Die Immobilienmärkte werden zurzeit mit neuem Anlagekapital regelrecht überflutet. Während bis vor einigen Jahren das Hauptaugenmerk der Investoren dem inländischen Immobilienmarkt galt, wird heute zunehmend im Ausland investiert.

Neue Finanzinvestoren wie Blackstone und Fortress bringen mit Real Estate Private Equity neues Geld, aber auch angelsächsische Methoden bei der Akquisition und Finanzierung auf den europäischen Immobilienmarkt. Gleichzeitig setzen die Investoren vermehrt auf indirekte Anlagen, die eine noch geringere Korrelation mit Aktienanlagen aufweisen als direkte Immobilienanlagen. Gerade in Europa hat diesbezüglich in den letzten Jahren ein rasantes Wachstum stattgefunden. Der Wert des investierten Kapitals in indirekte nichtkotierte Anlagen ist zwischen 1995 und 2005 von 60 Mrd Euro auf 190 Mrd Euro gestiegen.

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Performance im Test

Die Herausforderung liegt für den global tätigen Anleger in der Wahl der Märkte und der Immobilienvehikel: Im Rahmen des Allokationsprozesses müssen Investoren die finanzielle Performance eines Anlagevehikels – egal ob kotiert oder nicht – sorgfältig evaluieren.

Sie können dazu zwei unterschiedliche Methoden anwenden: Mit der Net Asset Value-Methode beurteilen sie das Immobilienunternehmen anhand des Wertes der Net Assets respektive der Nettoaktiven. Der Net Asset Value (NAV) entspricht der Summe der Marktwerte der einzelnen Renditeobjekte plus weiterer Vermögensgegenstände abzüglich der Schulden. Besonders interessant für den Investor ist aber das Verhältnis des NAV zum gehandelten Preis (Börsenwert) beziehungsweise die daraus resultierende Prämie oder der Abschlag.

Bei der Vergleichswertmethode setzen die Analysten Ergebnisgrössen wie Ebitda (Earnings before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization) oder Jahresergebnis ins Verhältnis zum gehandelten Preis. Die daraus resultierenden Verhältniszahlen werden vom Investor mit einer Peer Group verglichen. Bei beiden Bewertungsmethoden werden die wesentlichen Bewertungsparameter – Ergebnisgrössen oder Eigenkapital – aus der externen Berichterstattung entnommen. Für die immer internationaler tätigen Investoren ist somit ein globaler Rechnungslegungsstandard im Allokationsprozess von zentraler Bedeutung.

Keine globale Transparenz

Durch die von der Europäischen Union (EU) für kapitalorientierte Unternehmungen vorgeschriebene Umstellung der Rechnungslegung auf IFRS hat sich die Vergleichbarkeit in der EU sicherlich erhöht. Nichtsdestotrotz ist es dem Investor auch heute noch nicht uneingeschränkt möglich, auf globaler Ebene aussagekräftige Vergleiche zwischen Immobiliengesellschaften zu ziehen.

Während IAS 40 als Bewertungsgrundlage für Renditeliegenschaften den Fair Value propagiert, machen die Rechnungslegungsstandards in den USA (US-GAAP) und Japan (J-GAAP) keinen Unterschied zwischen betriebsnotwendigen Liegenschaften und Renditeliegenschaften. Beide werden zu historischen Kosten unter Berücksichtigung der betriebswirtschaftlich notwendigen Abschreibungen bilanziert. Diese ungleiche Behandlung von Renditeliegenschaften führt einerseits zu erheblichen Unterschieden in der Bilanzstruktur der Unternehmen, andererseits hat sie einen wesentlichen Einfluss auf den NAV, d.h. auf die Prämie beziehungsweise den Abschlag des Börsenwertes im Vergleich zum NAV.

Die Vergleichbarkeit von finanziellen Kerngrössen ist selbst bei der Gegenüberstellung von nach IFRS erstellten Jahresrechnungen infrage gestellt. Auch bestehen – aus Sicht einer einheitlichen Berichterstattung eher unglücklich – nach wie vor Wahlrechte. Es geht dabei vorwiegend darum, ob Renditeliegenschaften zum Marktwert oder Anschaffungswert zu bilanzieren sind. Während diese Wahlfreiheit in der Schweiz durch die Börsenvorschriften der SWX Swiss Exchange eingeschränkt wird, findet man in Deutschland und Spanien mehrere grosse Immobiliengesellschaften, welche sich für das Anschaffungskostenmodell entschieden haben.

Was ist der Net Fair Value?

Darüber hinaus sieht sich die Immobilienbranche mit weiteren Problemstellungen im Bereich der Bewertungsgrundlagen konfrontiert. So wird der Marktwert (Fair Value) von Immobilien in den EU-Ländern unterschiedlich interpretiert: Diskutiert wird, ob vom Fair Value in der Bilanz künftige Verkaufskosten wie Handänderungssteuern und Maklergebühren abzuziehen sind – und ob dadurch der Gross oder der Net Fair Value bilanziert werden muss. Auch hier sind die Ansätze in den jeweiligen Ländern unterschiedlich: In der Schweiz etwa wird vorwiegend der Bruttoansatz gewählt, während in Europa der Nettowert bilanziert wird. In Frankreich und Holland beispielsweise beträgt die Handänderungssteuer bis zu 6%. Bei Entwicklungsprojekten wiederum erfolgt in Europa bis zur Fertigstellung grundsätzlich eine Bilanzierung zu Anschaffungswerten. In Grossbritannien bilanzieren die grossen Immobiliengesellschaften den gegenwärtigen Marktwert jedoch bereits während der Bauphase.

Bei der Erstellung des heutigen IAS 40 ging das International Accounting Standard Board (IASB) davon aus, dass der Marktwert für Entwicklungsliegenschaften nicht zuverlässig ermittelt werden kann. Aufgrund einer im Oktober 2006 veröffentlichten Verlautbarung des IASB wird IAS 40 in diesem Jahr so angepasst, dass künftig auch Entwicklungsliegenschaften während der Bauphase zum Fair Value bilanziert werden dürfen. Die relativ grosse Unsicherheit über den künftigen Wert und der damit inhärente Bewertungsspielraum könnten zu Missbrauch führen.

Einheitliche Sprache gesucht

Die heutige Situation in der finanziellen Berichterstattung ist für den Investor unbefriedigend. Mit dem Trend zu immer mehr global tätigen Immobilieninvestoren würde eine einheitliche Sprache der finanziellen Performance die Transparenzrisiken wesentlich reduzieren. Für die weiterhin bestehenden Wahlrechte unter IFRS und die unterschiedlichen Bewertungsansätze in Europa müssen Lösungen gefunden werden, damit Immobilienanleger vergleichen können.

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Daniel Zaugg, Senior Manager, Industry Leader Real Estate and Construction, Christian Krämer, Manager, Ernst & Young, Zürich.