Wie Nestlé mit 
ihrer lukrativen Beteiligung am Kosmetikkonzern L’Oréal auf Dauer umgeht (ausbauen? verringern? abstossen?), hat Nestlé-Chef Mark Schneider beim Investorentag offengelassen – und auf die enorme Rendite von jährlich zwölf Prozent verwiesen, die das Paket im Schnitt seit 42 Jahren in Nestlés Kassen spült.

Der Tod von Liliane Bettencourt, Tochter von L’Oréal-Gründer Eugène Schueller, bringt nun neue Optionen: Ab sechs Monaten nach ihrem Tod darf Nestlé die L’Oréal-Beteiligung aufstocken, selbiges gilt für Bettencourts Erben; diese dürften zwar kaum über grosses Vermögen neben ihrem L’Oréal-Paket verfügen, mit dem sie aber den Kosmetikriesen dominieren. Und so spielen sie eine Schlüsselrolle 
in der Beziehung von L’Oréal zu Nestlé, die in der Vergangenheit eher belastet war.

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Besondere Nähe zum Enkel

Auch Bettencourts Tochter Françoise Bettencourt Meyers (64) gilt nicht als ausgesprochene Nestlé-Freundin. Die stramme Katholikin, die sich zeitweise mit ihrer Mutter verkracht hatte, sitzt als eines von drei Familienmitgliedern im L’Oréal-Verwaltungsrat; ausser ihr amten dort ihr Ehemann Jean-Pierre Meyers (68), zugleich Vizepräsident des VR, sowie ihr ältester Sohn Jean-Victor Meyers (30), den eine besondere Nähe mit der Grossmutter verband.

Er übernahm im Jahr 2012 ihren VR-Sitz, vermittelte zwischen Mutter und Grossmutter in Streitfragen und trat Letzterer als Vormund zur Seite, als sie 2011 entmündigt wurde; die Verwaltung ihres Vermögens ging gemeinschaftlich an ihn, seinen zwei Jahre jüngeren Bruder Nicolas sowie seine Mutter über.

Frei von Skandalen oder Extravaganzen

Jean-Victor lebt frei von Skandalen oder Extravaganzen, sieht man von seinem Modelabel Exemplaire ab, das Kaschmirkleidung und Ledertaschen im Ultra-Luxus-Segment verkauft; die Firma betreibt der 1,95 Meter lange Jean-Victor privat, mit einem Freund. Er gilt als loyal zur Mutter, brav und gut erzogen. Dass er unternehmerisch die Durchsetzungskraft seiner Grossmutter geerbt hat, die L’Oréal über Jahrzehnte dirigierte, wird in Frankreich bezweifelt.

Vorerst wird es also auf seine Mutter ankommen. Und darauf, ob Nestlé am Geldparkplatz L’Oréal überhaupt akute Änderungspläne hat.

Dieser Artikel erschien in der Oktober-Ausgabe 10/2017 der «Bilanz».

Iris Kuhn Spogat
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