Mit 22 Mrd Fr. öffentlichen Ausgaben leistet sich die Schweiz eines der teuersten Bildungssysteme überhaupt. Trotzdem droht dieses immer stärker ins Mittelmass abzurutschen. Dies brachten die schlechten Noten im Rahmen der internationalen PISA-Studie ans Tageslicht.

Immer mehr Leute sind bereit, die Defizite in der Grundausbildung wettzumachen und dafür zusätzlich in die eigenen Taschen zu greifen. Die privaten Bildungsanbieter tätigten 2001 einen geschätzten Umsatz von 1,5 Mrd Fr.

Davon profitiert beispielsweise die Privatschule Forum 44 im Aargau. Der typische Nischenplayer bietet Nachhilfestunden, Prüfungsvorbereitungen von der Primarschule bis zu Matura oder Lehrabschluss sowie spezialisierte 10. Schuljahre an. Er bügelt so die Defizite öffentlicher Schulen aus. Die vor drei Jahren gegründete Schule ist bisher immer zweistellig gewachsen und zählt inzwischen über 50 Lehrpersonen. «Wir profitieren von der Orientierungslosigkeit und von gewissen Schwächen der staatlichen Schulen», sagt Geschäftsführer und Mitbegründer Reto Lindegger.

Die Firma masc AG in Rotkreuz hat sich mit dem Software-Programm für die so genannten Basic-Checks einen starken Geschäftsbereich aufgebaut. Inzwischen setzen bereits 1000 Firmen bei der Rekrutierung von Lehrlingen den Test für das Assessment ein.

Markus Fischer, Sekretär des Verbands Schweizer Privatschulen (VSP), ist überzeugt, dass private Anbieter eine rosige Zukunft vor sich haben. Im Vergleich mit öffentlichen Institutionen, deren Wandel stets von langwierigen politischen Prozessen abhängt, könnten private Anbieter viel schneller und flexibler agieren. «Ein mächtiger Vorteil», glaubt Fischer und spricht weiter von der Notwendigkeit lebenslangen Lernens. «Wer dazu heute nicht bereit ist, der ist schnell weg vom Fenster.»

*Grössere Zufriedenheit*

Ein Blick auf die Website der Weiterbildungsangebots-Börse (WAB) unter www.w-a-b.ch zeigt die Dimension: Es finden sich Informationen zu rund 25000 Kursen und Lehrgängen, von beruflicher Weiterbildung bis zu allgemeiner Erwachsenenbildung. Allein für Informatikkurse gibt es in der Schweiz rund 300 Anbieter. Auch Sprachkurse boomen wie noch nie, nicht zuletzt im Sog der Globalisierung.

«Viele Menschen versprechen sich von der Weiterbildung eine grössere Zufriedenheit am Arbeitsplatz und bessere Aufstiegschancen», sagt Regula Bassetti, Weiterbildungsleiterin beim Schweizerischen Verband für Berufsberatung (SVB). Der stete Wandel in der Wirtschaft erfordert von allen Beteiligten prinzipiell eine höhere Qualifikation und die Bereitschaft zur beruflichen Mobilität, was wiederum mehrmals in einem einzigen Arbeitsleben nach einer schnellen Umschulung verlangt. Lehrgänge mit Zertifikaten, Abschlüssen und Fachausweisen sind besonders gefragt. «Die Leute wollen am Ende etwas in der Hand haben, das sie bei einer Bewerbung zeigen können», erklärt Claudia Robustelli von der Koordinationsstelle der Migros-Klubschulen.

*Weiterbildungsfaule Schweizer*

«Private Weiterbildung könnte als Wirtschaftsfaktor bald einmal an die Stelle des Tourismus treten», glaubt André Schläfli, Direktor des Schweizerischen Verbandes für Weiterbildung (SVEB). Dabei geht er von einem breiten Weiterbildungsbegriff aus, in welchem Lernen, Stressbewältigung und gesunde Freizeitaktivitäten immer mehr verschmelzen werden. Die Prognose ist nicht gänzlich aus der Luft gegriffen. 1,9 Mio Erwachsene besuchen jährlich zwar während 123 Mio Stunden irgendeinen Weiterbildungskurs. Die Schweiz liegt damit aber im internationalen Vergleich bloss im Mittelfeld. In Dänemark sind es 50%, in Norwegen über 40% der Erwachsenen, die mindestens einmal jährlich nochmals die Schulbank drücken.

*Keine neue Goldgrube?*

Nachholbedarf in der Weiterbildung gibt es also noch und noch. Frauen werden in Zukunft alles daran setzen, um das immer noch bestehende Bildungsdefizit gegenüber den Männern wettzumachen. Beflügelt wird der Weiterbildungsmarkt auch durch die wachsende Arbeitslosigkeit. Im letzten Jahr sind aus der Arbeitslosenkasse rund 200 Mio Fr. für entsprechende Massnahmen ausgegeben worden. Tendenz für die nächsten Jahre steigend.

Eine neue Goldgrube wird der Bildungsmarkt allerdings nicht sein. «Das schnelle Geld ist nicht zu verdienen», warnt Jakob Limacher, Mitglied der Akad-KS-Gruppenleitung. Die Margen seien knapp, es gehe vor allem darum, einen guten Cashflow zu erzielen, um Investitionen selber finanzieren zu können, heisst es bei der Akad-KS-Gruppe.

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