Gewisse Krankenkassen wie Helsana, CSS und Visana beklagen überdurchschnittlich viele ältere Versicherte, was höhere Prämien bedingt und die Jüngeren zur günstigeren Konkurrenz abwandern lässt. Zurück bleibt beim Versichertenstand eine Konzentration schlechter Risiken. Deshalb jagen alle Krankenkassen günstige Risiken (sprich: gesunde Versicherte). Diese müssen nämlich laut Gesetz die gleichen Prämien wie der Durchschnitt bezahlen, obwohl sie geringere Kosten verursachen.

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Eigentlich sollte der so genannte Risikoausgleich diese Pirsch unterbinden. Krankenversicherer mit einem kostengünstigem Versichertenbestand werden zur Kasse gebeten. Im Gegenzug erhalten Krankenversicherer mit überdurchschnittlich vielen schlechten Risiken Geld zurück. 2004 wurde so 1 Mrd Fr. umverteilt. Die Helsana als Nummer eins unter den Krankenversicherern erhielt wegen ihres «überalterten» Versichertenbestandes 256 Mio Fr.

Leider aber ist der Risikoausgleich zu wenig fein ausgestaltet. Er berücksichtigt wohl Alter und Geschlecht, nicht aber den effektiven Gesundheitszustand der Versicherten. Die Jagd nach günstigen Risiken geht deshalb munter weiter.

Um dem Mitgliederschwund nicht tatenlos zuzusehen, setzt die Helsana schon länger auf eine Discountstrategie: Drei Billigkassen, die als rechtlich selbstständige Gesellschaften operieren und gezielt bestimmte Segmente ansprechen. Überaus erfolgreich ist die auf Junge ausgerichtete Progrès. Sie hat die Zahl der Versicherten 2004 um 48% auf 253000 gesteigert. Steil wächst auch Sansan, eine Kasse vor allem für Frauen und Kinder. Sie zählt inzwischen 72000 Mitglieder (+71%) . Der jüngste Spross, Avanex, hat 4000 Internet-Surfer als Versicherte gewonnen. Die Helsana-Billigtöchter sind Nettozahler in den Risikoausgleich ein klares Indiz für einen günstigen Versichertenbestand. 2004 musste Progrès 118 Mio Fr. überweisen, Sansan 19 Mio Fr. Und sie haben den Verlust von 5000 Mitgliedern bei der Mutter mehr als kompensiert. «Als Holding ist die Helsana 2004 insgesamt auf 1224400 Mitglieder gewachsen», zieht Mediensprecher Christian Beusch Bilanz.

Das ist ein Plus von 10%, was auch der Konkurrenz auffällt. Auf den Zug mit den Billigkassen aufgesprungen sind inzwischen die CSS und die Visana. Letztere ist seit Oktober 2004 mit Sana 24 auf dem Markt. Die Kasse zählt inzwischen 1700 primär jugendliche Kunden. Visana, die 2004 14000 Mitglieder verloren hat und nur dank 345 Mio Fr. aus dem Risikoausgleich eine schwarze Null schreiben konnte, will damit zumindest einen Teil des Mitgliederverlustes wettmachen.

Kannibalisierung der angestammten Kasse

Die CSS möchte bei der jungen Tochter Arcosana mit bereits 12000 Mitgliedern nicht von einer Billigkasse reden, wie Sprecher Stephan Michel sagt. Tatsache aber ist: Der Zwang zur regionalen Einheits-prämie kann mit einer Tochterkasse intern unterlaufen werden, sobald diese pro Kanton mehr als 300 Mitglieder hat. Es locken dann Prämien in der Grundversicherung, die um 15% bis 30% billiger sind.

Nicht alle Krankenversicherer erachten Billigkassen als die richtige Strategie. «Auch wir haben die Idee geprüft, aber schliesslich verworfen», sagt Swica-Sprecherin Nicole Graf. Die Solidarität als Grundvoraussetzung einer sozialen Krankenversicherung werde damit geschwächt. Swica und auch Concordia propagieren stattdessen «Managed Care» wie HMO-Praxen und Hausarztmodelle. Bei der Swica hat sich dies bisher ausbezahlt, denn 2004 gewann die Kasse 13000 neue Mitglieder (+2%). Sie verfügt über einen vergleichsweise jungen Versichertenbestand.

Umstritten ist, ob die Krankenkassen mit Billigtochter sich nicht einfach selber kannibalisieren. Nur knapp ein Fünftel der in den Billigkassen Neuversicherten seien zulasten der Helsana gegangen, erklärt Beusch. Der grosse Rest seien echte Zugewinne. Trotzdem glauben die Kritiker, dass mittelfristig vor allem die günstigen Risiken der Muttergesellschaften zu den Billigtöchtern abwandern dürften.