Zum ersten Mal Chef und Unternehmer war Bo Risberg mit 14 Jahren. In seiner Freizeit reparierte er Mofas, die er zuvor billig gekauft hatte. Gebastelt habe er schon als Kind, «aber ich hatte auch kaufmännisches Talent. Mit den Mofas habe ich mein erstes Geld verdient», sagt er. Später waren es nicht mehr Mofas, sondern VW Käfer, die er während seines Maschinenbaustudiums in Kanada aufmöbelte und dann wieder verkaufte. «Mit Erfolg», schmunzelt Risberg und lässt vermuten, dass er dabei besser verdiente als mit den Mofas. Risberg war danach immer wieder Chef, und ab 2007 führt er mit Hilti einen Weltkonzern mit 16000 Beschäftigten.

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Meisselhammer im Anschlag

Die vorläufige Krönung einer zielstrebigen Laufbahn, könnte man meinen. Doch Risberg verneint. Er sei vor sechs Jahren nicht mit dem Ziel nach Schaan gekommen, um hier Chef zu werden. «Wenn man nur nach seinen Ambitionen lebt, ist das nicht optimal, weil man sich dann nicht auf das Jetzt konzentriert», sagt er. Eigentlich ändere sich nicht allzu viel, wenn er Chef und Nachfolger von Pius Baschera werde, denn in der Konzernleitung wie überall sonst bei Hilti zähle die Teamarbeit.

Er mag die Überschaubarkeit des Unternehmens, dessen familiären Hintergrund. Er fühlt sich in der hiesigen Firmenkultur wohl, in der der Einzelne zählt und für das Gesamte wirkt. «Und als alter Mechaniker liebe ich Dinge wie das hier», sagt er und holt vom Büroschrank hinter ihm einen der vibrationsarmen Meisselhammer herunter, für die Hilti bekannt ist. «Die TE 706-AVR, das ist gelebte Innovation», schwärmt er, wiegt das Werkzeug in der Hand, und man ist sich nicht sicher: Ist das nun Risberg, der Technikbegeisterte, oder Risberg, der Verkäufer? Ob er so ein Gerät auch bedienen könne? Natürlich, jeder bei Hilti wird regelmässig in Kurse geschickt, wo die Handhabung der Werkzeuge gelernt wird. «Das ist kein Müssen, das ist ein Wollen», lacht er mit dem Meisselhammer im Anschlag.

Gerahmte Hilti-Werte

Show-Gehabe und markige Manager-Sätze sind aber nicht Risbergs Ding. Mit seinen skandinavischen Gardemassen von über 1.80 m Körpergrösse tritt er selbstsicher und locker auf, wirkt aber zugleich bescheiden und zurückhaltend. Sein Anzug ist grau, die Brille von dezentem Design, das Büro ist nicht besonders gross, nüchtern eingerichtet und abgesehen von den drei Topfpflanzen und den Fotos seiner drei Kinder neben dem Pult schmucklos. An der Rückwand hängt ein gerahmtes Exemplar der Hilti-Unternehmenswerte, die für jeden einzelnen Mitarbeiter gelten. Den Besuchern wirkt der Raum etwas zu aufgeräumt. Er habe vorher noch ein paar Akten weggeräumt, sagt Risberg, und ausserdem gebe es bei Hilti die «Clean desk policy»: Vor Feierabend muss jeder Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz aufräumen. «Als zukünftiger Chef sollte ich mich schon daran halten», sagt Risberg. Repräsentativ wirken allenfalls die wenigen Hilti-Werkzeuge, die auf dem Schrank ausgestellt sind.

Zu seiner Bescheidenheit gehört, dass Risberg lieber über Hilti als über sich selber erzählt. Und wie er ruhig und konzentriert über Integrität, Engagement, Stabilität und Kontinuität spricht, könnte er dabei den Eindruck erwecken wollen, dass Hilti und Risberg das perfekte Paar sind. «Meine Werte und mein Führungsstil passen gut zu Hilti», sagt er selber.

Kleines Team bevorzugt

Nach seinem Verhältnis zu Macht gefragt, sagt er, sie zu haben, sei ihm nicht wichtig. Er sieht sich nicht als der grosse Charismatiker, der Hunderte von Leuten mit einem Auftritt in Begeisterung versetzen kann. Er will seine Chef-Rolle eher hinter seinen Leuten, im kleinen Team spielen. Dort kann er wirken, Konzepte entwickeln, den Mitarbeitern eine Richtung vorgeben, mit ihnen Ziele vereinbaren, sie coachen, ihnen Freiräume verschaffen und die Firmenkultur leben. Das war ihm schon in seiner Anfangszeit bei Fläkt wichtig. Nach der Übernahme durch ABB war er plötzlich Teil eines Unternehmens mit damals 220000 Angestellten. Bei der Grösse und dem Akquisitionstempo sei es schwierig gewesen, eine Unternehmenskultur zu bilden, sagt er. Der Konzern war äusserst leistungsorientiert und er habe sehr viel gelernt, «aber die Menschlichkeit fehlte».

Insofern ist Hilti für Risberg ein Traumjob. Der Konzern generiert genügend Cashflow, um laufend neue Innovationen zu finanzieren und weiter zu wachsen. Gleichzeitig erlaubt seine Grösse auch noch, auf den einzelnen Mitarbeiter einzuwirken und etwas zu bewegen. Für Risberg ist dies ein Erfolgsfaktor für die Unternehmensentwicklung. Dass Hilti nicht mehr börsenkotiert ist, empfindet er ebenfalls als Vorteil: «Wir müssen nicht immer nur den nächsten Quartalsgewinn im Auge haben, sondern können langfristig planen. So lässt sich eine Entwicklung viel nachhaltiger gestalten.»

Der Weg zum Erfolg ist auch so hart genug. Risberg sagt Sätze wie «Unser Geschäft ist wie Bergsteigen: Kaum ist man auf dem Gipfel angelangt, wartet schon der nächste.» Oder: «Fokussierung ist alles: Wir leben und sterben mit unseren Kunden.» Doch er klingt dabei so, als ob ihm dieser ununterbrochene Strom an neuen Herausforderungen im täglichen Geschäft echten Spass macht.

Bescheidenheit und Zurückhaltung sind nur ein Teil einer Balance, die Risberg gelernt hat. Denn ohne Wettkampfgeist und Siegeswillen wäre er nicht dort angelangt, wo er jetzt ist. Führung der Autosparte bei der ABB-Tochter Fläkt Industri, Principal des schwedischen Ablegers der Unternehmensberatung A.T. Kearney, dann Leiter bei Hilti des Bereichs Bohr- und Abbautechnik, dann Konzernleitungsmitglied und jetzt Chef. «Ich will immer gewinnen», sagt Risberg und lächelt dabei.

Dass das nicht immer möglich sei, habe er im Kontakt mit Kunden früh lernen müssen. «Hier sind oftmals Bescheidenheit und Flexibilität bei den eigenen Zielen gefragt.» Härte könne er zeigen und auch ausüben, sagt er: «Ich versuche dabei aber eine Balance von Offenheit und Empathie zu halten, sodass Würde und Integrität der betreffenden Menschen nicht verletzt werden.» Früher hat er seinen Wettkampfgeist auch auf dem Fussballplatz ausgelebt, heute joggt er und hat mit Golf angefangen, das sei gesünder. «Meinen Wettkampfgeist kann ich hier auch ausleben, und ich kann Zeit mit meiner Familie verbringen.» Mit ihr fährt er im Winter regelmässig in die Bündner Berge zum Ski fahren, die Sommerferien verbringen Risbergs auf einer kleinen finnischen Insel: «Windsurfen, Segeln, Fischen ich mache alles gern. Und wie die Schweizer und die Liechtensteiner bin ich sehr naturverbunden.» Auch darum habe er die Jahre in Kanada genossen.

Das Herz schlägt schwedisch

Als Risberg 17 Jahre alt war, zog seine Familie über den Atlantik. Risberg studierte in Kingston Maschinenbau. Die Sommer verbrachte er aber in Schweden zum Arbeiten. Damals lernte er auch seine Frau kennen, die später mit ihm nach Kanada ging, wo er seinen ersten Job bei Fläkt annahm. Eine fantastische Zeit sei das gewesen, sagt Risberg heute. Aber das Herz schlug weiterhin schwedisch. Als die Kinder ins Schulalter kamen, zogen Risbergs zurück nach Schweden. Sie sollten ihre Herkunft kennen lernen, das sei ihm wichtig gewesen, sagt er.

Die strikte Nachfolgeregelung bei Hilti will es, dass Risberg als Konzernchef bereits mit 56 Jahren wieder zurücktreten muss. Ihm bleiben knapp sechs Jahre an der Spitze. Er zuckt mit den Schultern: Es sei doch auch gut, wenn man bereits wisse, was auf einen zukomme.

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Der Schwede in Schaan: Steckbrief

Name: Bo Risberg

Funktion: CEO Hilti ab 2007

Alter: 49

Wohnort: Wollerau

Familie: Verheiratet, drei Kinder

Karriere

1981-1994 Stationen bei Fläkt Industri in Kanada und in Schweden

1994-1995 Chef der Autosparte von ABB Fläkt Industri

1995-1999 Leiter und Principal bei der Unternehmensberatung A.T. Kearney in Schweden

1999-2005 Leiter des Hilti-Bereichs Bohr- und Abbautechnik, 2001 Konzernleitungsmitglied

Firma: Hilti

Mit rund 16000 Angestellten in 120 Ländern gehört Hilti zu den führenden Unternehmen, die Produkte und Werkzeuge für die Bau- und Abbaubranche herstellen. 2004 erzielte Hilti einen Umsatz von 3,3 Mrd Fr. und einen Gewinn von 295 Mio Fr. Im laufenden Geschäftsjahr zeichnet sich weiteres Wachstum ab. Das 1941 gegründete Schaaner Unternehmen hat sich 2003 von der Börse zurückgezogen. 2007 wird Michael Hilti, der Sohn des Unternehmensgründers, das VR-Präsidium an CEO Pius Baschera übergeben.