühren von etwa einer halben Million Franken sollen so der Suisa durch Betrug entgangen sein.

Er habe nicht bewusst falsche Zahlen angegeben, hatte der Geschäftsführer vor der ersten Instanz, dem Bezirksgericht, ausgeführt. Es seien wohl Fehler passiert, doch sei ihm einfach die Administration über den Kopf gewachsen.

Die Suisa hätte klar erkennen können und müssen, dass die Angaben unpräzise oder unvollständig waren, sagte dessen Verteidiger vor Obergericht. Er verwies unter anderem darauf, dass Medien von einem ausverkauften Haus mit 35'000 Besuchern berichteten, «Free & Virgin» der Suisa aber bloss 18'000 Ticketverkäufe meldete.

Das Obergericht folgte offenbar weitgehend den Argumenten des Staatsanwalts und verurteilte den Konzertveranstalter wegen mehrfachen Betruges, mehrfacher Misswirtschaft und mehrfacher ungetreuer Geschäftsbesorgung. Er muss der Suisa auch rund 500'000 Franken Schadenersatz zahlen.

Das Urteil wurde am Freitag nicht mündlich eröffnet und begründet. Es liegt inzwischen aber im Dispositiv vor. Es ist noch nicht rechtskräftig.

(sda/chb)