Es war wie vorzeitige Weihnachten für den europäischen Flugzeugbauer. An der Luftfahrtmesse Dubai Air Show, die vor wenigen Tagen zu Ende gegangen ist, konnte Airbus eine Bestellung von 430 Flugzeugen im Wert von fast 50 Milliarden Dollar in Form einer Absichtserklärung eines Investors entgegennehmen. Solch eine Mega-Order hatte Airbus noch nie erhalten.

Doch zuvor hatte vor allem Boeing Erfolge vermeldet. Boeing düpierte Airbus, als in Dubai bekannt wurde, dass Emirates nicht einen Grossauftrag für weitere Airbus A380 unterschreibt, sondern bei Boeing 40 Flieger vom Typ Dreamliner bestellt. Viele Beobachter in der Branche hatten fest damit gerechnet, dass Airbus bei Emirates zum Zuge kommt.

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Enormer Druck

Luftfahrtmessen wie in Dubai sind immer ein Ort, wo sich beide Hersteller mit neuen Bestellungen übertrumpfen wollen, doch solch ein Showdown um Marktanteile ist selten. Kein Wunder, dass der Druck für die beiden Hersteller enorm ist: Sie bilden eines der wichtigsten Duopole der Welt – also ein Markt, in dem viele Airlines als Nachfrager lediglich zwei Anbietern von Grossraumflugzeugen gegenüber stehen.

Zwar gibt es im Flugzeugmarkt viele Hersteller, doch nur Airbus und Boeing haben das Know-how und die Mittel, eigene Langstrecken-Passagierjets zu entwickeln. Auch auf der Mittelstrecke sind die Firmen mit der Airbus-A320-Familie und der Boeing 737 trotz neuer Konkurrenz wie etwa Bombardier aus Kanada und dem brasilianischen Anbieter Embraer führend (siehe Grafik 1).

Doch wer der beiden grossen Anbieter ist stärker? Airbus oder Boeing? Eine Übersicht in Grafiken des Anbieters Statista zeigt die Schwächen und Stärken des jeweiligen Herstellers.

Aibus Boeing und Co

Grafik 1: Auslieferungen in der kommerziellen Luftfahrt 2016.

Quelle: Statista

Das Duopol

Im Jahr 2016 hat Boeing 748 kommerzielle Flugzeuge ausgeliefert, bei Airbus waren es hingegen 688 Flieger. Beide Firmen liegen damit meilenweit vor der Konkurrenz. Bombardier mit der C-Series – welche beispielsweise bei der Swiss die Jumbolinos ersetzt – und der brasilianische Hersteller Embraer bieten zwar auf der Kurzstrecke Alternativen an, doch sie liegen mit Blick auf die Auslieferungszahlen abgeschlagen hinter Airbus und Boeing.

Dabei sind es gerade die kleineren Passagiermaschinen, die auch bei Boeing und Airbus Kassenschlager sind. Dies zeigt die folgende Aufstellung für die Auslieferungen von Boeing. Die Boeing 737 ist der kleinste Typ im Portfolio des Herstellers und verkauft sich mit Abstand am besten.

Boeing 737

Grafik 2: Auslieferungen von Boeing nach Flugzeugtypen.

Quelle: Statista

Boeing liefert mehr aus

Seit der Jahrtausendwende hat Airbus in einigen Jahren mehr Flugzeuge ausgeliefert als die amerikanische Konkurrenz. Doch seit dem Jahr 2012 lag immer Boeing vorn.

Airbus deliveries

Grafik 3: Auslieferungen von Airbus.

Quelle: Statista
Boeing Deliveries

Grafik 4: Auslieferungen von Boeing.

Quelle: Statista

Die Gründe für die Rückkehr von Boeing an die Spitze liegen laut Experten vor allem in strategischen Fehlentscheidungen bei Airbus, die mit dem A380-Programm zu tun hätten. 12 Milliarden Euro flossen in die Entwicklung eines Flugzeugs, welches bereits kurz nach der Markteinführung kaum mehr Kunden fand (siehe Grafik 5). Nur dank dem grössten Nutzer Emirates schaffte es Airbus mit dem Flieger überhaupt in die Gewinnzone.

In den vergangenen Jahren ist die Nachfrage nach dem grössten Passagierjet zurückgegangen, die Airlines setzen aus Kostengründen zunehmend auf kleinere Flugzeuge. Zwar verkaufte sich auch das Grossraummodell 747-8 von Boeing nur schlecht, doch die Amerikaner haben auf der Langstrecke mit der 777 und der 787 (Dreamliner) zwei Typen im Portfolio, die bei Airlines beliebt sind. Derweil musste kürzlich eine A380 eingemottet werden – die Aktion war sicherlich alles andere als eine gute Werbeaktion für den Flugzeugtyp.

A380 Prospective

Grafik 5: Erwartete Auslieferungen der A380.

Quelle: Statista

Boeing verdient mehr

Boeings Beliebtheit bei Airlines zeigt sich deutlich in den Geschäftszahlen. Während Airbus im Jahr 2015 einen Rekordgewinn von gut 2,5 Milliarden Euro erwirtschaftete, verdiente Boeing in den vergangenen Jahren jeweils um die 5 Milliarden Dollar.

Allerdings schlugen bei Airbus jeweils hohe Kosten für Entwicklungen zu Buche, die nicht immer im Bereich der Zivilluftfahrt lagen. 2016 wurden die Zahlen von Airbus vor allem von den Problemen mit dem Militärtransporter A400M belastet. Auch sonst läuft es derzeit alles andere als rund bei Airbus: Es gibt Korruptionsermittlungen von britischen und französischen Behörden gegen Airbus.

Kein Wunder, dass Fabrice Bregier, Vize-Airbus-Chef und für die zivile Flugsparte zuständig, kürzlich in einem Interview nicht nur eine Aufklärung der Korruptionsvorwürfe forderte, sondern sich auch mehr staatliche Unterstützung wünscht. «Wir befinden uns ja in einem massiven Wettbewerb mit unserem Konkurrenten Boeing, der die volle Unterstützung des amerikanischen Präsidenten geniesst», sagte Bregier der «Süddeutschen Zeitung». «So eine Unterstützung durch die vier europäischen Airbus-Nationen, also Frankreich, Deutschland, England, Spanien, auf der internationalen Bühne würde ich auch gerne für uns sehen.» Bis heute besitzen Frankreich und Deutschland jeweils 11,1 Prozent und Spanien 4,2 Prozent der börsenkotierten Firma, was immer wieder zu politisch motivierten Geschäftsentscheiden führt.

Airbus Gewinn

Grafik 6: Gewinn von Airbus.

Quelle: Statista
Boeing Gewinn

Grafik 7: Gewinn von Boeing.

Quelle: Statista

Neue Konkurrenz

Ob Auslieferungszahlen, Gewinn oder Börsenkurs (siehe Grafik 8): Es gibt derzeit nur wenig Zweifel, dass es für Boeing besser läuft als für Airbus. Anlass zur Hoffnung für die Europäer, wieder gut zu verkaufen, gibt es allerdings mit Blick auf die A320Neo-Familie: Sie ist Kernstück der Mega-Order, die in Dubai verkündet wurde. Der Typ A320 gilt in der Zivilluftfahrt als Arbeitspferd für die Kurz- und Mittelstrecke und ist bei Airbus ein Bestseller. Das Update mit dem Kürzel Neo sollte Airbus viele Neuaufträge versprechen.

Doch gerade in diesem Segment könnte das Duopol am ehesten Risse bekommen. Neben Bombardier und Embraer wird das chinesische Konsortium Comac zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten, nachdem die chinesische Regierung beschlossen hat, eine eigenständige Flugzeugproduktion aufzubauen. Die Comac C919 als direkte Konkurrenz zur Boeing 737 und A320 soll voraussichtlich 2020 in Dienst gestellt werden. Das könnte dem Wettlauf der zwei grössten Flugzeugbauer zusätzlich Würze verleihen.

Aktienvergleich Airbus Boeing

Grafik 8: Vergleich der Börsenkurse.

Quelle: Handelszeitung
Tim Höfinghoff
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